Das absurd schnelle und teure Hypercar sollte bald auf Topspeed-Rekordjagd gehen. Jetzt gibt es einen ersten inoffiziellen Tempo-Rekord.
Hennessey baut sein Hypercar Venom F5, um damit Rekorde zu brechen (siehe Video oben im Artikel). Wie der Autobauer nun mitteilt, konnte Testfahrer David Donahue aus dem Stand den F5 auf der halben Meile (knapp 805 Meter) auf 357,15 km/h beschleunigen. John Hennessey, Gründer und CEO, klemmte sich ebenfalls hinters Steuer und erreichte 352,45 km/h. Erst nach der Auswertung der Ingenieure wurde zudem der Beschleunigungswert von 6,71 Sekunden von 100 auf 200 mph, also Miles per hour (entspricht rund 161 auf 322 km/h) entdeckt.
Offiziell ist die Halbmeilen-Zeit indes nicht, Hennessey werde jedoch erneut auf dem NASA-Testgelände fahren, wenn die Temperaturen kühler sind. Dann erwartet man eine noch schnellere Zeit. Mit der Spurtzeit soll der F5 die Konkurrenten wie Rimac Nivera und Bugatti Chiron deutlich in den Schatten stellen. Der Nevera erreicht im Halbmeilen-Spurt 206,77 mph (332,76 km/h) der Bugatti 193,67 mph, also 311,68 km/h.
Highspeed-Crash bei 400 Sachen
Anfang Juli wurde die Hatz nach Temporekorden bei Hennessey von einem, schweren Zwischenfall überschattet. Wie der Chef des Tuners und Autoherstellers in einem Statement bei Instagram bekannt gab, verlor ein Testfahrer bei etwa 250 Meilen pro Stunde (etwa 402 km/h) die Kontrolle über den Venom F5. Dabei ist ihm offiziellen Angaben zufolge nichts passiert; laut Hennessey habe er den Unfall mit dem firmeneigenen Prototyp unverletzt überstanden. Der Name des Fahrers ist bislang unbekannt; es existieren auch keine Foto- oder Videoaufnahmen des Unfalls.
Video: Der Hennessey Venom F5 im Video
Der Crash ereignete sich bereits am Montag, den 1. Juli, auf einer Landebahn des Kennedy Space Centers der NASA im US-Bundesstaat Florida. Dem Firmenchef zufolge testete Hennessey dort ein neues Aerodynamik-Set-up, als der Sportwagen etwa 1,2 Kilometer nach dem Start plötzlich Abtrieb verlor. Der genaue Grund für den unvermittelten Abtriebsverlust ist noch unklar: "Unser Team wird die aerodynamischen Daten auswerten, um die Ursache des Problems zu ermitteln", schreibt John Hennessey. Seine weiteren Worte klingen nicht so, als würde der Vorfall die Truppe von einer weiteren Rekordjagd abhalten. In seinem Statement zitiert er den ermordeten Ex-US-Präsidenten
Attacke auf Highspeed-Rekord
Ursprünglichen Plänen zufolge sollte der Venom F5 noch 2024 die 300-mph-Schallmauer (482,8 km/h) durchbrechen. "Das Ziel ist es, die 300-mph-Marke in zwei Richtungen zu fahren, während 500 km/h in einer Richtung die ultimative Art wäre, den Verbrennungsmotor zu feiern", sagte John Hennessey zu einem früheren Zeitpunkt. Das Tempo in beide Richtungen ist die Hauptvoraussetzung dafür, dass der Wert als offizieller Weltrekord anerkannt wird. Am Steuer soll dabei Profi-Rennfahrer David Donohue sitzen. Zuletzt wurde nach einer Landebahn oder einer öffentlichen Straße mit einer ausreichend langen Geraden gesucht. Inwieweit Hennessey durch den Unfall bei seinem Vorhaben zurückgeworfen wurde, ist bislang unklar.
Video: Der Venom F5 fährt 437 km/h im Video
Dass Hennessey die Bestmarke unbedingt in diesem Jahr aufstellen wollte, war kein Zufall. Der Vorgänger Venom GT, 1.244 Kilo schwer, hatte am 14. Februar 2014 – also vor fast genau zehn Jahren – einen damaligen Rekord-Topspeed von 435,31 km/h erreicht. Diese Marke ist dem Nachfolger bereits in einer früheren Testphase gelungen, und das laut Hennessey recht spielerisch. Auf der 5,1 Kilometer langen Bahn "Johnny Bohmer Proving Grounds" auf dem Kennedy Space Center (und damit auf der Rekordstrecke des Vorgängers) schaffte er bereits 271,6 mph (437 km/h).
