Einer der entsetzlichsten Aspekte der Krise im Kasai, im Süden des Kongos, ist der Einsatz von Kindern durch die Milizen: Mindestens 60 Prozent der bewaffneten Gruppen bestehen aus Kindern. Wenn sie "Glück" haben, müssen sie nur für die Gruppen kochen oder Verwundete verarzten. Oft aber werden sie als Sexsklaven gehalten oder in die vorderste Kampfreihe als Puffer gestellt – nicht selten nur mit einfachen Stöcken bewaffnet.
Auf meiner Projektreise in den Kongo lerne ich in Nganza die Geschwister Dana* und Michael* sowie ihre Cousine Eva* (*Namen geändert) kennen, die monatelang von den Milizen gefangen gehalten wurden. Die drei bewundernswerten Jugendlichen lassen mich an ihrem Erlebten teilhaben und erzählen mir ihre bewegende Geschichte.
Weigerung keine Option
Die 16-jährige Eva beschreibt, was ich auf meiner Reise immer wieder zu hören bekommen habe: Zu Beginn des Konfliktes zogen die Milizen von Haus zu Haus, um Kinder zu rekrutieren. Wer sich weigerte, wurde automatisch der regierungstreuen Seite zugeordnet. So erging es dem Geschwisterpaar. Ihr Vater wollte nicht, dass seine Kinder von den Milizen mitgenommen werden - er bezahlte dafür mit seinem Leben.
Um ihre Familien zu schützen und weitere Tote im Dorf zu verhindern, gingen alle drei mit den Milizen mit. Eva lebte sieben Monate mit ihnen, Michael fünf und Dana drei. Dana (16) war insbesondere für Wasserholen und Kochen zuständig. Aber auch für das Waschen der blutigen Kleidung.
Eva war mit dem Reinigen der Waffen betraut. Der 17-jährige Michael musste als Spion herausfinden, wo andere Milizen oder die Armee sich gerade befanden. Eine gefährliche Aufgabe, die ihn jedes Mal in Lebensgefahr brachte.
Flucht führt zu neuem Leid
Im März 2017 nutzen die drei das Chaos während heftiger Kämpfe und flohen in den Busch. Doch damit war ihr Martyrium nicht zu Ende: Es war zu gefährlich, in ihr Dorf zurückzukehren. Also versteckten sie sich weitere sieben Monate, bis es sicher genug schien, ihr Versteck zu verlassen. Im Busch ernährten sie sich von allem, was sie finden konnten: Palmnüsse, Maniokwurzeln, schmutzigem Wasser.
Nach ihrer Rückkehr erhielten sie durch UNICEF psychologische Betreuung. Ihr größter Wunsch jedoch ist, und das wird durch Michaels eindringliches Nachfragen besonders deutlich: endlich wieder zur Schule zu gehen und lernen zu dürfen. Denn nur so können sie sich ihre Berufswünsche erfüllen.
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