Hofheim am Taunus (dpa) - Haben Archäologen im Wald bei Hofheim am Taunus vielleicht die Reste eines steinzeitlichen Löschteichs gefunden? "Diese Kuhle könnte womöglich dafür genutzt worden sein, um Wasser zu sammeln", erklärt Archäologe Detlef Gronenborn und deutet auf eine Grabungsstelle, an der er mit Studenten in diesem Sommer gearbeitet hat.

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Schon damals hätten die Siedler auf dem Kapellenberg mit Bränden zu kämpfen gehabt - das ergaben frühere Ausgrabungen. Vielleicht seien die Menschen auf die Idee gekommen, dass es bei Feuer ungünstig ist, erst noch zum nächsten Bach laufen zu müssen, sagt Gronenborn.

Der Archäologe am Römisch-Germanischen Zentralmuseum (RGZM) in Mainz leitet seit mehr als zehn Jahren die Grabungen in Hofheim, wo sich den Forschern zufolge der älteste Grabhügel Mitteleuropas befindet. Das RGZM arbeitet unter anderem mit der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz, dem hessischen Landesamt für Denkmalpflege und der Stadt Hofheim zusammen.

Siedlungsanlage auf einer Erhebung nahe Frankfurt

Der Kapellenberg ist eine der größten Siedlungen aus der Zeit der Michelsberger Kultur (ca. 4400-3500 v. Chr.). Auf der Erhebung nahe Frankfurt gab es eine - für damalige Zeiten - gewaltige Anlage von 45 Hektar. Neben dem Grabhügel mit einem Durchmesser von rund 90 Metern sind unter anderem Reste von Siedlungen und eines Walls erhalten.

Der Ort zählt nach Einschätzung der Wissenschaftler zu den interessantesten und ältesten noch sichtbaren archäologischen Denkmälern im Rhein-Main-Gebiet. Dass die Menschen bereits vor 6000 Jahren genau dort eine große Siedlung errichteten, ist für Gronenborn nicht überraschend. Denn schon damals habe die geografische Lage eine europäische Drehscheibenfunktion bedeutet: Neben den sich hier kreuzenden Verbindungen zwischen Nord- und Süd aber auch Ost- und Westeuropa sei das Gebiet klimatisch günstig gelegen und verfüge über fruchtbare Böden.

Reste der Befestigungsanlage gut zu erkennen

"Wir gehen davon aus, dass der Grabhügel irgendwann zwischen 4500 und 3750 vor Christus und damit zeitlich bereits vor der inneren Besiedlung errichtet wurde", erklärt Gronenborn. Der Wall sei zwischen 4300 und 3600 vor Christus entstanden und bislang kaum durch menschliche Eingriffe zerstört oder überbaut worden. Bei einem Waldspaziergang kann man die Reste der Befestigungsanlage noch gut erkennen, mehrere Infotafeln klären Besucher auf.

Zu den wichtigen damaligen Handelsgütern zählen Beilklingen aus den Westalpen, die gegen Salz aus Hessen und Mitteldeutschland getauscht wurden, für das wiederum in Frankreich Bedarf bestand, wie der Wissenschaftler erklärt. Auf dem Kapellenberg haben laut Schätzungen bis zu 1000 Menschen gesiedelt - für damalige Verhältnisse eine große Zahl.

Kapellenberg noch bekannter machen

Um den Kapellenberg noch bekannter zu machen, will die Stadt Hofheim ein "Haus der Michelsberger Kultur" direkt am Grabungsort einrichten. Das Projekt sei für die Jahre 2023/2024 geplant, erklärt eine Stadtsprecherin. "Derzeit wird noch am detaillierten Konzept gearbeitet." Vom Main-Taunus-Kreis werde ein Zuschuss von 133.000 Euro fließen.

"Dass wir das "Pompeji der Steinzeit" in unserer Stadt haben, ist für uns ein großes Privileg - und auch eine Verpflichtung", erklärt Bürgermeister Christian Vogt (CDU). Deshalb unterstütze die Stadt die Arbeit der Archäologen seit vielen Jahren. "Für uns sind die Ausgrabungen ein Beleg dafür, dass Hofheim ein Knotenpunkt ist, ein wichtiger Siedlungsort und Handelsplatz", erläutert Vogt. "Und das nicht erst seit den Römern, sondern schon viel länger: nämlich seit der Jungsteinzeit."

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