Mitte 30, zwei Kinder, Jonas vier und Paulina zwei Jahre alt, sichere Jobs und ein Haus, das vor vier Jahren bezogen und finanziert wurde. Das waren wir an dem Tag, als wir zu unserer Langzeitreise aufbrachen. 50.000 Kilometer und 24 Reiseländer liegen inzwischen hinter uns. Wir bereisten zunächst Europa und die Türkei, bevor wir das Wohnmobil von Griechenland nach Israel verschifften, um von dort aus Jordanien, Saudi-Arabien, Oman, die Vereinigten Arabischen Emirate, Kuwait und den Irak zu erkunden. Die Idee zu dieser Reise liegt viel weiter zurück. Wir lieben es, unterwegs zu sein, sind schon früher mit dem Rucksack um die Welt gereist oder mit dem Zelt durch Europa gezogen.
Als unsere Kinder geboren wurden, hat sich unser Fokus verschoben. Wir wollten mehr Zeit als Familie verbringen, die Entwicklungsschritte der Kinder hautnah miterleben. Doch stattdessen wurden Termine und Verpflichtungen immer mehr. Die Renovierung des Hauses dauerte an und verschlang wertvolle Lebenszeit. Den ganzen Tag hetzten wir auf und ab, kümmerten uns um den Garten, putzten und werkelten. So richtig fertig waren wir nie. Wir zerrieben uns zwischen Kinderbetreuung und Arbeit, wurden beidem nicht wirklich gerecht. Wir brauchten eine Auszeit und setzten uns ein Ziel: In zwei Jahren, am 1. Mai 2021, sollte es losgehen.
Dethleffs-Alkovenmobil als Reisegefährt
In unserer ersten Vorbereitungsphase lasen wir alle möglichen Berichte von anderen Reisenden und wälzten Reiseführer. Auf Instagram folgten wir Familien auf ihren Langzeittouren und holten uns erste Tipps und Tricks für das Reisen mit Kindern. Wir besuchten das Dachzeltfestival und hörten uns fast alle Gastvorträge an. Wir lauschten ununterbrochen Reisepodcasts und schauten uns entsprechende Dokumentationen an. In einer Sache waren wir uns von vorneherein einig: Wir wollten mit einem Fahrzeug unterwegs sein, das gleichzeitig unser Zuhause sein soll. Wir erinnerten uns an unseren Roadtrip durch die USA mit einem gemieteten Wohnmobil. Das war toll. Nach einer langen Wanderung konnten wir bequem darin kochen und essen und an Ort und Stelle übernachten. So wollten wir reisen.
Die Anforderungen an unser rollendes Zuhause ließen sich also wie folgt zusammenfassen: Wir wollten darin schlafen, spielen, essen, kochen, duschen und eine Toilette sollte auch vorhanden sein. Wie in einem Haus eben. Die Wahl des Fahrzeugs war durch unser Budget allerdings eingeschränkt. Einen Expeditions-Lkw schlossen wir schnell aus, da diese viel zu teuer sind. Auch ein eigener Ausbau schied aus, da wir zu diesem Zeitpunkt nicht bereit waren, so viel Zeit dafür zu investieren. Es blieb also nur ein fertiges Fahrzeug, das die oben genannten Anforderungen erfüllte. So kamen wir zu einem Dethleffs-Alkovenmobil auf Fiat-Ducato-Basis, das Wanda getauft wurde. Wanda war zum Zeitpunkt der Anschaffung bereits 20 Jahre alt und hatte ihre besten Jahre längst hinter sich. Dass 90 PS für ein drei Tonnen schweres Fahrzeug eigentlich viel zu wenig Leistung sind, haben wir damals bewusst ignoriert. Der Preis war einfach zu verlockend. Abgesehen von unserem vierwöchigen USA-Roadtrip hatten wir auch keinerlei Erfahrung mit Wohnmobilen. Gekauft wie gesehen. Mit Wanda machten wir direkt drei Wochen Sommerurlaub in Frankreich, zur Probe. Das Wohnmobil erfüllte unsere Erwartungen und wir machten eine Liste mit Dingen, die wir für die große Reise verbessern oder ändern wollten.
