Berlin/Frankfurt (dpa) - Urlauber in Europa sollen ab der Sommersaison 2018 besser geschützt sein, wenn während der schönsten Wochen des Jahres etwas schief läuft oder der Veranstalter pleite geht.
Doch die Umsetzung der EU-Richtlinie in Deutschland, die der Bundestag in der Nacht zum Freitag verabschiedet hat, sorgt für Unmut - vor allem bei Verbraucherschützern.
Warum gibt es überhaupt eine Änderung?
Durch die Richtlinie sollen die Spielregeln innerhalb der EU weitgehend vereinheitlicht werden. "Da gerade Reisen ein grenzüberschreitendes Produkt sind, liegt der Mehrwert in den vergleichbaren Produktionsstandards", argumentiert Ansgar Staudinger, Reiserechtsexperte und Juraprofessor an Uni Bielefeld. Ein weiterer Grund ist das geänderte Buchungsverhalten der Urlauber. Viele Sonnenhungrige stellen sich einzelne Teile ihres Trips - Flug, Unterkunft oder Mietauto - im Internet inzwischen selbst zusammen, anstatt wie in der Vergangenheit komplett bei einem Veranstalter zu buchen. Buchungen im Netz waren bisher rechtlich nur teilweise erfasst. Das wird nun geändert.
Was bedeutet das für Verbraucher?
Der Begriff der Pauschalreise wird erweitert, so dass die meisten Reisebestandteile wie Flüge, Hotelangebote oder Mietwagen eingeschlossen sind. Standard-Informationsblätter sollen für mehr Transparenz und Vergleichbarkeit sorgen. Mängel können innerhalb von zwei Jahren geltend gemacht werden statt wie bisher innerhalb eines Monats. Urlauber sollten allerdings nicht zu lange warten, rät Felix Methmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). "Je länger man wartet, desto schwieriger wird es, vor Gericht den Beweis des Mangels zu führen."
Was ist mit Ferienhäusern und Tagesreisen?
Methmann kritisiert, dass der ursprünglich geplante Schutz für Urlaub in Ferienhäusern entfällt. "Geht der Ferienhausanbieter pleite, ist die meist recht hohe Anzahlung weg. Im Falle eines Reisemangels wird der Gast auch keinen Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude haben", erläutert der Experte. Auch bei Tagesreisen gebe es gravierende Änderungen zum Nachteil der Verbraucher. Methmann zufolge fallen etwa 95 Prozent dieser Trips künftig aus dem bewährten Reiserechtsschutz heraus - Ausnahmen sind Tagesreisen ab einem Wert von 500 Euro. "Der normale Tagesreisende ist in Zukunft weder vor der Insolvenz des Reiseanbieters geschützt, noch wird er ein Recht auf Notfallbetreuung haben", kritisiert der Experte. "Die EU-Richtlinie lässt in beiden Fällen höhere Standards zu, doch der deutsche Gesetzgeber hat sich für starke Einschnitte in den Verbraucherschutz entschieden."
Wie sieht es mit Preiserhöhungen aus?
Bis zu 20 Tage vor Reiseantritt sollen Preisaufschläge von bis zu acht Prozent als zumutbar gelten - bisher sind es fünf Prozent. Die Erhöhung muss sich allerdings unmittelbar aus gestiegenen Treibstoffkosten, Abgaben oder aus Wechselkurseffekten ergeben. Bei Erhöhungsklauseln im Vertrag dürfen Kunden im Gegenzug Preissenkung fordern, wenn diese Posten billiger werden - was die Urlauber nachweisen müssen.
Was bedeuten die Änderungen für die Reiseprofis?
Der Branchenverband DRV kritisiert zusätzlichen Aufwand: "Insgesamt wird sich durch die neuen Rechtsvorschriften die Komplexität im Reisevertrieb in allen Vertriebskanälen leider ohne Not weiter erhöhen". Dennoch ist die Branche erleichtert. Zunächst hatten Reisebüros befürchtet, künftig wie ein Pauschalreise-Veranstalter haften zu müssen, wenn sie Urlaubern Einzelbausteine wie Flug und Hotel im Paket vermitteln. Um das zu vermeiden, hätte der Kunde jedes einzelne Element getrennt bezahlen müssen. Der DRV machte unter anderem mit einer Unterschriftenkampagne dagegen mobil - mit Erfolg. Bei getrennten Leistungen auf getrennten Rechnungen reicht es nun, nur einmal die EC-Karte durchzuziehen.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Bundesrat muss sich noch mit dem Gesetz befassen. Verbraucherschützer hoffen, dass sich die Ländervertreter dafür einsetzen, dass Tagesreisen und Ferienhäuser weiter unter das Reiserecht fallen. "Gerade in unserem reisefreudigen Land dürfen deutsche Urlauber nicht um ihre jahrzehntelang bewährten Rechte gebracht werden", mahnt vzbv-Chef Klaus Müller in einem Schreiben an die Ministerpräsidenten. © dpa
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