Moderne Straßen, zuverlässige Züge, ein stabiles Telefonnetz. Lange waren das Standortvorteile für Deutschland. Und heute? Deutlich mehr Unternehmer als noch vor fünf Jahren beklagen in einer Studie, dass schlechte Infrastruktur die Wirtschaft behindert.
Eine wachsende Zahl deutscher Unternehmen klagt nach einer neuen Studie über schlechte Straßen, Funklöcher und lahme Internetverbindungen.
Gut 68 Prozent von 2.600 befragten Unternehmen sehen ihre Geschäfte durch Mängel der Infrastruktur beeinträchtigt, wie das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln in einer Umfrage ermittelt hat. Das waren zehn Prozentpunkte mehr als fünf Jahre zuvor. Die größten Probleme verursachen demnach Straßen und Kommunikationsnetze.
Bauwirtschaft und Dienstleister klagen am lautesten
Allerdings sind die Probleme nicht überall gleich ausgeprägt. Die schlechtesten Straßen gibt es demnach in Nordrhein-Westfalen, wo sogar 78 Prozent der Firmen Infrastrukturmängel beklagten. Noch einmal schlechter als im NRW-Durchschnitt würden die Straßen im Ruhrgebiet bewertet, sagte Thomas Puls, einer der Studienautoren.
Bei Mobilfunk und Internet gibt es in Ostdeutschland den größten Frust: Dort bemängelt fast ein Drittel der Firmen sogar "deutliche Beeinträchtigungen", wie es in der Studie heißt.
Der Norden mit Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Bremen schneidet vergleichsweise gut ab, dort sieht sich lediglich ein knappes Viertel der Unternehmen deutlich beeinträchtigt. "Insgesamt ist das aber ein ziemlich flächendeckendes Problem", sagte Puls.
Am stärksten beeinträchtigt fühlen sich laut Studie die auf gute Straßen angewiesene Bauwirtschaft und die Dienstleistungsbranche.
Nicht Geld fehlt, sondern Personal
"Bei den Straßen gibt es die meisten Probleme auf kommunaler Ebene", sagt Heiko Stiepelmann, Vize-Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie. "Im kommunalen Bereich hat sich der Investitionsstau in den vergangenen Jahren eher noch vergrößert."
Der Bund hingegen unternehme große Anstrengungen, Bundesstraßen und Autobahnen zu modernisieren. "Das muss man anerkennen, das unterstützen wir sehr."
Momentan aber tragen die Milliardeninvestitionen des Bundes in die Fernstraßen sogar zur schlechten Bewertung bei, wie aus der IW-Studie hervorgeht. "Denn mehr Baustellen bedeuten zunächst einmal mehr Staus und betriebliche Beeinträchtigungen", heißt es in dem Papier.
Die Wissenschaftler sehen das Hauptproblem nicht in fehlendem Geld für den Straßenbau: Haupthindernisse sind laut Studie fehlendes qualifiziertes Personal in den Behörden und die Tücken des komplizierten Planungsrechts, das Baumaßnahmen verlangsamt.
Bürokratie behindert Breitbandausbau
In Sachen Telekommunikation sieht der Digitalbranchenverband Bitkom die Lage keineswegs schwarz, fordert aber einen flotteren Ausbau schneller Internetverbindungen. "Der Ausbau des Breitbandes in Deutschland ist besser als sein Ruf, denn Deutschland ist hier in den vergangenen Jahren gut vorangekommen", sagte Verbandspräsident Achim Berg.
Die Anforderungen an die Netze steigen nach Worten des Bitkom-Chefs jedoch "von Tag zu Tag".
"Deswegen ist es wichtig, dass der Glasfaserausbau weiter entschlossen vorangetrieben wird, Gewerbegebiete müssen dabei vorrangig versorgt werden", so die Forderung.
Die Hauptkritik bei Bitkom: "Der Dschungel an bürokratischen Vorschriften und behördlichen Genehmigungsverfahren verhindert vielerorts einen schnellen Glasfaserausbau." © dpa
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