Ganzjahresreifen sparen das Reifenwechseln, aber es kursieren viele Missverständnisse und Vorbehalte. Zum Beispiel: Ganzjahresreifen sind ein Kompromiss, der weder im Sommer noch im Winter gut funktioniert. Alex Bloch räumt unter anderem mit diesem Vorurteil auf.
Ganzjahresreifen sind für viele Autofahrer eine bequeme Lösung: Sie sparen das lästige Wechseln zwischen Sommer- und Winterreifen. Trotz ihrer Popularität kursieren nach wie vor zahlreiche Missverständnisse rund um die Allrounder unter den Reifen. In diesem Artikel klären wir fünf der größten Irrtümer über Ganzjahresreifen auf und zeigen, warum diese in vielen Fällen nicht zutreffen.
Irrtum 1: Ein Reifen besteht nur aus Gummi und Ruß
Eine weit verbreitete Annahme ist, dass Reifen lediglich aus einer einfachen Mischung von Gummi und Ruß bestehen. Diese vereinfachte Vorstellung lässt vermuten, dass alle Reifen mehr oder weniger gleich aufgebaut sind – ein schwerwiegender Irrtum.
Richtigstellung:
Reifen bestehen aus hochkomplexen Mischungen, die mehr als 200 verschiedene Bestandteile enthalten können. Neben Natur- und Synthesekautschuk werden unter anderem Silica (Siliziumdioxid), Öle, Harze und Schwefel zur Verbesserung von Haftung, Elastizität und Haltbarkeit beigemischt. Silica zum Beispiel sorgt für eine bessere Nasshaftung und senkt gleichzeitig den Rollwiderstand, was den Kraftstoffverbrauch reduziert. Für Ganzjahresreifen werden Gummimischungen verwendet, die sowohl bei hohen Temperaturen im Sommer flexibel bleiben als auch bei Kälte im Winter die nötige Elastizität behalten. Ganzjahresreifen sind also weit mehr als eine einfache Gummi-Ruß-Mischung, sondern technisch sehr anspruchsvolle Produkte.
Irrtum 2: Ohne Lamellen geht nichts
Es gibt den Irrglauben, dass Ganzjahresreifen – wie Winterreifen – auf eine Vielzahl von Lamellen angewiesen sind, um auf Schnee und Eis zuverlässig zu funktionieren. Viele Autofahrer meinen, dass Reifen ohne Lamellen im Winter nutzlos wären.
Richtigstellung:
Lamellen sind kleine Einschnitte im Profil eines Reifens, die für zusätzlichen Grip auf Schnee und Eis sorgen. Allerdings sind Ganzjahresreifen so konzipiert, dass sie eine ausgeglichene Leistung in unterschiedlichen Wetterlagen bieten – das gilt für nasse Straßen, trockene Bedingungen sowie Schnee und Matsch. Tatsächlich haben Ganzjahresreifen weniger Lamellen als reine Winterreifen, da sie für eine breitere Einsatzpalette optimiert sind. Die Kombination aus breiten Rillen zur Wasserableitung, verstärkten Profilblöcken für die Sommernutzung und fein abgestimmten Lamellen sorgt für eine gute Traktion bei moderaten Winterbedingungen, ohne dass zu viele Lamellen die Stabilität auf trockenen Straßen beeinträchtigen.
Irrtum 3: Ganzjahresreifen sehen nicht gut aus
Ein weiteres Vorurteil ist, dass Ganzjahresreifen weniger ansprechend aussehen als speziell designte Sommerreifen, die oft als sportlicher oder eleganter empfunden werden.
Richtigstellung:
Das Aussehen eines Reifens ist zwar Geschmacksache, aber moderne Ganzjahresreifen haben in puncto Design deutlich aufgeholt. Hersteller achten mittlerweile nicht nur auf die Performance, sondern auch auf die Optik ihrer Reifen. Viele Ganzjahresreifen haben ein sportliches und dynamisches Profil, das mit modernen Sommerreifen durchaus mithalten kann. Die ausgeklügelte Profilgestaltung, die auf den ersten Blick robust erscheinen mag, hat zudem einen praktischen Nutzen: Sie sorgt für eine optimale Wasserverdrängung und guten Grip auf unterschiedlichen Fahrbahnen. Sportliche Felgen und ein ansprechendes Reifenprofil lassen auch Ganzjahresreifen attraktiv aussehen. Gerade für Fahrer, die Wert auf ein sportliches Erscheinungsbild legen, gibt es eine Vielzahl von Optionen.
Irrtum 4: Tests sind unnötig, weil eh alle Ganzjahresreifen gleich sind
Viele Autofahrer gehen davon aus, dass alle Ganzjahresreifen mehr oder weniger identisch sind. Da sie für das ganze Jahr gedacht sind, glauben manche, dass der Unterschied zwischen den einzelnen Modellen vernachlässigbar sei und Tests daher unnötig sind.
Richtigstellung:
Ganzjahresreifen unterscheiden sich stark in ihrer Performance – abhängig von der Gummimischung, dem Profil und der verwendeten Technologie. Es gibt erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen, was die Nasshaftung, den Rollwiderstand, die Verschleißfestigkeit und das Verhalten bei Schnee oder Trockenheit angeht. Regelmäßige Reifentests, die von Automobilclubs oder Fachzeitschriften durchgeführt werden, zeigen diese Unterschiede deutlich auf. Einige Modelle schneiden in bestimmten Kategorien deutlich besser ab als andere. So auch beim Test von 16 Ganzjahresreifen der Dimension 205/55 R16, den der ADAC im Sommer 2024 veröffentlicht hat (Ergebnisse siehe Bildergalerie). Da erhielt erstmals ein Modell (Goodyear Vector 4Seasons) das Testurteil "gut". Daher sind Tests ein unverzichtbares Werkzeug für Verbraucher, um den richtigen Reifen für ihre spezifischen Bedürfnisse auszuwählen. Gerade bei sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Reifen sollte man nicht auf die Überprüfung durch unabhängige Tests verzichten.
Irrtum 5: Ein Ganzjahresreifen macht auf einem sportlichen Fahrzeug keinen Spaß
Sportliche Fahrer sind oft der Meinung, dass Ganzjahresreifen nicht die nötige Performance und den Fahrspaß bieten, den sie von ihren Fahrzeugen erwarten. Sie glauben, dass diese Reifen zu wenig Grip haben und die Straßenlage beeinträchtigen.
Richtigstellung:
Zwar sind Ganzjahresreifen nicht auf maximale Performance bei extremen Geschwindigkeiten oder besonders sportlicher Fahrweise ausgelegt, doch viele moderne Modelle bieten beeindruckende Leistungen auch für sportlichere Autos. Hochwertige Ganzjahresreifen nutzen fortschrittliche Technologien wie verstärkte Flanken und spezielle Gummimischungen, um bei höherer Belastung Stabilität und Traktion zu gewährleisten. In Tests haben einige Ganzjahresreifen gezeigt, dass sie eine hervorragende Balance zwischen Komfort, Haftung und sportlichem Fahrverhalten bieten können. Zudem profitieren sportliche Fahrer, die ihr Auto auch im Winter nutzen möchten, von der Vielseitigkeit dieser Reifen. Wer gelegentlich sportlich fährt, muss also keineswegs auf den Fahrspaß verzichten. © auto motor und sport
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