Finowfurt (dpa) - Zwei festlich gedeckte und mit Naturmaterialien wie Kastanien, Wildkräutern und Hagebutten dekorierte lange Tische stehen unter hohen alten Bäumen hinter dem Schlossgut Finowfurt (Barnim).

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In einer mobilen Küche unter freiem Himmel - mit zwei Induktionsplatten, Grill, Pizzaofen und Kühl- sowie Wärmeschrank - wirbeln drei junge Köche und zaubern für die Festgäste Ungewohntes: Eingelegte Ahornblätter, gefüllt mit Kochdinkel und fermentiertem Spargel, etwa oder auch Rotwild-Tatar mit Räucher-Eigelb und eingelegten Hopfenspitzen.

"Ich hatte die drei schon einmal für eine Dinnerparty im Schloss gebucht. Die Gäste waren sehr angetan und ich erkannte das Potenzial dieser jungen, kreativen Köche", begründet Schlossgut-Geschäftsführer Marc Lorenz, warum er das Trio engagiert hat. Aus dem jahrzehntelang ungenutzten Schlossgut-Gelände am Finowkanal will der erfahrene Hotelier eine Natur-Kultur-Herberge machen.

Alte Kommode dient als Marktstand

Kennengelernt hatte Lorenz die drei auf dem Eberswalder Wochenmarkt, wo sie Passanten mit ihrer "Kochkommode" schnelle Gerichte anboten, die er als "außergewöhnlich" empfand: Bohnensalat aus frischen dicken Bohnen, weißen Bohnen, Zuckerschoten und Tomaten oder auch Baiser mit frischen Erdbeeren und eingelegtem Rhabarber sowie Schlagsahne.

"Als wir uns einen Marktstand bauen wollten, riet mir ein Freund: Nimm eine alte Kommode, montiere Rollen dran und stelle ein Schild obendrauf", erinnert sich Koch Simon Ortel an die Anfänge und die Namensfindung des kulinarischen Trios vor einem Jahr. Der 24-Jährige aus Eberswalde hat seine Lehre in Kirchberg in Tirol (Österreich) absolviert, später für Sternerestaurants in Frankreich und Berlin gekocht. "Sorgfalt, Perfektionismus und auch die Leidenschaft sowie ein Grundverständnis für ausgefallene Aromen sind das Wichtigste beim Kochen", sagt er.

In der Corona-Zeit, als Restaurants geschlossen waren, suchte Ortel nach einer Berufsperspektive und kam in seine Heimatstadt zurück. Über Bekannte lernte er Ricco Stiehm aus Hessen und Emil Petersen aus dem Saarland kennen.

Kochberuf hat Nachwuchsprobleme

Die beiden - ebenfalls mit Sternerestaurant-Erfahrungen - hatten den Kochberuf bereits an den Nagel gehängt. "Tagtäglich einen 16-Stunden-Tag wollte ich nicht mehr", stellt Stiehm klar. "Im Beruf Koch gibt es durchaus Nachwuchsprobleme, längst nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze sind besetzt", sagt Andreas Truglia, Landesvorsitzender Berlin-Brandenburg des Verbandes der Köche.

Junge Leute würden sich eher Berufe suchen, in denen die Work-Life-Balance stimme - der Einklang von Arbeits- und Privatleben. "In der Küche klassischer Restaurants ist das eher schwieriger", räumt Truglia ein. Die Koch-Berufsausbildung sei inzwischen attraktiver geworden, auch Digitalisierung und Mitarbeiterführung gehöre jetzt dazu.

Trio legt Wert auf regionale Zutaten

Stiehm und Petersen kamen für ein Studium an die Eberswalder Hochschule für Nachhaltige Entwicklung (HNE). Im Studiengang Ökolandbau und Vermarktung sei ihr Bewusstsein für regional erzeugte Lebensmittel gewachsen, erzählt der 28-jährige Petersen. "Und das wollen wir auch unseren Kunden vermitteln mit den Antworten auf Fragen wie wo kommen die verarbeiteten Zutaten her, wie und unter welchen Umständen wurden sie hergestellt."

Am besten klappe das natürlich über das Essen, erklärt Stiehm. Darum griffen beide doch wieder zum Kochlöffel. "Spätestens wenn Du in der Küche stehst, weißt Du, wofür Du wirklich brennst", gibt der 33-Jährige zu. Die drei Jung-Köche haben sich bereits ein Netz von Erzeugern von Fleisch, Fisch, Gemüse und Backwaren in Barnim und der Uckermark geschaffen. Pilze, Beeren und Kräuter sammeln sie selbst im Wald.

Catering mit Event-Charakter

Neben dem wöchentlichen Marktstand spezialisierte sich die "Kochkommode" zunächst auf das klassische Catering - allerdings mit selbst gemachten Brotaufstrichen wie Lauchzwiebel-Sonnenblumen-Creme oder Kürbis und gekochte Linse mit geröstetem Schwarzkümmel, Buttervariationen, essigbasiertem Fruchtsirup aus Wildkräutern und selbst eingelegtem Gemüse.

Inzwischen sind die speziellen Kochevents mit mobiler Küche zur Spezialität der Eberswalder Köche geworden. "Es gibt einen Markt für genau diese Form von Events", sagt der Landeschef des Verbands der Köche, Truglia. "Das klassische Catering, ich miete einen Raum und lasse ein Buffet kommen, hat sich allerdings überholt."

Die Aufträge für die drei jungen Köche werden mehr, beschreibt Ortel. "Alles was rings um Eberswalde in einer Autostunde zu erreichen ist, kriegen wir hin." Sie würden sich gegenseitig ergänzen: Emil habe sich auf Wildkräuter und Desserts wie Parfait vom Mais auf schwarzem Holunder spezialisiert, Ricco ist für Gulasch, Soßen und Eintöpfe mit besonderer Note zuständig und Simon nach einem Praktikum bei einem Eberswalder Bäcker für "alles mit Teig".

© dpa-infocom, dpa:220919-99-815457/4  © dpa

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