Ein Flugausfall ist ärgerlich. Doch Betroffenen steht ein Ausgleich zu, wenn sich Flüge deutlich verspäten oder ausfallen - entweder pauschal nach EU-Richtlinie oder individuell nach entstandenen Kosten. Ob beides gegeneinander aufgerechnet werden muss, klärte am Dienstag der Bundesgerichtshof.

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Eine Fluggesellschaft verweigert Passagieren die Mitnahme, sie müssen einen Teil des Urlaubs umorganisieren, andere Fluggäste landen viel später als geplant am Zielort: In diesen Fällen haben Reisende in der Regel Anspruch auf Entschädigung.

Immer wieder muss sich deshalb der Bundesgerichtshof (BGH) mit Fällen beschäftigen, in denen es um Ausgleichszahlungen oder Schadensersatzansprüche im Reiserecht geht.

Worum ging es in diesem Fall?

Der BGH verhandelte am Dienstag zwei unterschiedliche Fälle, in denen es aber um eine gemeinsame Rechtsfrage geht. Beide Kläger flogen von Frankfurt am Main weg. Einmal war es bei DER Touristik eine gebuchte Pauschalreise nach Las Vegas (USA) und einmal ein Flug mit Air Namibia nach Windhoek mit anschließender Safari. In beiden Fällen kamen die Passagiere mit einem Tag Verspätung am Ziel an.

Deshalb musste der BGH klären: Wie ist mit den unterschiedlichen Arten der Fluggastentschädigung umzugehen, die Passagiere beanspruchen können, wenn sie ihr Ziel nicht wie gebucht erreichen? Werden die fällige pauschale Ausgleichszahlung der Fluggesellschaft und Ersatzzahlungen für Mehraufwendungen addiert oder gegeneinander verrechnet?

Wann stehen Passagieren Ausgleichszahlungen zu?

Die Entscheidung des BGH: Fluggäste können nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) bei Verspätungen oder Ausfällen keine doppelte Entschädigung verlangen. Pauschale Ausgleichszahlungen nach der EU-Fluggastrechteverordnung und Schadenersatz nach nationalem Recht werden miteinander verrechnet, wie der BGH am Dienstag in Karlsruhe entschied. (Az: X ZR 128/18 und X ZR 165/18)

Im konkreten Fall waren die Forderungen der Kläger etwa für Hotelkosten und Mietwagen jeweils geringer als die 600 Euro pauschale Entschädigung pro Person. Eine Überkompensation von Ansprüchen ist laut BGH-Angaben ausgeschlossen. Daher sei eine gegenseitige Anrechnung vorgesehen, die Passagiere bekommen jeweils 600 Euro.

Eine Vorlage der Fälle beim EuGH sei nicht notwendig, sagte Meier-Beck, weil das EU-Recht mit der seit Ende 2015 geltenden Pauschalreiserichtlinie in dieser Frage eindeutig geworden sei.

Flugreisende haben in der Regel dann Anspruch, wenn sich die Ankunft um drei Stunden oder mehr verzögert, der Flug kurzfristig ausfällt oder trotz Buchung kein Platz an Bord ist. Die zugrundeliegende EU-Verordnung gibt es seit 2005. Die Höhe der Ausgleichszahlung hängt von der Flugstrecke ab: Je nach Entfernung gibt es 250, 400 oder 600 Euro. Betroffene müssen das Geld von der Fluggesellschaft einfordern.

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Wer bekommt individuellen Schadenersatz?

Schadenersatz kann verlangen, wem zum Beispiel durch den Ausfall eines Fluges Kosten entstanden sind. Das kann der Preis für ein gebuchtes aber nicht genutztes Hotelzimmer, einen Mietwagen oder andere Transportleistungen sein. Denkbar sind hier aber auch die Kosten eines Rechtsstreits und eine Entschädigung für entgangene Urlaubsfreuden.

Wo können Passagiere Hilfe bekommen, wenn eine Airline nicht reagiert oder Forderungen ablehnt?

Wer keine Auseinandersetzung mit der Fluggesellschaft sucht, kann es mit einer Schlichtung versuchen. Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) ist von der Bundesregierung als Verbraucherschlichtungsstelle für Reisende mit Bus, Bahn, Flugzeug und Schiff anerkannt. 2018 behandelte die Einrichtung nach eigenen Angaben mehr als 32.000 Fälle, davon 87 Prozent aus dem Flugverkehr. In rund sechs von sieben dieser Fälle hatte die Schlichtung Erfolg.

Hilfe versprechen auch spezialisierte Unternehmen. Fachleute machen die Ansprüche geltend, notfalls auch vor Gericht. Im Erfolgsfall beanspruchen diese Unternehmen bis zu 30 Prozent der erstrittenen Summe für sich, bei einem Misserfolg entstehen keine Kosten.

Was sagt die Luftverkehrswirtschaft zu den Entschädigungsregeln?

Die europäische Fluggastrechteverordnung ist nach Ansicht des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft missverständlich und unklar formuliert und führt daher immer wieder dazu, dass sich Gerichte mit der Auslegung der Verordnung befassen müssen. "Wir benötigen daher eine Revision der Verordnung, die Luftfahrtunternehmen und ihren Kunden umfassende Rechtssicherheit gibt", teilt Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow mit. Die EU-Kommission habe einen Entwurf für eine Überarbeitung vorgelegt, den die Bundesregierung unterstütze. Die EU sollte ihn beschließen. (kad/sap/dpa/sap)

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