Die Krise bei KTM ist schon Alltag. Auch bei den Händlern. MOTORRAD sprach über die Situation und KTM gibt neue Rabatte.

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Die Insolvenz von KTM wirft weiterhin viele Fragen auf. Die wohl wichtigste beschäftigt nicht nur die Mitarbeiter, sondern auch Kunden und Händler der Marke – wie geht es jetzt weiter? Laut Stefan Wahl, KTM- und Yamaha-Händler in Wangen bei Göppingen, ist das Vertrauen der Kunden groß: "Als der Insolvenzantrag gestellt wurde, hatten wir Betriebsruhe. Wir rechneten mit einer Flut von besorgten Anfragen, doch die blieb bis auf wenige Ausnahmen aus", berichtet er. Offenbar herrscht weitestgehend die Meinung, dass ein so großer Hersteller "too big to fail" ist, Investoren das angeschlagene Unternehmen retten werden und der Service für Kunden – Ersatzteilversorgung, Garantieansprüche etc. – gewährleistet bleibt.

KTM steht nicht für Qualität

Dieser Service hat gerade bei KTM in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen. Die gesteigerte Produktion führte zu Qualitätsmängeln, wie Nockenwellenschäden bei den 790er-Modellen. "Auch der 2024er-Jahrgang von KTM war davon betroffen", erklärt Manuel Wahl, Bruder von Stefan Wahl und Miteigentümer der Motorcorner. "Die Folge ist, dass KTM-Kunden eine Garantieverlängerung etwa dreimal so häufig buchen wie Yamaha-Kunden", ergänzt Stefan Wahl.

Video: Im Video: KTM - "Here to stay" anstatt "Ready to race"?

Nachwehen von Corona

Der Schlamassel begann mit Corona. Die große Nachfrage während der Pandemie veranlasste KTM, die Produktion hochzufahren. Doch als der Boom bereits abflaute, liefen die Bänder in Mattighofen nicht langsamer: "Ende 2023 hatten wir einen Überbestand von über der Hälfte unseres Jahresabsatzes", berichtet Stefan Wahl. "Diese Modelle mussten wir 2024 mit hohen Rabatten abverkaufen. Da blieb von der Marge nichts übrig." Geld haben die Brüder damit also keins verdient. Ohne Boni, die für verschiedene Kriterien von den Herstellern an die Händler bezahlt werden, wäre das Geschäft ein Nullsummenspiel, so Manuel Wahl.

Markenzukäufe schwer für Händler

Zusätzlich erschwerte die Situation für die Händler der Zukauf von Husqvarna und GasGas. "Für Pierer Mobility hat sich das Portfolio dadurch zwar erweitert, aber wir hatten dafür Einbußen", erklärt Manuel Wahl. "Etwa ein Jahr lang konnten wir keine 690 SMC R verkaufen. Die wurden als 701 über Husqvarna vermarktet. Da fielen für uns aber 30 bis 40 Verkäufe pro Jahr weg."

10-mal mehr Mängel als bei Yamaha

Heute haben die Brüder keinen Überbestand mehr an KTM-Modellen im Showroom und liegen mit ihren Verkäufen innerhalb ihrer Planung, die laut Stefan nach 2023 deutlich vorsichtiger ausfiel. Dennoch wünschen sie sich mehr Unterstützung seitens KTM bei den technischen Problemen. Mattighofen gestand zwar Fehler ein, bot aber laut Manuel Wahl keine praktikablen Lösungen für Kunden oder Händler an. Und das bei einem Garantieteileaufkommen, das im Geschäft der Brüder bei KTM-Modellen mehr als zehnmal so hoch war wie beim Konkurrenten Yamaha.

