• Die 164 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich auf ein Abkommen geeinigt.
  • Betroffen sind Themen wie Corona-Patente, Fischerei und Streamingdienste.
  • Nichtregierungsorganisationen kritisieren den Beschluss zu COVID-19, da er nur Impfstoffe umfasse und nicht auch andere Medikamente.

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Die 164 Mitglieder der Welthandelsorganisation (WTO) haben sich nach langem Ringen auf eine Vereinbarung zur Produktionsausweitung von Corona-Impfstoffen geeinigt. Regierungen sollen Patente von Pharmafirmen vorübergehend leichter umgehen können, um Menschenleben zu retten. Während die Bundesregierung sich mit dem Durchbruch am frühen Freitagmorgen zufrieden zeigte, kritisierten sowohl die Pharmaindustrie als auch Gruppen der Zivilgesellschaft die Vereinbarung.

Auch ein Abkommen gegen schädliche Fischereisubventionen kam zustande. Allerdings musste ein umstrittener Teilbereich zunächst ausgeklammert werden. Zudem verlängerten die Minister eine Vereinbarung, keine Zölle auf den grenzüberschreitenden digitalen Handel – etwa auf Streamingdienste – zu erheben. Die Handelsminister versprachen in einer Erklärung zur Nahrungsmittelsicherheit, Exportbeschränkungen möglichst selten einzusetzen, und sie verabschiedeten einen Fahrplan für Reformen der WTO. Der teils lahmgelegte Streitschlichtungsmechanismus soll in zwei Jahren wieder voll funktionsfähig sein. Die Reformen und die Wiederherstellung der Streitschlichtung waren die Prioritäten der deutschen Exportwirtschaft.

Erstes WTO-Abkommen seit Jahren

Es war das erste Mal seit Jahren, dass die WTO wieder ein Abkommen zustande brachte. Die Organisation drohte in der Bedeutungslosigkeit zu versinken. Der damalige US-Präsident Donald Trump wollte austreten. Als auch diese Konferenz zu scheitern drohte, setzte WTO-Chefin Ngozi Okonjo-Iweala am Mittwoch eine Verlängerung durch. "Sie reisen nicht mit leeren Händen nach Hause", sagte die 68-Jährige bei Sonnenaufgang am Freitag. "Die WTO hat demonstriert, dass sie in der Lage ist, auf die Herausforderungen unserer Zeit zu reagieren", so die Nigerianerin.

Das Bundeswirtschaftsministerium lobte die Patentvereinbarung, bekannt als "Trips Waiver" – also Einschränkungen des Trips-Abkommens über geistiges Eigentum. Die USA hatten bereits 2021 ihre Unterstützung für eine solche Maßnahme erklärt. Regierungen könnten damit gegen den Willen von Pharmafirmen etwa Zwangslizenzen für die Produktion von COVID-19-Impfstoffen erteilen, ohne den Schutz geistigen Eigentums generell infrage zu stellen, wie der deutsche Staatssekretär Udo Philipp sagte. Zwangslizenzen waren auch vorher möglich, aber sie gehen nun in Teilbereichen etwas weiter.

Weitergehende Zwangslizenzen für Corona-Impfstoff möglich

Der Pharmaverband IFPMA äußerte sich enttäuscht. Es sei ein gefährliches Signal an die Wissenschaft. Volle Patentrechte seien nötig, um Innovationen hervorzubringen. Ähnlich äußerte sich die deutsche Pharmaindustrie."Hier wird das Patentrecht politisch instrumentalisiert, statt die Probleme anzugehen, die wirklich existieren", sagte der Präsident des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller, Han Steutel. Die Produktion der Corona-Impfstoffe sei nicht mehr das Problem.

Vielmehr gebe es ein Überangebot. Durch Lockerungen des Patentschutzes würde höchstens noch mehr auf Halde produziert, so Steutel. Unternehmen investieren oft jahrelang in die Erforschung von Medikamenten und Impfstoffen. Nur ein Bruchteil ist erfolgreich. Mit den Produkten wollen die Firmen dann über Lizenzschutz Geld verdienen.

Nichtregierungsorganisationen: Vereinbarungen gehen nicht weit genug

Organisationen wie die People’s Vaccine Alliance oder Oxfam kritisierten die Vereinbarung dagegen als wirkungslos – auch, weil sie nur Impfstoffe und keine Medikamente und Diagnostika umfasst. Von der ursprünglichen Forderung nach Aufhebung der Patente sei durch viele Auflagen wenig übrig geblieben.

"Es ist beschämend, dass die WTO-Mitglieder dem Versuch, eine strauchelnde Institution und obszöne Unternehmensgewinne zu retten, Vorrang vor der Rettung von Menschenleben gaben", meinte Melinda St. Louis von Public Citizen. Besonders die EU habe eine echte Aufhebung von Patentrechten blockiert. Auch die Organisation Ärzte ohne Grenzen sieht wenig Nutzen: "Die Maßnahmen werden weder gegen Pharmamonopole vorgehen noch einen erschwinglichen Zugang zu lebensrettenden medizinischen Hilfsmitteln gewährleisten."

Fischereiabkommen wurde mehr als 20 Jahre verhandelt

Über das Fischereiabkommen wurde seit mehr als 20 Jahren verhandelt. Subventionen für illegale und unregulierte Fischerei sollen verboten werden. Bei anderen Subventionen, die zur Überfischung beitragen, soll nachverhandelt werden. "Dennoch ist es uns am Ende gelungen, einen für alle 164 WTO-Mitglieder tragbaren Kompromiss zu finden und damit einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigkeit in der globalen Fischerei zu leisten", sagte Staatssekretär Philipp. Die für nachhaltige Fischerei engagierte Organisation Pew Charitable Trusts war zufrieden. Es sei ein Wendepunkt im Kampf gegen eine der Hauptursachen der weltweiten Überfischung. (dpa/okb)

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