Bislang durfte man mit einem Führerschein der Klasse B nur Fahrzeug bis 3,5 Tonnen Maximalgewicht fahren. Das könnte sich ändern – denn: Die EU will eine neue Richtlinie für Führerscheine verabschieden.

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Das Ziel: Für alle Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union sollen dieselben Regeln gelten. Gleich mehrere Faktoren könnten sich dann für alle ändern, die einen B-Führerschein besitzen oder erwerben möchten. Interessant für Wohnmobil-Fans: Die maximale Gewichtsgrenze soll von 3,5 auf 4,25 Tonnen angehoben werden.

Europäisches Parlament stimmt zu

Im Februar 2024 kam die ersehnte Wendung zur geplanten Führerschein-Änderung der Europäischen Union. Das Europäische Parlament hat im Rahmen der geplanten Novellierung der Führerscheinrichtlinie einer Erweiterung des B-Führerscheins auf 4,25 Tonnen zugestimmt. Aktuelle Führerschein-Regeln gibt es hier.

Diese Änderung soll für Wohnmobile und Krankenwagen gelten, und zwar, anders als bisher angenommen, unabhängig vom Antrieb. Der Zusatz im Entwurf der Führerschein-Änderungen, der besagte, dass die Anhebung von 3,5 auf 4,25 Tonnen zulässige Gesamtmasse nur für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben gelten solle, wurde gestrichen. Nach der neuen Regelungen darf also auch der weit verbreitete Diesel-Teilintegrierte mit bis zu 4,25 Tonnen mit einem B-Führerschein gefahren werden.

Achtung! Die bisher für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen geltenden Verkehrsregeln, Versicherungs- und Mautbedingungen etc. ändern sich dadurch nicht. Das heißt konkret: Fahren darf man das Vier-Tonnen-Mobil jetzt mit dem B-Führerschein, doch das LKW-Überholverbot und die Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 km/h auf Autobahnen gelten trotzdem.

Die deutsche Caravaning-Industrie begrüßt die gefallene Entscheidung, denn so werde es Neueinsteigerinnen und Neueinsteigern leichter gemacht, das mobile Reisen für sich zu entdecken. Vor allem Familien, die meist größere Fahrzeuge mit mehr Platz brauchen und mehr Gepäck dabeihaben, müssen sich nicht um eine Führerscheinerweiterung kümmern.

Die genauen Rahmenbedingungen der Führerscheinerweiterung werden im Trilog zwischen Kommission, Rat und Parlament nach den Neuwahlen zum Europaparlament (6. bis 9. Juni 2024) ausgehandelt.

Nur ein kleiner Schritt

Ein Kommentar von Ulrich Kohstall, promobil-Redakteur:

Die Caravaning-Branche freut sich, dass die Gewichtsgrenze für den B-Führerschein wohl bald nach oben rücken wird. Schön für alle, die davon profitieren können und für ihr Traummobil keine zusätzliche Fahrerlaubnis brauchen. Für den ganz großen Jubel ist es aber nicht nur zu früh, er ist auch fehl am Platz. Um allen Missverständnissen vorzubeugen: Keinesfalls ist das Ende der 3,5-Tonnen-Grenze auf ganzer Linie in Sicht.

Vielerlei Regelungen orientieren sich unverändert an diesem Limit. Wer ein schwereres Fahrzeug wählt, muss doppelt so oft zur Hauptuntersuchung, er ist in Deutschland ans Lkw-Überholverbot, Lkw-Durchfahrtsverbote und Tempo 100 gebunden. Hinzu kommen in zahlreichen Urlaubsländern kostspieligere und kompliziertere Mautsysteme. Der weitaus größte Teil der Reisemobilkäufer wird also auch in Zukunft aus guten Gründen einen 3,5-Tonner kaufen. Es wäre deshalb verheerend, wenn die Hersteller in der Erweiterung des Führerscheins ein Signal sehen würde, um alle Bemühungen um Gewichtseinsparungen zu vernachlässigen. Das gilt erst recht in Hinblick auf zukünftige Antriebe ohne fossile Energie, die unsere Fahrzeuge bestimmt nicht leichter werden lassen.

