Nach dem sogenannten "Weihnachtsfrieden" nimmt der Tarifstreit bei der Deutschen Bahn wieder Fahrt auf: Von Mittwoch bis Freitag will die Lokführergewerkschaft GDL im Personenverkehr streiken. Die Bahn ruft die Fahrgäste auf, ihre Reisen zu verschieben.
Die Deutsche Bahn (DB) will während des Streiks der Lokführergewerkschaft GDL von Mittwoch bis einschließlich Freitag einen Notfahrplan anbieten. Sie rief am Sonntagabend aber die Fahrgäste auf, geplante Fahrten während des Streiks von Mittwoch bis Freitag zu verschieben. "Der Notfahrplan sichert nur ein sehr begrenztes Zugangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr der DB. Bitte sehen Sie von nicht notwendigen Reisen während des GDL-Streiks ab und verschieben Sie Ihre Reise auf einen anderen Zeitpunkt", hieß es in einer Online-Information.
Alle Fahrgäste, die ihre für den Streik-Zeitraum geplanten Reisen verschieben möchten, können ihr Ticket laut DB zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden. Zudem haben Fahrgäste die Möglichkeit, ihre Reise vorzuverlegen und bereits am Montag oder Dienstag zu fahren.
DB plant längere Züge – Mitfahrt nicht garantiert
Im Rahmen des Notfahrplans will die DB laut einer Mitteilung im Fernverkehr längere Züge mit mehr Sitzplätzen einsetzen, um möglichst viele Menschen an ihr Ziel bringen zu können. "Dennoch kann eine Mitfahrt nicht garantiert werden", teilte der Konzern mit.
Im Regionalverkehr sei es das Ziel, ein stark reduziertes Angebot zu fahren. "In welchem Umfang dies möglich ist, unterscheidet sich regional stark. In jedem Fall wird es auch im Regionalverkehr massive Einschränkungen geben", hieß es. Die Reisenden wurden gebeten, sich 24 Stunden vor Antritt einer Fahrt an den Streiktagen erneut über ihre Reiseverbindung zu informieren, ob die Verbindung verfügbar ist.
Notfahrplan in Arbeit
Der Notfahrplan für den Fernverkehr soll laut Mitteilung im Laufe des Montags in den digitalen Auskunftssystemen abrufbar sein. Darüber hinaus will die DB ab Montagmittag eine kostenlose Sonderhotline unter 08000 99 66 33 einrichten.
Die GDL hat die Beschäftigten der Bahn, des Unternehmens Transdev sowie der City Bahn Chemnitz für die Zeit von Mittwoch, 2.00 Uhr, bis Freitag, 18.00 Uhr, zum Streik aufgerufen. Bei DB Cargo soll der Ausstand bereits am Dienstagabend um 18.00 Uhr beginnen. Die Deutsche Bahn hat einen Eilantrag beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main angekündigt, um die Arbeitsniederlegung per einstweiliger Verfügung zu stoppen.
GDL: "Weihnachtsfrieden" ist beendet
Mit dem neuerlichen Streik auf der Schiene meldet sich die GDL nach dem sogenannten "Weihnachtsfrieden" zurück. Die Gewerkschaft hatte Arbeitskämpfe über die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel bis einschließlich zum 7. Januar ausgeschlossen. Nun folgt der dritte und längste Ausstand in der laufenden Tarifauseinandersetzung.
"Der DB-Konzern hat den Weihnachtsfrieden nicht genutzt, um mit einem verhandlungsfähigen Angebot Arbeitskampfmaßnahmen entgegenzuwirken", teilte die GDL mit.
Warnstreik im Dezember
Bereits zwei Mal legte die GDL bisher mit Warnstreiks große Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahm. Nachdem die Gewerkschaftsmitglieder im Dezember per Urabstimmung zugestimmt haben, kann die GDL jetzt zu längeren Streiks aufrufen.
Die Fronten im Tarifkonflikt bleiben verhärtet. Die Verhandlungen mit der Bahn und auch mit dem Wettbewerber Transdev hat die GDL bereits im November für gescheitert erklärt. Als Knackpunkt gilt die Forderung der GDL nach einer Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich.
Bahn geht auf Arbeitszeitreduzierung ein
Zwar hatte die Bahn ihr bisheriges Angebot am Freitag noch einmal erweitert. Dabei griff sie erstmals die von der GDL geforderte Arbeitszeitreduzierung auf. Von dem ebenfalls geforderten vollen Lohnausgleich will Konzern-Personalvorstand Martin Seiler aber weiterhin nichts wissen.
Die Bahn hatte am Freitag vorgeschlagen, bestehende Wahlmodelle bei der Arbeitszeit auszuweiten. Bisher können sich Beschäftigte entscheiden, ob sie etwa mehr Geld, mehr Urlaub oder weniger Wochenarbeitstage haben wollen. Sie könnten etwa von 39 auf 37 Wochenstunden verringern, bekämen dafür aber 5,7 Prozent weniger Lohn. Die Bahn bietet nun an, die Wochenarbeitszeit in diesem Modus bis zu 35 Stunden reduzieren zu können. Wer möchte, könnte zudem für etwas mehr Geld auch bis zu 40 Stunden pro Woche arbeiten. Wer sich für kürzere Arbeitszeiten entscheide, müsse dafür aber Abstriche bei einer tariflich vereinbarten Lohnerhöhung machen, betonte Seiler. Den von der GDL geforderten vollen Lohnausgleich lehnt der Konzern damit weiterhin ab.
"Wie weltfremd und entfernt vom Arbeitgeber muss der Personalvorstand sein, ein Teilzeitmodell anzubieten, das vom Arbeitnehmer selbst finanziert wird?", kritisierte GDL-Chef Claus Weselsky daraufhin.
DB-Klage gegen die GDL verschärft Lage
Dass die Bahn vor kurzem Klage gegen die GDL vor dem Landesarbeitsgericht in Hessen eingereicht hat, dürfte nicht zur Entschärfung des Konflikts beigetragen haben - auch wenn es darin nur am Rande um die konkreten Tarifthemen geht. Vielmehr will die Bahn damit gegen die Genossenschaft Fairtrain vorgehen, die die GDL im Sommer gegründet hatte.
Ziel der Leihfirma ist es laut Weselsky, Lokführer von der Bahn abzuwerben und sie zu eigenen Tarifbedingungen an Eisenbahnunternehmen zu verleihen. Die Bahn sieht darin einen Interessenkonflikt und stellt die Tariffähigkeit der GDL infrage, die aus Sicht des Konzerns nun sowohl als Arbeitgeber als auch als Gewerkschaft auftritt.
In dem Rechtsstreit geht es nur am Rande um konkrete Fragen aus dem Tarifstreit. Doch er könnte Auswirkungen haben auf einen künftigen Tarifabschluss, den die Bahn weiterhin mit der GDL anstrebt. (dpa/cgo)
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.