An diesem Freitag wird es für viele Pendler und Reisende wieder stressig: Die Gewerkschaft EVG will mit neuerlichen Warnstreiks den Regional- und Fernverkehr lahmlegen. Kurz vor den anstehenden Gesprächen mit der Bahn liegen beide Seiten noch weit auseinander.

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Pendler und Reisende müssen sich an diesem Freitag erneut auf weitreichende Einschränkungen im Fern- und Regionalverkehr der Deutschen Bahn und anderer Verkehrsunternehmen einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat im laufenden Tarifstreit der Bahnbranche zu mehrstündigen Warnstreiks aufgerufen.

Zwischen 3:00 Uhr am Freitagmorgen und 11:00 Uhr am Vormittag sollen die Beschäftigten in sämtlichen Bahnbetrieben, in denen verhandelt wird, die Arbeit niederlegen. "Dass wir zu diesem Mittel greifen müssen, haben allein die Arbeitgeber zu verantworten, die sich bislang konstruktiven Tarifverhandlungen verweigern", teilte die Gewerkschaft am Mittwochmorgen mit.

Die EVG steht derzeit mit rund 50 Bahnunternehmen in Tarifverhandlungen, darunter mit der Deutschen Bahn. Dort sollen die Gespräche in der kommenden Woche fortgesetzt werden.

Bahn-Sprecher rät Reisenden zur Umplanung

Auf der Schiene hat die Deutsche Bahn ihre Fahrgäste bereits auf "erhebliche Einschränkungen" eingestellt. Insbesondere im Fernverkehr sei der Tag "mehr oder weniger gelaufen", sagte Konzernpersonalvorstand Martin Seiler am Mittwoch in Berlin. "Alle, die umplanen können, sollten das tun."

Auf der DB-Webseite hieß es am Mittwochvormittag, dass der Fernverkehr von 3.00 Uhr bis 13.00 Uhr eingestellt werde. Danach solle er schrittweise wieder hochgefahren werden. "Der DB-Regionalverkehr fällt vormittags weitestgehend aus", hieß es in dem Online-Hinweis für die Fahrgäste.

"Wir werden wie immer für unsere Reisenden so viel wie möglich an Kulanz bereit stellen", betonte Seiler. Auf der Webseite teilte der Konzern mit: "Alle Fahrgäste, die ihre für 21.04.2023 geplante Reise aufgrund des Streiks der EVG verschieben möchten, können ihr bis einschließlich 18.04.2023 gebuchtes Ticket für den Fernverkehr ab sofort und bis einschließlich 25.04.2023 flexibel nutzen." Sitzplatzreservierungen könnten kostenfrei storniert werden.

"Uns geht es auch nicht darum, Fahrgäste zu bestrafen", sagte EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay. "Im Gegenteil: Uns geht es nur darum, den Druck auf den Arbeitgeber zu erhöhen." Trotzdem sei man bereit, die Streikaktionen "massiv auszuweiten", sagte Ingenschay weiter.

Man setze ein "deutliches Zeichen, dass wir nicht die Fahrgäste sondern die Unternehmen treffen wollen, indem wir diesmal zu einem zeitlich befristeten Warnstreik in den frühen Morgenstunden aufrufen", teilte Ingenschay weiter mit. Gleichwohl dürfte insbesondere der Fernverkehr der Deutschen Bahn den ganzen Tag über weitgehend zum Erliegen kommen, weil die Züge am Morgen nicht auf die Strecke gebracht werden können.

EVG hat sich nicht mit Verdi abgesprochen - Streik auch im Flugverkehr

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft hat sich eigenen Angaben zufolge vor dem erneuten Warnstreik im Schienenverkehr nicht mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi abgesprochen.

"Das haben wir nicht getan, da gibt es keine Abstimmung dieses Mal", sagte EVG-Tarifvorstand Kristian Loroch am Dienstag auf einer Pressekonferenz auf eine entsprechende Frage. Dass nun am Freitag zeitgleich im Luft- und Schienenverkehr gestreikt werde, sei ein Zufall.

Die Gewerkschaft Verdi hat derweil für Donnerstag und Freitag die Beschäftigten im Luftsicherheitsbereich, in der Fluggastkontrolle, der Personal- und Warenkontrolle und in Servicebereichen an den Flughäfen Düsseldorf, Hamburg und Köln/Bonn zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen.

EVG setzt Verhandlungen mit Transdev fort

Die EVG setzt an diesem Mittwoch ihre Verhandlungen mit dem Eisenbahn-Unternehmen Transdev fort. In der kommenden Woche sollen die Gespräche auch bei der Deutschen Bahn weiter gehen, die besonders im Fokus steht. Die Arbeitnehmervertreter fordern in den Verhandlungen mit der Branche für die Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen sowie eine Laufzeit von zwölf Monaten. Derzeit verhandelt die Gewerkschaft in zweiter Runde nach und nach mit rund 50 Eisenbahn-Unternehmen.

Einen ersten Warnstreik hatte die EVG bereits Ende März gemeinsam mit der Gewerkschaft Verdi organisiert. Damals lag nicht nur der Regional- und Fernverkehr auf der Schiene, sondern auch der Luft- und Wasserverkehr still. Verdi verhandelt derzeit mit Bund und Kommunen über mehr Geld für die rund 2,5 Millionen Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben unabhängige Schlichter am vergangenen Wochenende eine Lösung vorgeschlagen. Dieser sieht zunächst einen steuer- und abgabefreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 3.000 Euro vor. Ab März 2024 soll es dann einen Sockelbetrag von 200 Euro sowie anschließend ein Lohnplus von 5,5 Prozent geben.

Die Bahn hatte zuletzt deutlich gemacht, dass sie einen Kompromiss in dieser Höhe auch für die Bahnbranche für denkbar hält. So könne man in der nächsten Verhandlungsrunde am 25. April in Fulda schnell zu einem Abschluss kommen, teilte das Unternehmen am Sonntag mit. Die EVG wiederum hat eine solche Tariflösung für die eigene Branche umgehend abgelehnt. (dpa/ank/lko)

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