Es gibt im Ressort Panorama viele Begriffe, auf die man aus guten Gründen verzichten sollte. Welche die häufigsten sind und warum wir sie so gut es geht vermeiden.

Was unter Panorama-Berichterstattung zu verstehen ist, erschließt sich häufig nicht auf den ersten Blick. Laut der Nachrichtenagentur dpa (Deutsche Presse-Agentur) findet dort "das Weltgeschehen abseits der präzise definierten Ressorts wie Politik, Wirtschaft, Sport" statt.

Jede Redaktion steckt die Grenzen ein wenig anders, bei uns finden unter Panorama vorrangig folgende Themengebiete statt:

  • Wetter und Naturkatastrophen​
  • Unfälle​
  • Kriminalität (zum Beispiel Polizeimeldungen)​
  • Gerichtsberichterstattung (Prozesse, Urteile)​
  • Kuriose und bunte Meldungen
  • True Crime

Im Zusammenhang mit Unfällen, Kriminalität und Gerichtsprozessen gibt es zahlreiche problematische Formulierungen. Hier wollen wir die am weitesten verbreiteten aufgreifen – und erklären, warum wir sie nicht verwenden.

Die Tötung von Frauen und Kindern ist kein Familiendrama

Begriffe wie Familiendrama, Familientragödie, Beziehungstat oder Eifersuchtsdrama verharmlosen Gewalt gegen Frauen und deren Kinder. Sie führen dazu, dass Femizide als schicksalshafte Einzelfälle wahrgenommen werden und nicht als das, was sie sind: strukturelle Gewalt. Wir benennen Frauenmorde deswegen klar als solche.

Kurz erklärt: Was ist ein Femizid?

  • Femizid bezeichnet die Tötung von Frauen oder Mädchen als extreme Form von geschlechtsbezogener Gewalt. Ein Femizid passiert immer im Kontext einer patriarchalen Haltung: einer Gesellschaft, die von Männern geprägt ist und Männer begünstigt.

Ehrenmord fällt in eine ähnliche Kategorie: Der Begriff ist nicht neutral, sondern beschreibt ein Geschehen aus der Warte der Täter. Er übernimmt die Sichtweise, die ermordete Frau hätte ihre Familie in irgendeiner Weise entehrt und diese Ehre müsste nun wiederhergestellt werden. Eine solche Deutung möchten wir uns nicht zu eigen machen. Genauso verhält es sich mit dem Begriff Blutrache.

Adjektive ja – aber dann, wenn sie Sinn ergeben

Immer wieder liest man von einem tragischen Unfall oder einer brutalen Vergewaltigung. Dabei sind die meisten Unfälle in irgendeiner Form tragisch und eine Vergewaltigung ohne Brutalität gibt es nicht.

Solche Adjektive haben nur die Funktion, den Sachverhalt zu sensationalisieren, als besonders schlimm darzustellen. Deswegen verzichten wir darauf. Wenn ein Fall tatsächlich außergewöhnlich ist, weisen wir an anderer Stelle und in geeigneter Art und Weise darauf hin.

Ähnlich, wenn auch sprachlich anders gelagert, verhält es sich mit dem erweiterten Suizid. Hier handelt es sich um einen Euphemismus, der verschleiert, was passiert ist: Dem Suizid gingen ein oder mehrere Morde voraus. Deshalb schreiben wir von Mord mit anschließendem Suizid.

Täter-Opfer-Umkehr gilt es zu vermeiden

Wie beim erweiterten Suizid lenken auch andere Begriffe vom eigentlichen Geschehen ab. Dazu gehört Sex-Täter. Ein sexualisierter Übergriff oder eine Vergewaltigung hat nichts mit einvernehmlichem Sex zu tun.

Deswegen ist es auch besser, statt von sexueller Gewalt von sexualisierter Gewalt zu sprechen. Der Ausdruck "sexualisierte Gewalt" unterstreicht, dass bei den Taten Sexualität funktionalisiert wird – also dazu benutzt wird, um Gewalt auszuüben.

Ebenfalls verzichten möchten wir auf das Wort Kinderschänder. Dieses lenkt den Fokus auf die Opfer und wirkt verharmlosend. Zudem kann es den Opfern sprachlich eine weitere Bürde aufladen, indem sie "mit einer Schande" – "geschändet" – weiterleben müssen, was wiederum mit Scham und Stigmatisierung einhergeht.

Keine Stigmatisierung bestimmter Gruppen

Im Bereich der Kriminalitätsberichterstattung gibt es Begriffe, die ganze Gruppen in Misskredit bringen können. So sollte Ausländerkriminalität - wenn überhaupt - nur für Straftaten verwendet werden, die ausschließlich von Ausländerinnen und Ausländern begangen werden können, zum Beispiel Visa-Vergehen oder Asyl-Verstöße. Und nicht für alle Straftaten, die Menschen anderer Staatsbürgerschaft begehen.

Dasselbe Prinzip greift bei Clankriminalität. Damit werden komplette Familien, also auch Kinder, Großeltern und andere Verwandte zu Kriminellen erklärt. Zudem gibt es eine kulturrassistische Komponente, etwa dass Clanmitglieder grundsätzlich in archaischen Familienstrukturen leben. Besser ist es, hier von Banden und Bandenkriminalität zu sprechen – sofern es sich tatsächlich um Banden handelt.

Ein wichtiger Hinweis: Bei den von uns selbst erstellten Inhalten achten wir darauf, problematische Formulierungen so gut es geht zu vermeiden. Bei Inhalten von Contentpartnern oder Agenturen, die teilweise auch automatisch auf unseren Seiten veröffentlicht werden, kann es aber sein, dass sie weiterhin Verwendung finden.

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Verwendete Quellen

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