Beim Klimagipfel in Kattowitz haben Experten gerade darüber beraten, wie sich die Erderwärmung aufhalten lässt. Eine zentrale Rolle spielt dabei der Verkehr, der für ein Viertel der klimaschädlichen Emissionen verantwortlich ist. Höhere Spritpreise könnten mehr Menschen dazu bringen, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen. Doch ist so ein Schritt wirklich sinnvoll - und überhaupt durchsetzbar?

Ein Interview

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Herr Creutzig, für Sie als Professor für nachhaltige Ökonomie: Ist die Art, wie wir uns fortbewegen, noch zukunftsfähig?

Felix Creutzig: Mit Blick auf die Umwelt sicherlich nicht. Natürlich ist die Mobilität in Deutschland ziemlich hoch - das ist sehr positiv zu sehen. Aus Klimasicht ist der Transportsektor aber das Sorgenkind, weil die Emissionen in diesem Bereich sogar ansteigen. Dabei müssten sie eigentlich dramatisch sinken, um das Zwei-Grad-Ziel erreichen zu können.

Wie ist dieser Anstieg bei den Verkehrsemissionen zu erklären?

Erstens gibt es eine größere Nachfrage nach Verkehrsleistung - die Menschen legen also mehr Kilometer zurück. Zweitens werden die Autos immer schwerer und größer. Das bedeutet, dass häufig nur eine Person mit 2 oder 2,5 Tonnen Stahl durch die Gegend transportiert wird. Das ist nicht nur ineffizient, sondern führt auch zu höheren Emissionen.

Welche Maßnahmen wären sinnvoll?

Man bräuchte einen Mix von Maßnahmen. Dazu gehört zuerst eine Verbesserung der Angebote für andere Verkehrsmittel - damit es attraktiver wird, auf den öffentlichen Nahverkehr oder das Rad umzusteigen. Breite und sichere Fahrradwege sind ein zentraler Punkt einer umweltfreundlichen Verkehrspolitik, aber sie werden leider immer noch stiefmütterlich behandelt.

Höhere Preise für Treibstoffe sind aber ebenfalls ein zentraler Punkt. Eine CO2-Besteuerung könnte zum Beispiel dazu führen, dass die Emissionen sinken. Wahrscheinlich wird das am Ende notwendig sein.

Führen höhere Preise denn wirklich zu niedrigeren Emissionen?

Ja. Das zeigen Studien zu den Steuervorteilen für Diesel-Kraftstoff. Würde dieses Privileg wegfallen und würden sich die Diesel- den Benzinpreisen angleichen, könnten Emissionen in einer Größenordnung von zehn Prozent eingespart werden.

Ein Mindestpreis auf CO2-Emissionen im Autoverkehr wäre also sehr wünschenswert. Eine City-Maut wäre noch zielführender. Also ein Preis im städtischen Autoverkehr, der nicht nur CO2-Emissionen, sondern auch gesundheitsschädigende Luftverschmutzung, Lärm und Platzverbrauch einbezieht.

Allerdings zeigen die Proteste in Frankreich auch, dass höhere Treibstoffpreise unbeliebt sind. Betroffen sind davon häufig Menschen, die ihr Auto dringend brauchen.

Deswegen ist es wichtig, attraktive Alternativangebote zu schaffen. Außerdem sollten Steuererhöhungen auf Treibstoffe nicht einfach dazu verwendet werden, die Staatskassen zu füllen. Das Geld müsste zum Steuerzahler zurückfließen - sodass Preiserhöhungen aufgefangen werden.

Wie könnte das funktionieren?

Eine Möglichkeit wäre eine Mobilitätspauschale, die als Ausgleich für höhere Spritpreise an die Steuerzahler gezahlt wird. Dann würden sie höhere Spritpreise nicht als Abzocke wahrnehmen. Gleichzeitig gäbe es aber einen Anreiz für ein anderes Mobilitätsverhalten.

Der Staat würde den Bürgern klarmachen: Das ist Klimaschutz. Wir wollen in den nächsten 50 Jahren nicht immer nur an Hitzesommern leiden. Dazu müssen wir auch bereit sein, etwas zu ändern. Diese Botschaft muss schon rüberkommen.

Glauben Sie, dass ein Volk von Autofahrern das mitmacht? Sie haben es ja angesprochen: Bei den Autos sind derzeit besonders die Sprit schluckenden SUVs beliebt.

Der Trend zu größeren Autos hängt auch mit der Angebotspolitik der Automobilhersteller zusammen. Außerdem bevorzugen die EU-Regeln bisher schwerere Autos. Das ist sicherlich auch ein Fehler. Man kann also nicht einfach sagen: Ihr seid die bösen Autofahrer. Aber es ist auch klar: Klimaschutz ist ein gemeinschaftliches Unterfangen, zu dem jeder etwas beitragen kann.

Viele Ansätze für nachhaltigere Mobilität sind vor allem in Städten umsetzbar. Auf dem Land sieht es aber anders aus - da sind viele Menschen auf ein Auto angewiesen.

Das ist ein zentraler Punkt. Die Alternativangebote müssten sich gerade in ländlichen Gebieten verbessern - etwa mit sehr flexiblen Ruftaxis oder besseren Sharing-Modellen. Diese Angebote müssten als Kompensation für höhere Treibstoffpreise auf jeden Fall ausgebaut werden.

Deswegen wäre es auch eine schlechte Herangehensweise, einfach nur die Preise zu erhöhen. Man müsste sich anschauen: Wer hat darunter zu leiden? Und wie kann man die Mobilität für die ländlichen Regionen verbessern? Eine City-Maut hätte den Vorteil, dass sie die gesundheitsschädigende Umweltverschmutzung in Städten adressiert, aber keine Auswirkungen auf den ländlichen Autoverkehr hat.

Zur Person:
Prof. Dr. Felix Creutzig leitet die Arbeitsgruppe Landnutzung, Infrastruktur und Transport am "Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change" in Berlin. Die Forschungseinrichtung wurde von der Stiftung Mercator und dem Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung gegründet und beschäftigt sich mit der Frage, wie natürliche Ressourcen nachhaltiger genutzt werden können. Zudem ist Creutzig ist Professor an der Technischen Universität Berlin.
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