Tokio (dpa) - Wer hat sich nicht schon einmal in der Bahn über flegelhaftes Benehmen geärgert. In Japan, berühmt für die Höflichkeit seiner Bewohner, würde man sowas am wenigsten vermuten.
Wo sich die Menschen auf den blitzblanken Bahnhöfen stets brav innerhalb farbiger Umrandungen zu Dreier-Reihen formieren. Wo aber trotzdem allerorten zu korrektem Verhalten aufgerufen wird: Lautsprecher warnen, nicht in letzter Sekunde ins Abteil zu springen. Mit Poster-Kampagnen wird dazu aufgerufen, nicht mit Schirmen Golfschläge zu üben, sich nicht im Zug mit Zangen die Augenwimpern nach oben zu biegen oder sich breitbeinig hinzulümmeln. Ein echtes Problem in Japan aber sind "chikan", Grapschereien. Zur Rushhour gibt es eigene Abteile nur für Frauen. Doch Japan ist nicht das einzige Land, das mit Regeln für Manieren im öffentlichen Verkehr sorgen will. Eine kleine Auswahl.
SPANIEN: Dort gehen die Behörden seit Neuestem gegen ein besonders für Frauen unangenehmes Phänomen vor: das sogenannte "Manspreading", bei dem männliche Mitbürger ihre Beine beim Sitzen in Bus und Bahn so weit auseinanderspreizen, dass sie die daneben kauernden Damen ganz ungalant in die Ecke treiben. Die Regierung in Madrid ließ in den Bussen Schilder aufhängen, die genau dieses Verhalten demonstrieren. Daneben prangt ein großes rotes X - "prohibido", verboten also. "Ziel ist es, die Leute daran zu erinnern, sich zivil zu verhalten und im Bus die Räume aller zu respektieren", hieß es in einer Mitteilung.
THAILAND: In dem asiatischen Land geht es in den öffentlichen Verkehrsmitteln eigentlich recht zivilisiert zu. Die Bahnen in der Hauptstadt Bangkok sind zwar chronisch überlastet, aber trotzdem wird ordentlich Schlange gestanden und gewartet. Vordrängeln ist verpönt. Was auffällig ist: Beim Sitzen haben nicht nur ältere Leute, sondern auch Kinder Vorrang. Und Mönche. Für diese gibt es eigene Sitze und auch eigene Schilder: "Bitte überlassen Sie diesen Platz Mönchen."
CHINA: In den U-Bahnen großer chinesischer Städte wie Peking und Shanghai herrschen Kontrollen wie am Flughafen. Taschen und Rucksäcke durchlaufen einen Gepäck-Scanner, an manchen Stationen werden Fahrgäste zusätzlich abgetastet. Sämtliche Spraydosen, etwa Deos, sind verboten. Für Getränkeflaschen stehen Testgeräte bereit, mit denen die Zusammensetzung der Flüssigkeiten geprüft wird. Allerdings: Ausgerechnet in der Rushhour stößt das System an seine Grenzen. Um den Menschenstrom bewältigen zu können, fallen die Kontrollen dann oft viel lascher aus als zu ruhigeren Tageszeiten.
INDIEN: Beim Betreten der U-Bahnhöfe in der indischen Hauptstadt Neu Delhi müssen alle Passagiere durch Metalldetektoren. Die Hosentaschen müssen sie allerdings nicht leeren - man wird ohnehin noch einmal von einem Soldaten abgetastet. Auf großen Schildern in den Stationen sind Vergehen und Strafen aufgelistet. Mit 5000 Rupien (knapp 70 Euro) ist es am teuersten, Türen zu blockieren. Auf dem Dach der Metro zu fahren, wird hingegen mit nur 50 Rupien bestraft. In den Bahnen wird per Durchsage gebeten, nicht auf dem Boden zu sitzen. Das interessiert jedoch niemanden. Viele vor allem junge Menschen machen es trotzdem. Der erste Wagen in Fahrtrichtung ist nur für Frauen.
USA: In der Hauptstadt Washington sind die wichtigsten Regeln zwei ungeschriebene: erstens niemals laut maulen (obwohl es viele Gründe gäbe, das System ist marode), zweitens kein Augenkontakt. Handy, Kopfhörer und viele dicke Bücher helfen, niemanden direkt anzusehen, denn das macht man einfach nicht. In New York dürfen Hunde nur in der U-Bahn mitfahren, wenn sie in Transportbehältnissen mitgeführt werden oder in eine Tasche passen. In Japan dagegen ist selbst letzteres verboten. Dort müssen sich Hunde während der Bahnfahrt wenn dann in einem abgeschlossenen Tragebehälter für Tiere befinden, wie auf einem Poster für Verhaltensregeln in Tokio zu sehen ist. Gleiches gilt auch für Fahrräder. Die dürfen nur mitgenommen werden, wenn sie zuvor auseinandermontiert und dann in einer Fahrradtragetasche verstaut werden. Und wehe, es guckt dabei auch nur ein Teil davon heraus. © dpa
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