Rabattschlacht bei KTM

Was tut nun KTM, um der Situation Herr zu werden? Der Überbestand muss abgebaut werden, weswegen die Produktion in Mattighofen noch bis mindestens Mitte März ruht und Rabattaktionen Kunden locken sollen. So die 19%-Aktion Ende vergangenen Jahres. Die bezog sich speziell auf Euro-5-Modelle, die wegen der Umstellung auf Euro 5+ zum 1.1.2025 entweder abverkauft oder über Tageszulassungen 2025 noch verfügbar gemacht werden mussten. Nach der Zulassungsstatistik vom Dezember betrifft dies hauptsächlich die 690er-Supermotos sowohl von KTM als auch von Husqvarna, die 790 Duke und 1290 Super Duke R. Bei diesen Modellen lohnt es sich also, nach Preissenkungen aus Tageszulassungen zu schauen.

Überdies sind momentan vorwiegend bei den 1290er-Modellen attraktive Preise möglich mit Rabatten von bis zu 30 Prozent. Bei den Nachfolgemodellen sind Preisnachlässe bis etwa zehn Prozent drin. Weitere Rabattaktionen sind laut KTM in Vorbereitung, dann wohl für den kompletten 2024er-Jahrgang, was also auch Euro-5+-Modelle beträfe. Genaue Informationen hierzu konnte KTM bis Redaktionsschluss nicht liefern.

Neues Jahr, neue Rabatte

KTM gibt seit der ersten Februar-Woche auf die Listenpreise sehr vieler 2024er-Straßenmodelle und zahlreicher 2025er-Offroader ganz offiziell wieder Rabatte zwischen 15 und 20 Prozent, das gilt auch für Husqvarna- und GasGas-Motorräder. Öffentlich wurde die neue Rabattaktion bisher allerdings nur im englischsprachigen Raum. Grund könnte sein, dass die meisten Händler die jeweiligen Neumaschinen ohnehin teilweise noch deutlich unter den neuen Rabatten anbieten müssen – um sie loszuwerden oder um wenigstens etwas Umsatz zu machen. Immerhin entlastet die neue Aktion die teilweise arg gebeutelten KTM-, Husqvarna- und GasGas-Händler, da die Rabatte zumindest zum überwiegenden Teil vom Hersteller übernommen werden.

Inhaltlich sind die in England "KTM Power Deals" genannten Nachlässe vergleichbar mit der Rabattaktion von November und Dezember 2024, als KTM ganz offiziell die Listenpreise um die Höhe der jeweiligen Mehrwertsteuer reduziert hatte, in Deutschland also um 19 Prozent. Die Aktion lief allerdings zum Ende des Jahres 2024 aus. Wer sich aktuell für eine neue KTM aus dem Modelljahrgang 2024 (bei Offroadern 2025) interessiert, sollte also jetzt auf den einschlägigen Online-Plattformen nach den besten Angeboten suchen.

Enduro- und Crossmaschinen stehen besser da

Während das Segment der Straßenmaschinen der Pierer-Mobility-Marken derzeit und wohl noch auf lange Sicht von der Überproduktion der beiden vergangenen Jahre geprägt sein wird, ist die Situation im Offroad-Bereich weniger dramatisch. In der Stollenbranche haben die drei Marken aus Mattighofen seit vielen Jahren die Rolle der Platzhirsche inne. Offizielle Zahlen werden zwar nicht veröffentlicht, doch Insider schätzen den Marktanteil im Motocross auf etwa 50 Prozent. Noch erdrückender ist die Präsenz der Österreicher bei den Sportenduros. Der Marktanteil von KTM, Husqvarna und GasGas kumuliert sich in dieser Disziplin auf rund 70 Prozent.