Um unsere Reisekasse zu schonen und ein Maximum an Freiheit zu erleben, aber auch weil es nicht überall Campingplätze gibt, wollten wir möglichst autark und unabhängig sein. Wir haben das große Glück, dass Fabian technisch und handwerklich sehr begabt ist, so dass Umbauten oder Reparaturen am Fahrzeug für ihn kein Problem darstellen. Wir wollten ein Toilettensystem, das umweltfreundlich ist und überall entsorgt werden kann. Wir entschieden uns, die alte Chemietoilette zu entfernen und durch eine Trockentrenntoilette zu ersetzen.
Unabhängigkeit für mehr Freiheit
Wichtig erschien es uns außerdem, unabhängig vom Landstrom zu sein. Fabian als gelernter Elektriker und Elektroingenieur wusste, was zu tun war, und installierte Solarmodule mit insgesamt 400 Watt Spitzenleistung, eine eigens konstruierte Lithium-Batterie mit 200 Ah und einen leistungsstarken Wechselrichter. Damit können wir das ganze Jahr über 12-Volt- und 230-Volt-Geräte, einschließlich Kühlschrank, nur mit Sonnenenergie betreiben. Da wir mit Gas kochen und auch unsere Heizung mit Gas betrieben wird, haben wir eine Gasflasche installiert, die wir an Tankstellen mit Autogas auffüllen können. Somit sparen wir uns eine Ersatzflasche.
Wir möchten keine Plastikflaschen kaufen, sondern das Wasser aus unserem Frischwassertank trinken. Dazu installierten wir verschiedene Filtersysteme, die das Wasser, je nachdem, wo wir es tanken, beim Einfüllen und auch beim Entnehmen mehrfach filtern. Im späteren Verlauf der Reise optimierte Fabian noch das Fahrwerk, wodurch das Gesamtgewicht um weitere 250 Kilogramm erhöht werden konnte. Um das Wohnmobil für die Tour in den Nahen Osten vorzubereiten, tauschten wir die Standardreifen gegen bessere aus, um auf Pistenstraßen und sandigem Untergrund etwas mehr Grip zu haben. Ein Kompressor, Sandbleche, Schneeketten und ein Abschleppseil gehören ebenfalls zu unserer Offroad-Ausrüstung.
Budgetkalkulation
Und wie klappt es mit Arbeit und Budget? Wir haben uns entschieden, unbezahlte Elternzeit zu nehmen. Das hat den Vorteil, dass wir krankenversichert bleiben und nach der Reisezeit wieder zu unserem Arbeitgeber zurückkehren können. Wichtig bei der Planung ist auch die Festlegung der Reisedauer. Denn davon hängt im Wesentlichen die Budgetkalkulation ab. Am Anfang hatten wir nur ein Jahr Auszeit geplant. Wir stellten einen Finanzplan auf und berechneten die Kosten, die zu Hause weiterlaufen würden, weil wir sie nicht kündigen oder einstellen können, wie zum Beispiel unseren Hauskredit, die Hausversicherung, die Kfz-Versicherung und die Steuer für das Wohnmobil und auch die Auslandskrankenversicherung.
Die Kosten, die unterwegs durch Diesel, Mautgebühren, Lebensmittel, Eintrittsgelder, den einen oder anderen Stellplatz oder Campingplatz anfallen, schätzten wir auf 1.500 Euro pro Monat; bisher sind wir mit diesem Betrag im Durchschnitt recht gut zurechtgekommen. Zusätzlich kalkulierten wir einen Puffer ein, um eventuelle Reparaturen, Verschiffungen, Flüge oder gar einen Ersatz für unser Wohnmobil bezahlen zu können. Alle drei Bereiche zusammen ergaben die Summe, die wir für ein Jahr Reise sparen mussten.
