Anhand von Satellitendaten haben US-Forscher den kältesten Ort der Welt aufgespürt. Sie glauben, dass es auf der Erde kaum kälter werden kann. Als offizieller Kälterekord wird die Entdeckung dennoch nicht anerkannt.

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Minus 98 Grad Celsius – so kalt ist es am kältesten Ort der Erde. Diesen haben US-Wissenschaftler der University of Colorado in der Antarktis gefunden, nachdem sie Temperaturdaten von Satelliten der vergangenen Jahrzehnte ausgewertet haben.

Bei der Analyse der Datensätze aus den Jahren 2004 bis 2016 stieß die Forschungsgruppe um Ted A. Scambos schließlich in kleinen Senken der ostantarktischen Hochebene auf den neuen Kälterekord, wie sie nun im Wissenschaftsjournal "Geophysical Research Letters" berichten.

An rund 100 verschiedenen Stellen wurden in dieser Region Oberflächentemperaturen um die minus 98 Grad gefunden. Dabei wurde der niedrigste Wert von 98,6 Grad Celsius in der Polarnacht des 23. Juli 2004 gemessen. Polarnächte treten in der Zeit um die Wintersonnenwende auf, in der die Sonne mehrere Tage lang nicht zu sehen ist. Berechnungen der Forscher zufolge beträgt die Lufttemperatur an dieser Stelle etwa minus 94 Grad Celsius.

Offizieller Kälterekord von 89,2 Grad bleibt bestehen

Die ausgewerteten Daten stammen vom Infrarotspektrometer MODIS des Satelliten Terra. Dieses misst die Oberflächentemperatur mithilfe infraroter Strahlung, in diesem Fall direkt auf einer Eisschicht

Das ist nicht mit der Messmethode von Wetterstationen vergleichbar, welche die Temperaturen der Luft messen. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) erkennt den Kälterekord daher nicht an.

Laut WMO liegt der Rekord bei 89,2 Grad Celsius und wurde 1982 an einer russischen Forschungsstation in der Antarktis, rund zwei Meter über der Erdoberfläche gemessen.

Gibt es ein Temperatur-Limit auf der Erde?

Die Forschergruppe glaubt, dass die Temperaturen auf der Erde nicht tiefer als minus 98 Grad fallen können.

Weil die Tiefsttemperatur an verschiedenen Stellen gemessen und dabei nicht wesentlich unterschritten wurde, gehen die Forscher davon aus, dass es so etwas wie ein natürliches Temperatur-Limit auf der Erde gibt. "Der Rekord ist wohl das Kälteste, was an der Erdoberfläche auftreten kann", sagte Scambos.

Voraussetzung dafür, dass derartige Extremwerte erreicht werden können, ist neben einer wolkenlosen Polarnacht auch extrem trockene Luft. Unter diesen Bedingungen könne die Wärme der Oberfläche leichter ins Weltall abgestrahlt werden.

Dass die Tiefstwerte in tieferliegenden Senken entdeckt wurden, hängt damit zusammen, dass kalte Luft schwerer ist als warme. Die Schwerkraft hält die kalte Luft am Boden, diese sammelt sich schließlich an den tieferen Stellen.

Keine Überlebenschance für Menschen

Menschen haben bei diesen extremen Temperaturen keine Überlebenschance - Atmen wäre unmöglich. Bereits ab minus 15 Grad Celsius kann der Körper eingeatmete Luft nicht mehr ausreichend erwärmen, bevor sie die Lunge erreicht.

Hinzu kämen schwere Erfrierungen innerhalb weniger Sekunden, vor allem an Extremitäten wie Nase, Finger oder Zehen. Bereits bei "milderen" Temperaturen von minus 50 Grad, wie sie beispielsweise in Sibirien vorkommen können, ist der menschliche Körper ohne Schutz durch spezielle Funktionsbekleidung innerhalb von Minuten durchgefroren. (jwo)

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