Der Bauernverband geht gegen aus China importierten Biodiesel auf die Barrikaden. Der Verdacht: Dem Kraftstoff wird massenhaft geächtetes Palmöl beigemischt.

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Ungewöhnlich deutlich hat der Generalsekretär des deutschen Bauernverbands, Bernhard Krüsken, in einem Interview den Import von "Fake-Biodiesel" aus China in riesigem Umfang beklagt. Im Gespräch mit der Augsburger Allgemeine sprach er von einem Skandal und mutmaßlichem Betrug.

Biodiesel aus Palmöl

Hintergrund ist der massenhafte Import von Biodiesel aus China in die EU. Dieser ist in den vergangenen Jahren sprunghaft angestiegen. Mineralölfirmen in der EU nutzen den als Biodiesel deklarierten Kraftstoff aus China zur Beimischung in herkömmlichen Diesel, um damit im Rahmen der sogenannten THG-Quote die CO₂-Werte herunterrechnen zu können. Biodiesel kann dabei mehrfach auf diese Treibhausgasminderungsquote angerechnet werden, wenn er aus Altstoffen wie Abfall oder Restholz produziert wird.

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Der konkrete Vorwurf: China importiert im großen Stil Palmöl aus Ländern wie Indonesien, wo unter Vernichtung des Urwalds und mit enormen Umweltschäden Palmöl-Plantagen entstanden sind. In China soll das umweltschädliche Palmöl dann als Altfett umdeklariert werden, fertig ist der Bio-Kraftstoff. Dass eine solche Vorgehensweise sich schwerlich mit dem Umweltschutz-Gedanken der EU in Einklang bringen lässt, liegt auf der Hand. Doch die EU, so Krüsken im Interview, unternehme nichts gegen den mutmaßlichen Betrug.

Tatsächlich sind die Vorwürfe nicht neu. So berichtete das Branchenblatt agrarheute bereits im April 2023 von "offenbar falsch deklariertem "fortschrittlichem Biokraftstoff" aus China". Diesen "fortschrittlichen Biokraftstoff", angeblich aus Reststoffen produziert, dürfen die Mineralölfirmen doppelt auf die THG-Quote anrechnen, entsprechend begehrt ist die Ware in der Branche. Bereits damals, so das landwirtschaftliche Fachblatt, "wurden im Januar und Februar 2023 rund 455.000 Tonnen Biodiesel aus China als "fortschrittlicher Biokraftstoff" in die EU importiert. Das war doppelt so viel wie in den beiden Vorjahresmonaten". In der Zwischenzeit sind die Importe nochmals stark angestiegen.

Der Ärger über diese Zustände in der Bauernschaft ist nachvollziehbar. Nicht nur die betrügerische Deklarierung von aus umweltzerstörenden Plantagen gewonnenem Palmöl zum umweltfreundlichen Kraftstoff stößt den Landwirten auf. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage in der Mineralölindustrie nach einheimischen Grundstoffen zur Biodieselproduktion, wie zum Beispiel Rapsöl – das überdies nur einfach auf die THG-Quote angerechnet werden darf. Entsprechend sinken die Preise.

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Das undurchsichtige Geschäft mit angeblichem Bio-Treibstoff aus China steht aktuell im Zusammenhang mit einem weiteren unrühmlichen Betrug made in China. Offenbar haben deutsche Mineralölkonzerne massenhaft sogenannte UER (Upstream Emissions Reduction)-Zertifikate in China erworben. Diese Zertifikate beziehen sich auf Maßnahmen, die die Emissionen in der Produktionskette fossiler Brennstoffe reduzieren, bevor diese als Kraftstoff genutzt werden.

Milliardenschaden für Tankkunden

Doch die betreffenden Projekte in China gab es zum Großteil nur auf dem Papier. So entpuppte sich ein angebliches Vorzeigeprojekt aus der Mineralölproduktion in Wirklichkeit als verlassener Hühnerstall in einer Uiguren-Provinz. Das deutsche Umweltbundesamt hatte diesen "Betrieb", wie viele weitere auch, für UER-Zertifikate genehmigt. Das ZDF-Magazin Frontal sprach in diesem Zusammenhang von einem Betrug in Milliardenhöhe – bezahlt von deutschen Autofahrern. Denn die Kosten für die UER-Zertifikate schlagen die Ölkonzerne auf den Spritpreis auf. Alleine der uigurische Hühnerstall soll demnach deutsche Tankkunden als "Klima-Abgabe" rund 80 Millionen Euro gekostet haben.

Wenn Sie beim Tanken sparen wollen: In der Bildergalerie zeigen wir Ihnen die Spritpreise in unseren Nachbarländern.  © auto motor und sport

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