Zwei Faktoren haben es uns ermöglicht, die Reisezeit auf zweieinhalb Jahre zu verlängern, da die Kosten zu Hause gedeckt sind: Wir entschlossen uns, unser Haus zu vermieten, und Fabian arbeitet einige Stunden pro Woche von unterwegs. Zwischenzeitlich überlegten wir auch, das Haus zu verkaufen, aber für uns ist es wichtig, eine feste Basis zu haben, einen Ort, an den wir immer wieder zurückkehren können, in einer vertrauten Umgebung.
Spontanität bei der Reiseroute
Was die Reiseroute betrifft, ergibt es aus unserer Sicht keinen Sinn, die Strecke im Vorfeld minutiös zu planen oder sich zu sehr festzulegen. Das nimmt einem die Spontanität und kann oft durch unvorhersehbare Ereignisse wie Kriege, Unruhen oder Pandemien nicht eingehalten werden. Aufgrund solcher Umstände mussten wir mehr als einmal umdisponieren. Wir haben uns immer ungefähr ein halbes Jahr zuvor überlegt, wo wir den Winter oder Sommer verbringen wollen, um die Vorbereitungen zu treffen, die für diesen Abschnitt wichtig sind, wie etwa Verschiffung und Flüge zu organisieren.
Für den Nahen Osten brauchten wir ein Carnet de Passage, eine Art Pfand, damit das Fahrzeug bei der Einreise nicht verzollt werden muss. Man bekommt es über den ADAC. Wann und wohin wir letztlich gefahren sind, haben wir immer spontan entschieden. Die besten Plätze und die schönsten Ecken entdeckten wir immer zufällig. Auch zeitlich wollten wir uns nicht einschränken. Wir sind immer so lange an einem Ort geblieben, wie es uns gutgetan hat. Wenn wir nette Leute kennengelernt haben, sind wir auch länger geblieben. Der Sinn unserer Auszeit sollte sein, sich vom Alltagsstress zu erholen und nicht in ein leistungsorientiertes Reisen zu verfallen.
Gut durchdachte Packliste
Bevor es losgehen konnte, mussten wir uns genau überlegen, was auf die Packliste kommt, da der Platz im Wohnmobil begrenzt ist. Wir gingen jeden Bereich im Haus durch und dachten darüber nach, was wir wirklich brauchen. Da wir gerne backen und auch gerne Aufläufe essen, benötigten wir einen Backofenersatz, hier leistet der Omnia gute Dienste. Vor allem im arabischen Raum haben wir damit täglich frisches Brot gebacken, da das Angebot nicht immer unseren Wünschen entsprach.
Um unsere gewohnten Hygieneartikel wie Shampoo dabeizuhaben, kauften wir diese in großen Mengen, da wir wussten, dass wir diese Marken im Ausland nicht bekommen. Schuhe und Kleidung werden auf Reisen stark beansprucht, deshalb achteten wir darauf, dass unsere wenigen Sachen von wirklich guter Qualität sind. Fabian hat aus Platzgründen nur eine Box mit Werkzeug dabei. Auch hier war eine gute Planung wichtig, um die bestmögliche Abdeckung an Ausrüstung zusammenzustellen. Vor Antritt der Reise mussten außerdem viele organisatorische Dinge erledigt werden. Eine Auslandskrankenversicherung wurde abgeschlossen, die Gültigkeit der Kfz-Versicherung in den einzelnen Ländern überprüft, ebenso das Ablaufdatum der Reisepässe. Wird ein internationaler Führerschein benötigt? Was passiert mit den Briefen, die zu Hause im Briefkasten landen? Gibt es jemanden, der sich darum kümmert, braucht man eventuell einen Nachsendeauftrag? Es ist sinnvoll, bestimmte Dokumente zu digitalisieren und in einer Cloud zu sichern, um sie bei Verlust digital zu haben oder um Dokumente, die man nicht mitnimmt, zumindest digital vorweisen zu können. Trotz akribischer Planung gibt es immer wieder Situationen, auf die wir uns nicht vorbereiten konnten und in denen wir improvisieren müssen. Aber genau das ist das Abenteuer, das wir gesucht haben. © Promobil
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