(lug) - Jeder dritte Pilot in Europa wurde schon einmal im Cockpit vom Schlaf übermannt. Übermüdungsbedingte Fehler gehören offenbar zum Pilotenalltag, bedingt durch lange Flugdienstzeiten. Trotzdem will die europäische Flugsicherheitsbehörde den Kapitänen künftig noch längere Arbeitszeiten aufbrummen.
Bei Langstreckenflügen ist es völlig normal, dass auch der Pilot einmal ein Nickerchen hält. Nicht ohne Grund sind Flugkapitäne immer zu zweit und können sich absprechen. Zudem wird in der Luft vieles vom Autopiloten geregelt.
Wie "Bild am Sonntag" nun berichtet, ist jeder dritte europäische Pilot jedoch auch schon eingenickt, ohne den Copiloten zu informieren. Das geht aus einer Studie der europäischen Pilotenvereinigung Cockpit (ECA) hervor. Befragt wurden über 6.000 Piloten in ganz Europa.
In Deutschland gaben in der Studie außerdem ganze neun von zehn Piloten an, bereits ein Flugzeug gesteuert zu haben, obwohl sie sich hierfür zu müde fühlten. Vier von fünf deutschen Flugkapitänen seien aufgrund von Müdigkeit schon einmal Fehler unterlaufen.
Ein Sprecher der Vereinigung Cockpit e.V. bestätigte der dpa die Angaben. "Aus meiner eigenen Erfahrung halte ich die Ergebnisse auch für realistisch", sagte der Pilot.
Schuld an diesem beunruhigenden Zustand sollen laut Cockpit die langen Flugdienstzeiten sein. Bereits vor wenigen Wochen wurden diese von der Pilotenvereinigung als gefährlich eingestuft. Cockpit-Präsident Ilja Schulz erklärt, dass über zehn Stunden lange Flugdienste in der Nacht laut Wissenschaftlern zu Ermüdungserscheinungen führen - eine Erkenntnis, die sich auch jedem Nicht-Wissenschaftler, der jemals einer geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist, zusammenreimen kann. Dennoch gibt es bereits jetzt tägliche Flugdienstzeiten von 14 Stunden.
Zuständig für die Festlegung der Flugdienstzeiten in Europa ist die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA). Das "S" im Kürzel steht dabei für "Sicherheit".
Trotz der alarmierenden Hinweise will die EASA die Flugdienstzeiten nun sogar verlängern. Vorschriften gegen eine Erhöhung der Zahl an Flugstunden gebe es nicht, argumentiert die Behörde. Und natürlich beruft man sich auch hier auf wissenschaftliche Studien, die das Vorhaben angeblich stützen.
Schon im Mai 2012 demonstrierten europäische Piloten vor dem EASA-Gebäude in Köln. Sie hielten ein Banner mit der Aufschrift "Sleepwalking into Desaster", zu Deutsch: "Wir Schlafwandeln in die Katastrophe".
Schlaflose Flugstunden wird angesichts dieser Meldungen künftig aber in erster Linie einer haben: der Passagier.
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