Eier sollte man nur in Maßen essen und viel Trinken ist gesund: Es gibt etliche Ernährungsregeln, die auf den ersten Blick Sinn machen. Aber stimmen sie wirklich? In unserer neuen Reihe "Echter Ernährungstipp oder Mythos?" fühlen wir gängigen Ernährungsratschlägen auf den Zahn. Diesmal: Sollte man trinken, bevor man Durst hat?

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In vielen Köpfen schwirrt nicht nur zur heißen Jahreszeit herum: Man sollte so viel trinken wie möglich und am besten schon, bevor man Durst hat, um Flüssigkeitsmangel vorzubeugen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) gibt daher gleich mehrere Empfehlungen:

  • regelmäßig trinken
  • Rund 1,5 Liter am Tag, auf keinen Fall weniger als 1,0 Liter pro Tag
  • Zu jeder Mahlzeit ein Glas Wasser, aber auch zwischendurch
  • Bei Hitze oder körperlicher Anstrengung mehr trinken (zusätzlich 0,5 bis 1,0 Liter Wasser pro Stunde intensiver Aktivität)

Laut der DGE kann man nicht zu viel trinken: "Zu viel getrunkene Flüssigkeitsmengen schaden dem gesunden Organismus nicht", heißt es in der Broschüre "Richtig trinken - fit bleiben".

Ernährungswissenschaftler Uwe Knop widerspricht dem vehement. Seiner Meinung nach ist es "völliger Blödsinn, irgendwelche Wassermengen vorzugeben, die man am Tag trinken soll." Vielmehr sollten gesunde Menschen erst dann zur Wasserflasche greifen, wenn sie Durst verspüren. "Das ist der einzige Indikator, der wirklich zeigt, wann man Flüssigkeit braucht. Dafür ist der Durst gemacht." Ausnahme seien alte Menschen, da bei ihnen das Durstsignal oft nicht mehr richtig funktioniere.

"Man kann sich auch tottrinken"

Im Gegensatz zur DGE ist Knop der Meinung, dass man sehr wohl zu viel trinken könne: "Man kann sich nämlich auch tottrinken." Die sogenannte Hyponatriämie, ein zu niedriger Natriumspiegel im Blut, könne auftreten, wenn Menschen zu viel Wasser trinken. Dadurch werde dem Körper Salz entzogen, was sogar zu einem Hirnödem führen könne.

Beim Ironman in Frankfurt kam es in diesem Jahr tatsächlich zu einem Todesfall: Ein 30-jähriger Triathlet starb laut "fr-online" drei Tage nach dem Wettkampf, weil er zu viel natriumarmes Leitungswasser getrunken und gleichzeitig durch extremes Schwitzen viel Natrium verloren hatte. Der Wasser-Elektrolyt-Haushalt des Gehirns sei durch den Mineralstoffmangel gestört worden, sagte Leo Latasch, ärztlicher Rettungsdienstleiter beim Frankfurter Gesundheitsamt, dem Medium.

Uwe Knop bekräftigt in diesem Zusammenhang: "Gerade kam ein neues Konsensus-Papier heraus von 17 internationalen Experten, die selbst Leistungssportlern und Marathonläufern empfehlen, auf ihren Durst zu hören und nicht während des Wettkampfes dauernd zu trinken, um dem Durst vorzubeugen."

Vom Vortrinken hält Ernährungswissenschaftler Uwe Knop daher nichts: Die beliebte Angstmacher-Phrase "Wenn der Durst kommt, ist es schon zu spät!" sei frei erfunden, denn es gebe keinen einzigen Beweis dafür. "Das schürt lediglich Ängste vor einem essenziellen Körpergefühl, dem Durst."

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