Bislang: Wohnmobil fahren mit Klasse-B-Führerschein

Seit 1999 ist der "normale" Pkw-Führerschein der Fahrerlaubnisklasse B nur gültig für Fahrzeuge bis zu einem Maximalgewicht von 3,5 Tonnen. Damit ist es mit B Klasse nicht möglich, alle aufgebauten Wohnmobile zu fahren, die häufig über dieser Grenze liegen. Auch viele große Campingbusse sind für mehr Gewicht zugelassen, um genügend Zuladung zu garantieren.

In Brüssel stand immer wieder zur Diskussion, diese Grenze anzuheben auf 4,25 Tonnen. Damit könnten alle, die nach 1999 ihren Führerschein gemacht haben, größere Campingfahrzeuge fahren. Bislang mussten sie den Führerschein C1 machen, der das Fahren von Fahrzeugen bis 7,5 Tonnen erlaubt. Betroffen sind vor allem jüngere Autofahrende, die nach 1981 geboren wurden.

Allerdings umfasste der Kommissionsentwurf bis Februar 2024 diese Gewichtsanhebung nur für Campingfahrzeuge mit alternativen Antrieben – nicht für Verbrenner. Das hätte geheißen, ein elektrobetriebenes Wohnmobil, mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,25 Tonnen, hätten alle Besitzerinnen und Besitzern eines Klasse B Führerscheins fahren dürfen, einen Verbrenner desselben Formates nicht.

Einen weiteren kleinen Zusatz gibt es noch im Entwurf: Man muss den Klasse B Führerschein schon zwei Jahre besitzen.

Was bringt eine 4,25-Tonnen-Grenze für E-Wohnmobile?

Ein Kommentar von Lisa Geiger, promobil-Redakteurin:

Das bringt richtig viel! Denn eine große Hürde beim Bau neuer E-Fahrzeuge ist das Gewicht. Schon Pkw-Hersteller stehen immer wieder vor der Herausforderung, Fahrzeug nicht zu schwer werden zu lassen. Viele neue E-Autos schrammen dank großer Batterie und viel digitaler Ausstattung fast schon an der 3-Tonnen-Gewichtsgrenze. Wie sieht es dann erst bei Transportern aus, die die Basis für Campingbusse und aufgebaute Wohnmobile bieten? Da für einen Campingurlaub eine gewisse Zuladung zwingend notwendig ist, wird es beim Gesamtgewicht schwer, wenn nicht gar unmöglich diese Grenze einzuhalten.

Das zeigen erste Entwürfe, wie der Bürstner Lineo electric Prototyp, den wir schon einmal Probe fahren durften. Bürstner schafft es beim Prototyp zwar noch knapp unter die 3,5 Tonnen zulässiges Gesamtgewicht, für die Zuladung bleibt da allerdings nicht mehr viel übrig. Die Reichweite des eLineo beträgt etwa 200 Kilometer mit einem 68 Kilowattstunden großem Akku an Bord. Premium-Autos, wie ein BMW i7 oder Mercedes-Benz EQS bringen es auf eine deutliche größere Reichweite, da sie eine größere Batterie (ca. 100 kWh) haben, die dann allerdings wieder schwerer ist.

4,25 Tonnen wären immerhin ganze 750 Kilogramm mehr. Mit diesem Gewinn an Gewicht wären eine größere Batterie und mehr Zuladung für E-Wohnmobile denkbar. Klar können Wohnmobil-Hersteller schon schwerere Fahrzeuge bauen, schließlich gibt es Menschen, die einen C1 Führerschein für Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen haben oder machen wollen. Trotzdem erleichtert es natürlich den Einstiegs fürs Camping.
Aktuell sind Fahrzeuge, die über 3,5 Tonnen wiegen, immer mit mehr Kosten und strengeren Auflagen verbunden. Man zahlt im Ausland beispielsweise mehr Maut und hat oft eine strengere Geschwindigkeitsbegrenzung als leichtere Fahrzeuge.

