Kaum etwas fliegt mehr und dem Geld für den stornierten Flug muss man monatelang hinterherlaufen: Der Corona-Zusammenbruch strapaziert Flugpassagiere. Und nicht nur bei ihnen wächst der Ärger.
Bei den Kunden steigt der Frust über annullierte Flüge und abgesagte Bahnfahrten in der Coronakrise. Das macht die stark angestiegene Zahl an Kundenbeschwerden deutlich.
Allein an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) haben sich in den vergangenen Wochen mehr als dreimal so viele Verbraucher gewandt wie im Vorjahreszeitraum.
Die Folgen der Pandemie hinterlassen deutliche Spuren in der Bilanz der Einrichtung, deren Zahlen der Deutschen Presse-Agentur vorliegen: Im ersten Halbjahr stieg die Zahl der Beschwerden demnach um 23 Prozent auf den Rekordwert von 14.647.
Corona-Absagen: Fluggesellschaften ziehen Zorn der Kunden auf sich
Vor allem Flüge sorgen dabei für Ärger. Denn in vier von fünf Fällen geht es um Beschwerden bei Airlines. Kunden wollten ihr Geld zurück, weil sie nicht fliegen konnten.
"Sehr viele Reisende haben sich an die Airline gewandt und nichts oder erst nach Wochen etwas gehört", sagte der Geschäftsführer der Schlichtungsstelle, Heinz Klewe. "Wenn wir dann das Schlichtungsverfahren gestartet haben, war meist schnell alles paletti."
Eigentlich müssen Fluggesellschaften das Geld für ausgefallene Flüge innerhalb von sieben Tagen erstatten. Weil der Flugverkehr in der Coronakrise jedoch nahezu komplett zusammenbrach, gerieten viele Airlines in Geldnot. Kurzarbeit verzögerte zudem die Bearbeitung der Beschwerdeflut.
Den Zorn der Kunden zogen Fluggesellschaften damit auf sich, dass sie zunächst versuchten, die Passagiere mit Gutscheinen abzufinden. Die EU-Kommission stellte jedoch klar, dass das Geld zu erstatten sei. Auch Verbraucherzentralen hatten von steigenden Beschwerdezahlen berichtet.
Viele wollen wegen Corona nicht mehr Bahn fahren
Anders als am Himmel blieb auf der Schiene ein Großteil des Verkehrs erhalten. Bahnkunden konnten fahren - viele wollten aber nicht, weil sie sich vor einer Ansteckung fürchteten oder weil ihre Reisegründe wegen der Seuche wegfielen.
2.308 Bahnkunden haben sich von Januar bis Juni an die Schlichtungsstelle gewandt, 61 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2019. "Viele Bahnkunden sind verärgert", erklärte Klewe.
Der Konzern hatte den Kunden anfangs Gutscheine für vor dem 13. März gebuchte Fahrten gewährt, die drei Jahre gültig sind. Für Fahrten nach dem 4. Mai verfallen die Guthaben jedoch schon nach dem 31. Oktober.
Die gebuchte Verbindung könne dabei nicht verändert werden, erläuterte Klewe. Falle der eigentliche Reisezweck weg, etwa ein Konzertbesuch, habe es für die Kunden auch keinen Sinn, die Reise zu verschieben.
Schlichtungsstelle verzeichnet hohe Erfolgsquote
Die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) ist von der Bundesregierung als Schlichtungsstelle für Bahn, Luftverkehr, Fernbus und Schiff anerkannt. Zum größten Teil geht es um eine Entschädigung bei Verspätungen oder Ausfällen von Flügen und Bahnfahrten.
Rund 400 Verkehrsunternehmen beteiligen sich an dem Schlichtungsverfahren, das sie selbst finanzieren. Für Verbraucher ist es kostenlos. 2019 konnte nach Klewes Worten in rund 90 Prozent der Fälle eine Einigung gefunden werden. (dpa/thp)
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