Die Bahn fährt Milliardenverluste ein und die Mitarbeiter sind zunehmend frustriert. Jetzt gerät der Vorstand unter Druck. Und auch aus der Politik gibt es kritische Stimmen.
Dicke Luft bei der Deutschen Bahn: Der Konzern kämpft mit Zugausfällen, Verspätungen, einem maroden Netz, Milliardenverlusten – und auch intern rumort es heftig. Für den Chef der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, ist klar: Die Bahn-Bosse müssen gehen. "Es braucht einen Vorstandswechsel", sagte Weselsky der Süddeutschen Zeitung. "Die Leute, die den Karren in den Dreck gefahren haben, werden ihn nicht wieder rausziehen", so der GDL-Chef.
Dass die Bahn als Sanierungsfall gilt, ist hinlänglich bekannt. Doch jetzt veröffentlichte die SZ interne Chats aus dem Unternehmen, die zeigen, wie schlecht die Stimmung dort ist. Darin heißt es: "Das, was wir hier abliefern, ist an Peinlichkeit nicht zu überbieten." Oder: "Ich schäme mich mittlerweile jeden Tag für dieses Unternehmen." Die eigenen Mitarbeiter verlieren offenbar die Geduld mit ihrem Arbeitgeber.
Kritik kommt auch aus der Politik: "Natürlich trägt der Bahn-Vorstand die Verantwortung für die Misere", sagt CDU-Verkehrsexperte Michael Donth dieser Redaktion. Teile des Bahnvorstands seien seit Jahrzehnten in Schlüsselpositionen beim Staatskonzern tätig. "Dass jetzt wirklich der Richtungswechsel gelingen soll, nehme ich ihnen nicht ab", so Donth. Es sei aber zu kurz gedacht, allein dem Vorstand die Schuld zuzuschieben. Auch die Politik trage Verantwortung. "Es gelingt ihr nicht, den DB-Konzern zu kontrollieren", sagt Donth.
Rote Zahlen und unpünktliche Züge
Erst kürzlich meldete die Bahn tiefrote Zahlen. Im ersten Halbjahr fuhr sie einen Verlust von 1,2 Milliarden Euro ein. Bahn-Chef Richard Lutz macht dafür vor allem externe Faktoren verantwortlich, etwa Streiks und schlechtes Wetter. Doch zur Wahrheit gehört auch: Immer weniger Deutsche nutzen die Bahn. Im Fernverkehr ist die Anzahl der Reisenden im ersten Halbjahr um sechs Prozent zurückgegangen. Der Anteil der pünktlichen Züge lag nur noch bei 62,7 Prozent.
Angesichts der vielen Probleme setzt das Bahn-Management auf Einsparungen. So sollen in den kommenden fünf Jahren rund 30.000 Vollzeitstellen wegfallen. "Wir müssen in Zukunft mehr Bahn mit weniger Menschen machen", heißt es vom Vorstand. Der CDU-Abgeordnete Donth sagt dazu: "Die aktuelle Lage geht natürlich auch an den Beschäftigten nicht spurlos vorbei. Ich höre aus einzelnen Bereichen des Konzerns teilweise viel Unmut." Die Unternehmensführung müsse aufpassen, dass engagierte und motivierte Mitarbeiter nicht vergrault werden.
Die Bahn hat auf "Zeitenwende" gehofft
Bahn-Chef Lutz hatte den Deutschen im März noch eine "Zeitenwende" versprochen. Danach sieht es nicht aus. Die Bahn setzt trotzdem darauf, dass sie bis Ende des Jahres wieder schwarze Zahlen schreibt. Und dass mit der großangelegten Sanierung im Schienennetz vieles besser wird.
Dafür hat die Bundesregierung bis 2027 Investitionen in Höhe von 40 bis 45 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Aktuell läuft bereits die Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim, einer der wichtigsten Strecken des Landes. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing sagte zu Beginn des Jahres im Interview mit dieser Redaktion: "Es wird eine herausfordernde Zeit". Die große Generalsanierung geht nicht von heute auf morgen. Sie dauert. Bis 2030.
Verwendete Quellen
- Stellungnahme von Michael Donth
- Süddeutsche Zeitung: "Aus passivem Widerstand wird gerade aktiver Widerstand"
- Süddeutsche Zeitung: "Ich schäme mich mittlerweile jeden Tag für dieses Unternehmen"
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