Alle Infos zu den Gewichtsregularien finden Sie hier.

Eine Anhebung des zulässigen Gesamtgewichts für E-Wohnmobile wäre also nur wünschenswert und logisch. Kritisiert wird am Vorschlag der EU natürlich, dass er keine Dieselfahrzeuge berücksichtigt, was aktuell die am weit verbreitetste Antriebsart von Wohnmobilen in Deutschland ist.

Allerdings geht es mit der E-Wohnmobil-Produktion unter anderem nur so schleppend voran, da Hersteller vor vielen Hürden stehen, wie beispielsweise dem Gewicht. Wäre diese Hürde aus dem Weg geräumt, könnten eventuell mehr Hersteller, schneller auf die Elektro-Schiene setzen.

Immerhin ist das Aus für Verbrenner beschlossene Sache. 2035 dürfen keine Fahrzeuge mit fossilen Antrieben, sprich Diesel und Benzin mehr neu zugelassen, also auch hergestellt werden. Das stellt die Branche natürlich unter Druck. Die neue Führerscheinregelung ist insofern wichtig, um alternative Antriebe bei Wohnmobilen voranzubringen.

Weitere geplante Änderungen

Neben dem Hochsetzen der Gewichtsgrenze für den Führerschein Klasse B ist die Anerkennung des B196 im Ausland in der Diskussion. Seit einigen Jahren kann man in Deutschland den Klasse B Führerschein auf B196 erweitern. Damit kann man Leichtkrafträder bis 125 ccm fahren. Dann könnte man mit einem 125er-Motorrad auch im EU-Ausland fahren.

Das Mindestalter für Lkw- und Bus-Führerscheine liegt in Deutschland bislang bei 21 (Lkw) bzw. 24 Jahren (Bus). Aufgrund des akuten Mangels an Lkw-FahrerInnen könnte die Altersgrenze fallen und auf 18 Jahre herabgesetzt werden.

Weiterhin soll der digitale Führerschein eingeführt werden. Damit würde eine Smartphone-App genügen, um die Fahrerlaubnis zu prüfen, wie es bei einer Polizeikontrolle oder bei einer Autovermietung geschehen kann. Die Führerschein-Scheckkarte soll außerdem statt des Chips, wie es ihn heute gibt, einen QR-Code erhalten. Das soll gegen Fälschungsversuche helfen.

Schlechte Nachrichten für alle, denen die Fahrerlaubnis genommen wird: Wird der Führerschein in einem Land der EU entzogen, soll das künftig für alle EU-Länder gelten. Erhält man in einem Land ein Fahrverbot, gilt das EU-weit.

Die Punktesysteme aller Länder sollen angeglichen und einheitliche Grenzwerte für Alkohol- und Drogenkonsum eingeführt werden. Die Führerscheindaten alle Bürgerinnen und Bürger in der EU werden dafür in einer europaweiten Datenbank gespeichert, um behördliche Kontrollen zu erleichtern.

Wohnsitzregelung und Refresher-Kurs für neue Autofahrende

Aktuell ist es nicht möglich, die theoretische und die praktische Führerscheinprüfung in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten zu absolvieren. Da die Bevölkerung in der EU immer mobiler wird, könnte sich auch das bald ändern. Dazu müsste die Wohnsitzregelung vereinfacht werden.

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Zudem soll ein verpflichtender Refresher-Kurs eingeführt werden. Nach einem Jahr Führerscheinbesitz soll man diesen ablegen, um dadurch die Unfallzahlen zu verringern. Empfohlen haben diese Maßnahmen Profis für Verkehrssicherheit.  © Promobil

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