Mindestens 200 Millionen Mädchen und Frauen sind in 30 Ländern von der weiblichen Genitalverstümmelung betroffen. Die Hälfte der Frauen lebt dabei in nur drei Ländern: Indonesien, Ägypten und Äthiopien. 44 Millionen sind bei der Beschneidung unter 15 Jahre alt. Die Vereinten Nationen haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: Bis 2030 soll die weibliche Genitalverstümmelung weltweit der Vergangenheit angehören.
Aicha, 21, ist jung, gutaussehend und selbstsicher. Ihre dunklen Mandelaugen passen zu ihrer nachdenklichen Natur. Als sie 13 war, schrieb sie ein Lied gegen den Brauch der weiblichen Genitalverstümmelung - kein Song, wie ihn sich Teenager üblicherweise anhören, geschweige denn schreiben.
In Djibouti, wo Aicha lebt, ist es nicht leicht, offen über weibliche Genitalverstümmelung zu sprechen. "In meiner Kultur ist es schon beschämend, ein Mädchen zu sein und öffentlich zu singen", sagt Aicha. "und dann auch noch über weibliche Genitalverstümmelung?"
Eine neue Generation kämpft gegen Beschneidung
Aicha gehört zu einer neuen Generation, die bald Mutter sein wird und die Möglichkeit hat, sich gegen Beschneidung bei einer Tochter zu entscheiden. "Ich bin mit meiner Mutter schon von Tür zu Tür gegangen, um die Menschen davon zu überzeugen, ihre Mädchen unversehrt zu lassen."
Aichas Mutter, Fatouma Ali, gehört in ihrer Gemeinde zu den führenden Gegnern der weiblichen Genitalverstümmelung, obwohl sie früher diese Praxis selbst ausübte.
Vor zehn Jahren wurde sie von der Nicht-Regierungsorganisation Tostan zu einem Workshop eingeladen, unterstützt von UNICEF und dem lokalen Ministerium für Frauen und Familien.
Kampagne zum Schutz von Kindern
Die Tür-zu-Tür-Kampagne war Teil einer nationalen Strategie, die weibliche Genitalverstümmelung beenden soll. Gemeindegruppen wurden eingerichtet, um Themen anzusprechen, die alle gesellschaftlichen Ebenen verbinden. Dazu gehörten gesundheitliche Probleme bei Mädchen und der Schutz von Kindern vor Gewalt.
Aber sie sprachen auch über Projektmanagement, das Lösen von Konflikten, Hygiene, Umwelt, die Rechte von Kindern und Menschen. Weibliche Genitalverstümmelung hatte mit all diesen Themen Berührungspunkte. Und so wuchs die Bewegung.
Die Tradition ist tief verankert
Obwohl in Djibouti bereits vor über 20 Jahren ein Gesetz verabschiedet wurde, das weibliche Genitalverstümmelung verbietet, macht die Bewegung, die der Tradition ein Ende setzten will, nur langsam Fortschritte.
Eine Generation später trägt die Arbeit Früchte. Aicha hörte, lernte und verstand schon mit 13 ihre Rechte als Mädchen. "Weibliche Genitalverstümmelung ist ein Thema der Menschenreche", sagt sie. "Es ist geschlechtsbasierte Gewalt gegen Mädchen. Eine wichtige Angelegenheit."
Aichas Leidenschaft für das Thema und ihre Kämpfernatur haben sie mit ihrem Song zur Teilnahme an einem Wettbewerb bewegt, der sich dem Thema der weiblichen Genitalverstümmelung annahm. Ihr Lied gewann, wurde in einem Studio aufgenommen und national im Radio gespielt.
Musik macht Kommunikation leichter
"Manchmal, wenn du über etwas in einem Song sprichst, kann es Menschen die Berechtigung geben, darüber eine Diskussion anzufangen", erklärt Aicha. "Ansonsten würde niemand darüber reden wollen."
Aicha selbst wurde eine Woche nach ihrer Geburt beschnitten, lange bevor ihre Mutter sich gegen weibliche Genitalverstümmelung einsetzte. "Aber gerade, weil ich es selbst erlebt habe, damit lebe und die Schmerzen kenne, kann ich mit den Mädchen darüber reden. Sie wissen, dass ich es verstehe."
Gemeinsam mit ihrer Mutter kämpft sie dafür, die Praxis zu beenden. Für sich selbst und für Tausende andere Frauen in Djibouti, die unter Infektionen, Schmerzen und Komplikationen leiden mussten, können sie es nicht rückgängig machen.
Junge Menschen müssen beteiligt werden
Aber sie können für die vielen jungen Mädchen etwas bewegen: "Es ist so wichtig, junge Menschen zu beteiligen", sagt Aicha. "Gemeinsam sind wir stark. Wir können entscheiden, ob wir beschnitten werden wollen oder nicht."
Noch immer sind die Grenzen zwischen Tradition und Religion in vielen Bereichen der Gesellschaft verschwommen. Mit der landesweiten Unterstützung von Religionsführern wird die Entscheidung gegen die Beschneidung jedoch bedeutend wahrscheinlicher.
In den vergangenen zwei Jahren haben 51 Gemeinden erklärt, dass sie die weibliche Genitalverstümmelung nicht mehr durchführen werden. Seither ist dieses Schicksal 798 Mädchen erspart geblieben.
Die Stiftung United Internet for UNICEF unterstützt die Initiativen der Vereinten Nationen, um die Rechte von Mädchen weltweit zu stärken, Schäden künftig zu vermeiden und die unnötige Tradition zu beenden.
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