Potsdam (dpa) - Ein gutes Vierteljahrhundert nach dem Fall der Mauer zieht es die Brandenburger und Berliner in den Ferien oder beim Kurzurlaub nicht mehr unbedingt in die Ferne: Etwa jeder Fünfte bleibt in den heimischen Regionen.
"Nach unseren Marktforschungsdaten sind es in der Tat 18 Prozent unserer Übernachtungsgäste, die aus Brandenburg kommen, 20 Prozent aus Berlin und 15 Prozent aus Sachsen", sagte Birgit Kunkel, Sprecherin der Tourismus Marketing Brandenburg.
Im Sommer seien insbesondere die Seenlandschaften gefragt. "Baden ist ganz wichtig im Sommer in Brandenburg, wir haben ja hier den Riesenvorteil - und darum beneiden uns ganz viele andere Bundesländer - dass man hier fast überall baden gehen kann", meinte Kunkel. Selbst im Neuen Garten in Potsdam sei das Schwimmen im Heiligensee erlaubt. Zudem seien fast alle Seen zugänglich. "Das ist ja etwa in Bayern ganz anders, wo viele Seegrundstücke in privater Hand sind."
Urlaub im eigenen Land sei ein wichtiger Beitrag zur Nachhaltigkeit, betont Professor Hartmut Rein, der an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (Barnim) den Studiengang Tourismusmanagement leitet. "Natürlich ist es nachhaltiger, wenn man Zuhause bleibt und damit den klimaschädlichen Flugverkehr reduziert", sagt Rein. Auch Freizeitsport wie Motorbootfahren könne nachhaltiger betrieben werden, etwa mit Solarbooten oder Elektromotoren.
"Forschungsergebnisse zeigen, dass inzwischen etwa einem Drittel der Bevölkerung die Probleme im Zusammenhang mit dem Tourismus bewusst sind", meint Rein. Dabei sollte der Urlauber die Rücksicht auf die Umwelt aber nicht als einen harten Verzicht erleben. "Daher muss man bei nachhaltigen Tourismus-Angeboten in den Vordergrund stellen, welche Qualität man dabei gewinnt: Entschleunigung, Zeit für sich und die Familie und mal weg vom Internet." Brandenburg sei mit seinen vielen Rad- und Wanderwegen oder bei den vielen Möglichkeiten im Wasserport prädestiniert für diesen "Slow-Tourism", betont Rein. Sein besonderer Tipp: Eselwandern in der Uckermark.
Professorin Claudia Brözel, die an der Hochschule Tourismusmarketing lehrt, glaubt sowieso, dass der klassische Massentourismus beim Cluburlaub an der Costa del Sol ein Auslaufmodell ist. "Die heute 20- bis 40-Jährigen sind häufig von klein auf mit ihren Eltern durch die Welt gereist und legen Wert auf bewusstes Reisen", sagt Brözel. "Dabei geht es neben der früher so hoch eingeschätzten Erholung um vor allem um Sinnhaftigkeit: Beim Reisen Land und Leute kennenlernen, etwa vor Ort in einem Projekt mit Einheimischen zu arbeiten und nebenbei auch mal ein paar Tage am Strand zu liegen." © dpa
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