Vor rund einem halben Jahr haben wir in einer Burger-King-Filiale recherchiert, die zum nun gekündigten Franchisenehmer Yi-Ko-Holding gehörte. Die Mitarbeiter klagten über katastrophale Arbeitsbedingungen und gesundheitliche Beschwerden. Wir haben diese und eine weitere Filiale erneut besucht, um herauszufinden: Hat sich in den vergangenen sechs Monaten nach dem Skandal um Burger King etwas geändert?
Mitte November 2014. Eine Filiale von Burger King am Nachmittag. Aus der Durchreiche rutscht ein Burger nach dem anderen. Ein Mitarbeiter schüttelt zwei Pommes-Siebe. Die Angestellten tippen die Bestellungen in die Kassen ein, vier sind besetzt. Vor dem Tresen wimmelt es von Kunden. Ekelskandal, war da mal was?
Rund ein halbes Jahr ist es her, dass Burger King mit unhygienischen Zuständen und katastrophalen Arbeitsbedingungen in die Schlagzeilen geriet. Franchisenehmer Yi-Ko-Holding (Yi-Ko) und deren Geschäftsführer Ergün Yildiz wurde dafür verantwortlich gemacht. Im Mai zog sich der türkischstämmige Geschäftsmann als passiver Gesellschafter von der Spitze des Unternehmens zurück.
Doch sein Rückzug währte offenbar nicht lange. Mittlerweile soll er sich wieder ins Tagesgeschäft eingemischt und wiederholt gegen die "vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen", wie es in einer Pressemitteilung heißt, verstoßen haben. Urlaubsgeld sei nicht ausgezahlt worden, im Krankheitsfall sei das Gehalt oft verspätet überwiesen worden. Am 19. November schließlich der Hammer: Burger King kündigt alle 89 Franchiseverträge mit Yi-Ko.
Damals tote Hose, heute volles Haus
Im Zuge des Ekelskandals habe ich vor einem halben Jahr bereits eine Burger-King-Filiale besucht – und bin auf aufgebrachte Mitarbeiter gestoßen. Sie würden kein Weihnachtsgeld bekommen, auch im Krankheitsfall bliebe das Gehalt aus. Außerdem klagten sie über Stress, zu wenige und zu kurze Pausen. Manche würden jeden Tag mit Kopfweh nach Hause gehen. Als ich Burger King mit den Vorwürfen konfrontiert habe, gelobte das Unternehmen Besserung. Mit Yi-Ko und Ergün Yildiz klappte das offenbar nicht. Deswegen die Kündigung.
Nun will ich wissen, ob sich in der Zwischenzeit trotzdem etwas geändert hat bei den nun ehemaligen Yi-Ko-Filialen. Ich betrete das eingangs erwähnte Restaurant gegen 14:30 Uhr. Bei meinem ersten Besuch vor einem halben Jahr waren innerhalb einer halben Stunde nur etwa 40 Kunden bei Burger King. Und das mittags, zur Stoßzeit. Die Menschen haben die Restaurants aufgrund des Ekelskandals gemieden. Heute kann ich die Zahl der Kunden nur schätzen. Etwa 70, denke ich.
Ich nähere mich dem Tresen. Dort sehe ich keinen der Mitarbeiter, der vor einem halben Jahr mit mir gesprochen hat. Ich gebe mich als Reporter zu erkennen und frage die Angestellten, ob sie kurz Zeit für ein Gespräch haben. Irritiert verweisen sie mich sofort an ihren Schichtleiter.
Schichtleiter von Burger King blockt ab
Dieser taucht wenig später hinter der Durchreiche auf. Mit: "Sie sind nicht der erste Pressevertreter, der heute zu uns kommt", begrüßt er mich und blockt sofort ab. Er dürfe nicht über Arbeitsbedingungen und die Kündigung von Yi-Ko reden: "Nur die Chefs in der Zentrale dürfen das. Rufen sie da an", sagt er. Auch mit seinen Mitarbeitern lässt er mich nicht reden.
