Ob kommunal, regional oder auf Autobahnen: Überall in Deutschland werden Brücken gebaut und saniert. Doch was kostet das überhaupt? Wir haben nachgeschaut.
Als am 14. August 2018 in Genua eine Autobahnbrücke einstürzte und dabei 43 Menschen starben, dürften viele gedacht haben: In Deutschland passiert so etwas sicher nicht. Nun, gut sechs Jahre später, dürfte nach dem Teileinsturz der Carolabrücke in Dresden ein großer Teil dieser Menschen anderer Meinung sein. Nur durch großes Glück und den Zeitpunkt des Unglücks um 2:59 Uhr morgens wurde niemand verletzt. Denn zur Wahrheit gehört auch: Täglich fahren etwa 40.000 Autos über die Brücke, auch Fußgänger, Radfahrer und Straßenbahnen sind hier unterwegs. Nur neun Minuten vor dem Einsturz fuhr die letzte Tram über die Carolabrücke.
Dass es gerade diese Brücke erwischt hat, erscheint im ersten Moment paradox, denn sie wurde erst kurz zuvor saniert. Allerdings nur der mittlere Brückenzug; der östliche wurde bereits von 2019 bis 2021 renoviert, der nun eingestürzte westliche sollte als Nächstes im kommenden Jahr folgen. Die Baukosten allein für den mittleren Zug der 375 Meter langen und 32 Meter breiten Elbbrücke betrugen Angaben der Stadt Dresden zufolge etwa 4,1 Millionen Euro.
20,7 Mio. Euro für die Carolabrücke
Das führt zu der Frage, was der Bau einer Brücke eigentlich kostet. Laut MDR plante die Stadt Dresden mit Kosten von 20,7 Millionen Euro für die gesamte Brücke; 8,4 davon sollten in die Modernisierung des dritten Brückenzuges investiert werden. Allerdings ist das keine Blaupause für andere Brückenbauvorhaben, denn die Sanierung der bereits 1892 bis 1895 erbauten Carolabrücke muss denkmalgerecht durchgeführt werden. Das treibt automatisch die Kosten in die Höhe und erklärt, warum die Sanierung der äußeren und damit sichtbaren Bereiche teurer ist als jene des mittleren Zuges.
Muss auf den Denkmalschutz keine Rücksicht genommen werden, geht es deutlich günstiger. Gaggenau im Badischen hatte es im Sommer und Herbst 2021 geschafft, die Konrad-Adenauer-Brücke für 970.000 Euro zu sanieren. Nach etwa drei Monaten war die längste Brücke der Stadt wieder für alle Verkehrsteilnehmer nutzbar. Für eine namenlose Allerweltsbrücke über die Bundesstraße 6 im niedersächsischen Himmelreich, die den Anschluss an die B 442 herstellt, musste der Bund dagegen ungefähr 19,7 Millionen Euro investieren. Hier wurde die vorherige Brücke allerdings abgerissen und durch einen Neubau ersetzt.
Grünbrücke? Zwischen 750.000 und 6 Mio. Euro
Wenn die Brücke keine Fahrzeuge tragen muss, sind die Baukosten naturgemäß niedriger, wenn auch oft nicht wirklich billig. Eine neu gebaute Fußgängerbrücke in Düsseldorf-Vennhausen, mit der Personen die südliche Düssel überqueren können, sollte zum Jahresbeginn 2020 eine halbe Million Euro kosten. Zu viel aus Sicht der Stadtverwaltung, die das Vorhaben erst einmal ablehnte. In Rheinland-Pfalz sitzt das Geld offenbar lockerer. Hier werden für Grünbrücken, auf denen Wildtiere Straßen sicher überqueren können, schon mal zwischen 750.000 (Dreis-Brück) und sechs Millionen Euro (Walmersbach) ausgegeben.
Noch viel größer ist das Spektrum bei den Autobahnbrücken. Wie stark die Kosten in einer Planungsphase explodieren können, zeigt exemplarisch das Beispiel der 453 Meter langen und 70 Meter hohen Rahmede-Talbrücke auf der A45 nördlich von Lüdenscheid. Lokalmedien zufolge wurden 2012 noch 18 Millionen Euro für deren Sanierung veranschlagt. Der Bau wird jedoch immer weiter hinausgezögert, bis Experten entdecken, dass sie viel baufälliger ist als angenommen. Im Februar 2022 liegen die kalkulierten Kosten bereits bei 80 Millionen Euro. Als im Oktober 2023 nach fast zweijähriger Sperrung endlich mit dem Bau begonnen wird, beträgt die Auftragssumme sogar 170 Millionen Euro, also fast das Zehnfache der ursprünglich geschätzten Kosten.
Die teuersten Brücken Deutschlands
Doch auch das lässt sich locker toppen, zum Beispiel vom Dauerärgernis A1-Rheinbrücke in Leverkusen. Als zum Jahresende 2017 der Spatenstich für die erste Bauphase erfolgte, kalkulierte die Landesregierung NRW allein für den ersten Bauabschnitt mit 740 Millionen Euro. Im Februar 2021 berichtete der "Kölner Stadt-Anzeiger", dass die Gesamtkosten zu diesem Zeitpunkt mit 962 Millionen Euro beziffert wurden. Im Sommer 2023 vergab die Autobahn GmbH den Auftrag für den zweiten Brückenteil schließlich für 426 Millionen Euro, was die Gesamtkosten auf fast 1,2 Milliarden Euro treibt. Der Fairness halber sei jedoch erwähnt, dass hier nicht nur die knapp 1,1 Kilometer lange Brücke, sondern auch das Autobahnkreuz Leverkusen-West erneuert sowie die A1 in diesem Bereich auf acht Fahrspuren ausgebaut werden.
Wer glaubt, die A1-Rheinbrücke sei damit die teuerste Brücke Deutschlands, sieht sich von der Scheffelbrücke in der baden-württembergischen Stadt Singen eines Besseren belehrt. Die nur 20 Meter lange und drei Meter hohe Balkenbrücke, welche die Bundesstraße 34 über die Radolfzeller Aach führt, kostete 1923 unfassbare 1,5 Billiarden Mark (in Ziffern: 1.520.940.901.926.024) – und damit etwa 76 Billionen Mark pro Meter. Geschichtskenner wissen jedoch: Die Brücke entstand in einer Zeit, in der es in Deutschland eine Hyperinflation gab. Als Mitte November eine Währungsreform durchgeführt wurde, entsprach eine Billion sogenannter Papiermark genau einer neuen Rentenmark. Wer nicht nach Superlativen jagt, beziffert die Baukosten der Scheffelbrücke also mit nur 1.520 (Renten-)Mark. © auto motor und sport
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