In den nächsten Tagen wird Uli Hoeneß seine Gefängnisstrafe wegen Steuerhinterziehung in der JVA Landsberg antreten. Das Leben des Ex-Präsidenten des FC-Bayern München wird sich dann schlagartig ändern. Wie sich der prominente Steuersünder Hoeneß derzeit fühlt, kann sich ein ehemaliger Insasse der JVA Landsberg genau vorstellen. Exklusiv für unser Portal schildert er, wie es ihm bei seinem eigenen Haftantritt ergangen ist (im kursiven Text).
Uli Hoeneß ist wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Bis spätestens Ende Mai muss er seine Strafe antreten, voraussichtlich in der JVA Landsberg. Das Datum des Haftantritts ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Wohl auch, weil der ehemalige Präsident des FC Bayern München bereits seine Privatsphäre verletzt sah, als das Gefängnis in Landsberg Journalisten Zutritt zu den Zellen gewährte.
Auch was hinter den Mauern der JVA Landsberg passiert, wenn
Ich bin dankbar für den Sichtschutz des großen grün-weißen Busses, in dem ich zur JVA Landsberg gebracht werde. Neben mir sitzt Juri*, ein Drogendealer aus Russland. Daneben Alex*, Mitglied eines Rockerclubs und wegen wiederholter, schwerer Körperverletzung inhaftiert. Der ältere Herr ganz links starrt apathisch mit glasigen Augen aus den schmalen, zerkratzen Fenstern nach draußen auf vorbeihuschende 60er-Jahre-Fassaden und teilnahmslose Passanten.
Die ersten Stunden im Gefängnis
Auf der Homepage des Justizvollzugs in Bayern findet sich ein Text, in dem die erste Woche in der JVA am Beispiel Niederschönenfeld dargestellt wird. Nach dem Aufnahmeverfahren, bei dem Personalien, Strafdauer "und anderes" festgehalten werden, erhalten die Gefangenen ihre Gefangenenbuchnummer, "die sie unbedingt bei allen Eingaben, Antragsscheinen und sonstigem Schriftverkehr innerhalb der Anstalt anführen müssen, weil diese Ihrer Identifizierung dient." Auch Hoeneß wird so eine Nummer erhalten. Dazu wird er Anstaltskleidung tragen und sich untersuchen lassen müssen.
Ein Metalltor öffnet sich elektrisch, es geht weiter zum nächsten Kontrollpunkt, anschließend ins Innere der JVA. Vor dem Zugangsgebäude hält der Bus, wir steigen aus. Taschenkontrolle, sporadisches Abtasten. Nach einem kurzen Aufenthalt in einem ungeheizten Warteraum geht es zum Einkleiden in die Kammer. Zunächst jedoch Ausziehen bis auf die Haut und unter die Dusche. Moslems dürfen hier ihre Unterhose an behalten, doch die anschließende Suche nach am- oder im Körper versteckten Drogen bleibt auch Ihnen nicht erspart. Hämisches Grinsen der Beamten in schlecht gebügelten Oberhemden. Die Knast-Klamotten sind schäbig, verwaschen, mehrfach schlecht ausgebessert und es drängt sich der Eindruck auf, dass Konfektionsgrößen keine Rolle spielen. Alles schlabbert, die Schuhe drücken. 'Kleider machen Leute', denke ich mir und die Leute, zu denen ich nun gehöre, haben offenbar keinen Anspruch auf passende Kleidung. Wozu auch. Nach einer weiteren Wartezeit ein erstes Aufnahmegespräch mit einer Sozialarbeiterin. "Sind Sie suizidgefährdet? Können Sie arbeiten? Gesundheitliche Einschränkungen?"
Die Fragen der Sozialarbeiterin dienen dazu, "die Persönlichkeit und die Lebensverhältnisse des Gefangenen zu erforschen", wie es im Paragraf 6 des Strafvollzuggesetzes heißt. Nach dieser ersten Untersuchung und einem Fototermin ist die Aufnahme in das Gefängnis vorläufig vorbei. Die Häftlinge dürfen ihre Zellen im Zugang, wo sie die ersten Wochen verbringen, beziehen. Weitere Untersuchungen folgen in den nächsten Tagen.
Beim anschließenden Fototermin muss ich kurz lächeln. Der Beamte wundert sich, als er auf den Auslöser drückt. Offenbar wollen die meisten Anderen möglichst bedrohlich erscheinen. "Sie sind ja wegen einer Lappalie hier", versucht er zu scherzen. "Ja, aber jetzt bin ich nun mal da, hilft ja nichts", entgegne ich möglichst freundlich. "Sie werden sich schon daran gewöhnen, aber eine Sonderbehandlung gibt es nicht. Im Knast gibt es keine Business-Class!"
Ein Leben ohne Luxus
Eigene Gegenstände, wie Bücher oder persönliche Luxusartikel dürfen die Gefangenen nicht mitbringen. Nur einzelne Bilder der Familie oder Gegenstände mit rein ideellem Wert sind erlaubt.
Kurz darauf werden wir in den Zugangstrakt geführt. Auf Wunsch kann man eine Zelle gemeinsam beziehen, was zwei Kumpels aus Albanien vorziehen. Ich liege allein. Gottseidank. Etagenbett, vergittertes Fenster, ein Tisch, zwei Stühle, Waschbecken mit blindem Spiegel und eine separierte Toilette. Tristesse pur und der Geruch nach frischem Desinfektionsmittel, gemischt mit altem Zigarettenrauch. Gemütlich ist anders. Aber die Heizung funktioniert. Wenig später gibt es Mittagessen. Ein Gefangener, der als Hausarbeiter tätig ist, serviert Suppe, Leberkäse und Kartoffelsalat im Blechnapf. Dazu kalter Tee. Das Abendessen wird gleich mit ausgegeben. Vier Scheiben Brot, Margarine und etwas Marmelade. Ein freundlicher Beamter klärt mich noch über den Ablauf der nächsten Tage auf. "In etwa zehn Tagen geht es ins Hauptgebäude, solange bleiben Sie im Zugang. Hofgang täglich eine Stunde, wenn Sie im Hauptgebäude sind, wird es mehr. Richten Sie sich auf eine Vierer-Zelle ein, Einzelzellen gibt es erst nach etwa zwei Monaten. Wir sind momentan ziemlich überfüllt. Morgen geht es dann noch zum Röntgen, zum Arzt und zum Zahnarzt. Gute Nacht!" Die Stahltür schließt mit einem lauten Dröhnen, der Schlüssel dreht sich öfter als nötig im Schloss. 'Zahnarzt', denke ich. Davor hatte ich als Kind schon Angst.
*Namen von der Redaktion geändert
(ska)
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