Ein marodes Netz, unzufriedene Mitarbeiter – und jetzt auch noch "Kontrollverlust" bei den Fahrplänen. Ein Zeitungsbericht deckt neue Mängel bei der Bahn auf. Und Besserung ist vorerst nicht in Sicht.

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Die Bahn kommt nicht zur Ruhe. Das Chaos beim Staatskonzern ist offenbar größer als bislang angenommen. Das zumindest belegen Recherchen der Süddeutschen Zeitung (SZ). Wie das Blatt schreibt, geraten nun "auch noch die Fahrpläne völlig außer Kontrolle".

Denn: Signalstörungen, Stellwerksausfälle und kaputte Weichen haben mittlerweile ein Ausmaß angenommen, das einen geordneten Ablauf des Zugverkehrs kaum noch möglich macht. Die Folge: Allein in diesem Jahr müssen die Fahrpläne im Bahn-Reich zwischen zwei und drei Millionen Mal geändert werden. "Fahrpläne werden nicht mehr gerechnet, sondern nur noch geschätzt", zitiert die SZ ein Mitglied des Aufsichtsrats. Von einem "Riesenproblem" und "Kontrollverlust" bei den Fahrplänen ist die Rede.

Die Planung von Zugfahrten gleicht einem Lotteriespiel

Ein geordneter Zugverkehr? Kaum noch möglich. Die Planung der Zugfahrten gerate zunehmend zum Lotteriespiel. Immerhin: Die Sicherheit des Zugverkehrs ist nicht gefährdet.

Wie groß die Probleme bei der Bahn sind, belegen auch andere Zahlen: Die Pünktlichkeit im Fernverkehr lag im Juli bei 62 Prozent, mehr als jeder dritte Zug hatte Verspätung. Noch desaströser lief es für die Bahn im Juni, als nur noch knapp die Hälfte der Züge (52,9 Prozent) pünktlich an ihr Ziel kamen.

Ein Hauptgrund für die Misere ist das marode Schienennetz. Jahrelang wurden hier keine nennenswerten Investitionen getätigt. Jetzt ist der Bund dazu übergegangen, die Infrastruktur wieder in Ordnung zu bringen. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte zu Beginn des Jahres im Interview dieser Redaktion: "Das Jahr 2024 ist der Beginn für die groß angelegte Sanierung unserer über die letzten Jahrzehnte leider stark vernachlässigten Infrastruktur. Es ist vernünftig, den Bahnkunden vorab klar zu sagen: Es wird eine herausfordernde Zeit".

Zustand des Schienennetzes war noch nie so miserabel wie heute

Allein in diesem Jahr bedeutet das für die Bahn 18 Großbaustellen und viele kleinere Baustellen. Die SZ hält fest: Der Zustand des Schienennetzes und der Stellwerke war noch nie so miserabel wie heute. Und die Fahrgäste müssen weiter Geduld aufbringen: Bis zu zwei Jahre könnte es dauern, ehe die Reparaturen am Netz auch zu einer Besserung führen.

Das nervt nicht nur die Bahn-Kunden. Auch bei den Mitarbeitern des Staatskonzerns ist die Stimmung schlecht, sehr schlecht sogar. Erst kürzlich wurden interne Chats öffentlich, in denen die Mitarbeiter Dampf ablassen. So heißt es unter anderem: "Das, was wir hier abliefern, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten". Oder: "Ich schäme mich mittlerweile jeden Tag für dieses Unternehmen". (fah)

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