Die Gründe: Innovation und Gespür für Nischen. Beispiele: Das 350-cm³-Modell (Einführung 2012) trifft den Nerv der auf einfache Fahrbarkeit Wert legenden Offroad-Klientel. Bis heute verkauft sich die 350er-Version besser als alle anderen Viertakt-Hubraumvarianten zusammengenommen. Vergleichbare Modelle von der japanischen Konkurrenz existieren bis heute nicht. Auch die von den Global Playern beerdigte Zweitakt-Technik kultiviert KTM immer noch. Mit Erfolg. Die EXC 300 liegt in den Verkaufszahlen gleichauf mit besagtem Viertakt-Verkaufsschlager 350 EXC-F. Technische Neuerungen wie die Zweitakt-Einspritzung oder das zur Saison 2025 präsentierte Datarecording für die Seriencrosser sichern die Marktdominanz.

Der Aufwand macht sich bezahlt. Rund 100.000 Offroad-Motorräder (70 Prozent Enduros/30 Prozent Motocrosser) verkauft Pierer Mobility weltweit jährlich. Das entspricht etwa einem Drittel des Gesamtabsatzes des Konzerns (2024: 292.500 Motorräder). Hierzulande sind die Zahlen freilich überschaubar. Markenübergreifend werden in Deutschland rund 3.000 Sportenduros und circa 1.500 Motocrosser jährlich verkauft.

Ohne Rabatte gelingt dies auch den Pierer-Händlern nicht. Um die zehn Prozent Rabatt auf die – durchweg hochpreisigen – österreichischen Offroader ist seit vielen Jahren Standard. Bei weniger populären Modellen geht sogar noch mehr.

Video: Im Video: KTM Racing - Highlights der Saison 2024

Krise hat für den Handek auch Gutes

Daran hat sich auch in der aktuellen Situation wenig geändert. Allerdings: Aus Sicht des Handels haben die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Werks auch ihre positive Seite. Die "latente Tendenz zur Überproduktion" (O-Ton eines auf Offroad spezialisierten Händlers) wurde unfreiwillig beendet. Übergroße Lagerbestände sind daher nicht mehr die Regel. Das Angebot an Neufahrzeugen der beiden Bestseller (300er-Zweitakt, 350er-Viertakt) der drei Konzernmarken liegt auf mobile.de derzeit bei insgesamt rund 200 Maschinen. Neue Auslaufmodelle der Jahre 2023 und 2024 inklusive. Auffällig ist die hohe Zahl der ausgeschriebenen 300er-Zweitakter. Der Grund: Durch die ab 1.1.2025 gültige Euro-5+-Homologation wurden sämtliche 2025er-Zweitaktmodelle bereits im Dezember 2024 mit Tageszulassung angemeldet.

Preislich liegen die Angebote für alle Modelle zumeist 1.000 bis 1.500 Euro unter Listenpreis. Wie viel Luft nach unten in der Praxis noch möglich ist, bestimmt in den nächsten Monaten wohl eher die wirtschaftliche Grundstimmung als die KTM-Firmenpolitik. Denn auch die Zeiten der bereits im Juni vorgestellten nächstjährigen Sportmodellgeneration – und damit die Entwertung der aktuellen Modelle – sind im Jahr 2025 wohl vorbei. Ob und wann die neuen 2026er-Stollenbikes präsentiert werden, ist in den aktuellen Wirren noch völlig offen. Fazit: Im Gegensatz zu der teilweise heißen Rabattschlacht bei den Straßenmodellen bleibt die Schnäppchenjagd in der Offroad-Abteilung wohl deutlich verhaltener. Echte Dumping-Angebote wird es aller Voraussicht nach nur bei weniger gängigen Offroadern geben.

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Fazit

Die Insolvenz von KTM hat weitreichende Folgen für Händler und Kunden. Trotz Produktionsproblemen und Überbeständen bleibt das Vertrauen in die Marke groß. Rabatte und Innovationen sollen die Zukunft sichern, während die Offroad-Sparte stabil bleibt. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten bieten auch Chancen für den Handel. Eine neue Rabattaktion von KTM selbst entlastet die Händler, da die Preissenkung vom Hersteller getragen wird und nicht zu Lasten der Händler geht.  © Motorrad-Online

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