Wir sprechen trotzdem einige Minuten. Ich spüre, dass er eigentlich reden will, sich aber nicht traut. Nur ein Detail offenbart er mir: "Ich habe schon mitbekommen, dass es weiterhin Probleme mit dem Urlaubsgeld und der Auszahlung bei Krankheit gab." Ich habe das Gefühl, dass das nicht alles war. Mehr verrät er aber nicht. Ich hinterlasse meine Nummer. Vielleicht überlegt er sich es noch.
Ich fahre weiter zur nächsten ehemaligen Yi-Ko-Holding-Filiale und gebe mich erneut als Reporter zu erkennen. Drei Angestellte grinsen mich an. Eine sagt: "Schon wieder einer, sie sind heute schon der Dritte oder Vierte." Ich würde gerne mit den drei Mitarbeitern alleine reden, doch prompt kommt der Schichtleiter. Wieder dasselbe. Er begrüßt mich und versucht mich abzuwiegeln. Ich solle in der Zentrale anrufen, er dürfe nichts über die Arbeitsbedingungen sagen. "TÜV, Gesundheitsamt, alle waren da. Es ist alles in Ordnung", sagt er. Ich frage, ob ich mit seinen Mitarbeitern reden darf. Nein.
Kaum ist die Luft rein, reden die Mitarbeiter
Plötzlich klingelt sein Handy. Mitten in unserem Gespräch geht er ans Telefon. Wie aus dem Nichts verabschiedet er sich und verschwindet im Büro.
Sein Abgang, meine Chance. Ich gehe zum Tresen. Eine alte Dame kramt in einer mit Scheinen und Münzen vollgestopften Plastiktüte. Drei Mitarbeiter stehen hinter Kasse und bedienen Kunden. Einer der Angestellten lugt hinter der Durchreiche hervor. Er schaut mich an. Er blickt nach links und nach rechts, grinst. Die Luft ist rein. Er kommt nach vorne an den Tresen und bestätigt, was Burger King in der Pressemitteilung zur Kündigung von Yi-Ko geschrieben hat: "Einige von uns haben ihr Urlaubsgeld nicht bekommen. Auch wenn sie krank waren, blieb das Gehalt aus." Er selbst sei jedoch nicht davon betroffen gewesen.
Ihn ärgere aber, dass man als Neuangestellter nur 7,71 Euro brutto pro Stunde bekommen würde. Viel ist das nicht, aber Burger King zahlt ihm immerhin den Tariflohn. 7,71 Euro pro Stunde ist laut Tarifvertrag des Bundesverbands der Systemgastronomie der Einstiegs-Bruttolohn. Hier verhält sich das Unternehmen korrekt.
"Stress gehört zu jedem Job dazu"
Ich spreche ihn auf meine Recherchen vor einem halben Jahr an. Dass Mitarbeiter über Stress, kurze Pausen und Kopfschmerzen geklagt haben. Diese Vorwürfe sieht er als nicht so wild an. "Klar ist es manchmal stressig. Aber das gehört zu jedem Job dazu."
Neben uns stehen drei weitere Mitarbeiter. Sie haben bei unserem Gespräch zugehört. Sie grinsen, haben auf meine Nachfrage hin aber nichts hinzuzufügen. Nur mein Gesprächspartner stellt noch fest: "Es ist in der Zwischenzeit wirklich besser geworden." Die Zuhörer widersprechen ihm nicht. Ob sie glauben, dass sich die Arbeitsbedingungen durch die Kündigung von Yi-Ko weiter verbessern würden? Darauf hatten sie keine Antwort.
Irgendetwas ist da faul
Ich verlasse die Filiale und denke mir: Einerseits habe ich weit weniger Klagen von Burger-King-Mitarbeitern als vor einem halben Jahr gehört. Andererseits habe ich das Gefühl, dass ich bei Weitem noch nicht alles gehört habe. Ich war schließlich nur in zwei Filialen. Und in beiden haben die Schichtleiter versucht, ihre Mitarbeiter so gut wie möglich abzuschirmen. Auch mit Informationen haben sie gegeizt. Mein Eindruck bleibt: Bei Burger King ist immer noch etwas faul.
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