Seit 2018 ruft BMW Fahrzeuge wegen Brandgefahr in die Werkstätten zurück – teilweise mehrfach. Jetzt kommen erneut weitere Fahrzeuge hinzu.

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BMW ruft wegen Brandgefahr erneut Dieselmodelle fast aller Baureihen der Baujahre 2021 und 2022 in die Werkstätten. Es ist die nächste Eskalationsstufe in einer ganzen Reihe von Rückrufen, die mit demselben technischen Problem in Zusammenhang stehen: Es geht um einen fehlerhaften Kühler für die Abgasrückführung (AGR) bei Fahrzeugen mit Dieselmotoren, der hierzulande potenziell in 798.930 Fahrzeuge eingebaut war oder ist.

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Letztmals rief der bayerische Autohersteller zum Jahresende 2020 aus demselben Grund etwa 145.000 Fahrzeuge in die Werkstätten. Laut BMW hatte man sich bereits im Oktober 2020 zu dieser Erweiterung des Rückrufs entschlossen, nachdem Untersuchungen Hinweise auf erneute Probleme ergeben hätten. Einige Fahrzeuge waren bereits im Rahmen der seit 2018 laufenden Rückrufaktion in der Werkstatt und mussten damals noch einmal dorthin. Das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) ging seinerzeit davon aus, dass bis zu diesem Zeitpunkt allein in Deutschland insgesamt 500.499 Fahrzeuge fast aller Baureihen betroffen waren.

AGR-Rückruf umfasst weitere Modelle

Nun kommen weitere knapp 298.500 Autos hinzu. Neuesten KBA-Erkenntnissen zufolge sind darin auch Minis mit Dieselmotoren sowie BMW-Modelle mit quer eingebauten Selbstzündern enthalten. Die Abarbeitung der Aktion läuft dagegen schleppend: Nach KBA-Auskunft waren bisher lediglich 46,6 Prozent aller derzeit betroffenen BMW in den Werkstätten. Der Hersteller bestätigt die Größenordnung: "Eine technische Aktion mit dieser Komplexität kann nur schrittweise in der Handelsorganisation abgearbeitet werden", so ein Sprecher. Bis zu deren Abschluss könnten noch "einige Jahre vergehen".

Die 2020er-Rückrufe waren unter den Codes 0011860500, 001187050, 0011880500 und 0011890500 bei BMW vermerkt. Aufgrund der vielen betroffenen Baureihen und Zeitpunkte haben sich in Bezug auf den Rückruf inzwischen fast 30 interne Codes angesammelt. Das KBA führt den Rückruf seit dem 18. November 2019 unter der Referenznummer 008124. Trotz der Brandgefahr wurde er anfangs nicht behördlich vom KBA überwacht. Das ist dieses Mal anders. Die Behörde nennt als Grund "ein aktiveres Mitverfolgen des Rückruf-Geschehens, das sich jetzt auch auf nicht sicherheitsrelevante Produkte erstreckt".

Im Extremfall: Autobrand

BMW zufolge kann bei Dieselfahrzeugen Glykol aus dem Kühler der Abgasrückführung (AGR) austreten. In Kombination mit typischen Ruß-Ablagerungen sowie unter den üblicherweise hohen Temperaturen im AGR-Modul kann dies zu glühenden Partikeln führen. Dabei kann es zu Anschmelzungen im Ansaugkrümmer kommen, die im Extremfall zu einem Brand führen können.

Trotz Kenntnis des Problems hat BMW die fehlerhaften Kühler offenbar weiter eingebaut. In Bezug auf den jüngsten Rückruf erklärte BMW gegenüber auto motor und sport, der Hersteller habe "eine optimierte AGR-Kühlergeneration gemeinsam mit einem anderen Lieferanten entwickelt" und verwende diese seit 2022. Die Maßnahmen davor waren laut Hersteller "nicht ausreichend", sodass "AGR-Kühler-Undichtigkeiten mit der sehr seltenen Folge von Fahrzeugbränden weiter auftreten können".

Ursprung in Südkorea

Bereits im August 2018 hatte BMW wegen des Problems global etwa 480.000 Autos in die Werkstätten gerufen. Mit den neuerdings zurückgerufenen Fahrzeugen sind weltweit ungefähr 1,9 Millionen BMW-Diesel betroffen, die zwischen 2010 und 2022 produziert wurden. Je nach Fahrzeugmodell sind die betroffenen Produktionszeiträume unterschiedlich. Wie viele Autos in welchen Ländern zurückgerufen werden, gab BMW bisher nicht konkret bekannt.

Seinen Ursprung nahm das technische Problem in Südkorea. Das dortige Verkehrsministerium hatte 106.000 Autos vorübergehend stilllegen lassen. Die südkoreanische Regierung hatte nach eigenen Angaben im Jahr 2018 schon mehr als 30 Fälle registriert, in denen Motoren in Brand geraten und die Autos in Flammen aufgegangen waren. BMW hatte seit 2016 Kenntnis von solchen Brandfällen in Korea.

Rückruf verursacht enorme Kosten

In Korea waren von dem Rückruf überwiegend Modelle mit Vierzylinder-Dieselmotoren aus dem Bauzeitraum März 2011 bis November 2016 betroffen. Im Fokus stand dabei der 520d. In Europa wurden im Jahr 2020 BMW 3er, 4er, 5er, 6er, 7er, X3, X4, X5 und X6 mit Vierzylinder-Dieselmotoren, die zwischen April 2015 bis September 2016 gebaut wurden, und mit Sechszylinder-Dieselmotoren, die zwischen Juli 2012 und Juni 2015 gebaut wurden, zurückgerufen. Der neuerliche Rückruf umfasst obendrein die Baureihen 1er und 2er.

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Um das Problem zu beheben, wird der vorhandene AGR-Kühler gegen das Bauteil eines anderen Lieferanten getauscht. Und zwar selbst dann, wenn die Dichtigkeitsprüfung ohne Befund ist. Der Rückruf soll die Münchner bis Ende 2020 bereits rund 160 Millionen Euro gekostet haben. Diese Summe dürfte sich angesichts des erneuten Rückrufs von fast 300.000 Autos nochmals deutlich erhöhen.  © auto motor und sport

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