Nach langer Durststrecke schwenkt die Konjunktur in Deutschland wieder auf einen Wachstumspfad. "Ist die Rezession vorbei?", fragt ein Ökonom.
Die deutsche Wirtschaft ist nach einem monatelangen Hänger einer Umfrage zufolge wieder auf Wachstumskurs. Der vom Finanzdienstleister S&P Global ermittelte Einkaufsmanagerindex für Industrie und Dienstleister zusammen stieg im April auf 50,5 Punkte nach 47,7 Zählern im März, wie S&P Global am Dienstag in London mitteilte. Der Composite PMI genannte Indikator bewegte sich damit erstmals seit zehn Monaten wieder über der 50-er Marke und signalisierte den Angaben zufolge leichtes Wachstum.
Ausschlaggebend hierfür sei der Servicesektor, der nach der Stabilisierung im März so kräftig expandiert habe wie zuletzt im Juli 2023. Der Index Industrieproduktion verharrte hingegen im rezessiven Bereich. Er verbesserte sich jedoch den Angaben zufolge zum zweiten Mal hintereinander und kennzeichnete mit seiner Annäherung an das jüngste Januar-Hoch den schwächsten Produktionsrückgang seit einem Jahr.
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Der Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, kommentierte die Entwicklung mit den Worten: "Ist die Rezession vorbei?". Die Antwort sei nicht ganz einfach. "Zunächst einmal könnte es sein, dass sich die Rezession vor allem auf die Industrie konzentrierte, während die Gesamtwirtschaft knapp daran vorbeigeschrammt sein dürfte." Zweitens deute der PMI für das verarbeitende Gewerbe nicht darauf hin, dass sich das rezessive Bild in diesem Sektor signifikant geändert habe, auch wenn die Produktion etwas weniger stark geschrumpft sei, so de la Rubia. Das vielleicht Entscheidende sei schließlich, dass der Dienstleistungssektor recht robust ins zweite Quartal gestartet sei.
In der Eurozone hellt sich Stimmung auf
Auch andere Volkswirte äußerten sich positiv: "Die deutsche Wirtschaft zeigt Frühlingsgefühle", kommentierte Robin Winkler, Chefvolkswirt für Deutschland von der Deutschen Bank. Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, dämpfte die Stimmung mit Blick auf die schwache Industrie: "Die geopolitischen Unsicherheiten, der in Europa schwierige Umstieg auf die Elektromobilität und die hohen Zinsen lasten auf der Investitionstätigkeit." Die wirtschaftliche Erholung stehe damit auf tönernen Füßen.
In der Eurozone hat sich die Stimmung in den Unternehmen laut S&P weiter aufgehellt. Im April stieg der von S&P Global ermittelte Einkaufsmanagerindex um 1,1 Punkte auf 51,4 Zähler. Es ist der höchste Stand seit knapp einem Jahr. Die wichtige Kennzahl liegt damit weiter über der Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Die Wirtschaft der Eurozone habe sich berappelt und sei so stark gewachsen wie zuletzt vor knapp einem Jahr, hieß es. "Allerdings fiel das Wachstum nur moderat aus, und die Divergenz der beiden Sektoren blieb bestehen." (dpa/fah)
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