Langer Weg bis zum Serienauto
Zum Auto: Der Hennessey Venom F5 hat schon einige Premieren hinter sich. Erstmals zeigte der texanische Tuner im Sommer 2014 Bilder seines selbst konstruierten Hypercars. Im Herbst 2017 zog er dann bei der SEMA Show in Las Vegas das Tuch von einem weiterentwickelten Venom F5. Ein halbes Jahr später folgte das Europa-Debüt beim Genfer Autosalon 2018. Danach veröffentlichte Hennessey nur noch Neuigkeiten im Internet zu den Fortschritten beim US-Boliden. Doch inzwischen haben die Amerikaner endlich das Serienauto offiziell enthüllt – zuletzt im Rahmen der Monterey Car Week Mitte August 2021.
Design und Dimensionen
Das Modell unterscheidet sich grundlegend vom zuvor gezeigten, von Hennessey inzwischen als "Konzeptstudie" bezeichneten Venom F5. Vor allem in puncto Aerodynamik haben die Amerikaner ihr Prestigeobjekt weiterentwickelt. Das Hypercar verfügt über einen Carbon-Fronsplitter, einen glatten Unterboden und einen mächtigen Diffusor, weshalb der Heckflügel eher zierlich ausfällt. Allerdings gibt es neuerdings die rennstreckenoptimierte Revolution-Version, die größer dimensionierte Flügel an Front und Heck beinhaltet. Den cW-Wert für den Standard-F5 gibt Hennessey mit 0,39 an.
Obwohl es nur 86 Kilogramm wiegt, soll sich das Kohlefaser-Chassis durch eine besonders gute Verwindungssteifigkeit auszeichnen. Um diese zu gewährleisten, hat Hennessey die Carbon-Fasern im Zentrum des Chassis im Fischgräten-Muster angeordnet. Auch die 4,67 Meter lange, 1,97 Meter breite und 1,13 Meter hohe Karosserie (Radstand: 2,80 Meter) besteht aus Kohlefaser. Eine Besonderheit zeigt sich im Schwellerbereich: Dieser ist außen in die Scherentüren integriert, was ein Problem vieler anderer Supersportwagen löst: Die Insassen müssen nicht mühsam über einen extrem breiten Schweller ein- und aussteigen.
Motor und Fahrleistungen
Den Motor hat Hennessey an das neue Chassis angepasst; seine Eckdaten bleiben jedoch gleich. Der 280 Kilogramm schwere Twin-Turbo-V8, der den passenden Beinamen "Fury" (auf deutsch: Wut, Raserei) trägt, verfügt über 6,6 Liter Hubraum und liefert beeindruckende technische Daten: 1.842 PS und maximal 1.617 Newtonmeter bei 5.500/min., was ein Leistungsgewicht von 0,74 kg/PS ergibt. Um diese Werte zu erreichen und das Drehzahllimit weit oben anzusiedeln (der rote Bereich startet bei 8.500/min.), verfügt der Motor über allerlei Hightech- und Leichtbau-Komponenten, von denen einige aus Titan gefertigt sind und aus dem 3D-Drucker stammen. Bei den Turboladern handelt es sich um Exemplare mit Doppelkugellagern und 3D-gedruckten Titangehäusen. Die Ladeluftkühlung hat Hennessey im Vergleich zu früheren Versionen verbessert.
Die Beschleunigungswerte des Venom F5: Null auf 100 km/h in 2,6 Sekunden, null auf 200 km/h in 4,7 Sekunden, null auf 300 km/h in 8,4 Sekunden und null auf 400 km/h in 15,5 Sekunden. Als wichtiger erachtet Firmenchef John Hennessey beim Venom F5 jedoch die Höchstgeschwindigkeit. Für das trocken 1.360 Kilogramm schwere Hypercar streben die Texaner ein Vmax-Ziel von 311 mph (umgerechnet 500 km/h) an. Von dieser Geschwindigkeit leitet sich auch der Name ab: F5 steht für die höchste Tornado-Kategorie, die Windgeschwindigkeit von bis zu 512 km/h erreichen kann. Der höchste Gang ist derart lang übersetzt, dass theoretisch sogar 528 km/h möglich wären.
Technische Details
Doch nicht nur das neue Chassis und der angepasste Motor sollen den Erfolg garantieren. Das Fahrwerk arbeitet mit Einzelradaufhängung, Doppel-Querlenkern und vielfältig einstellbaren Penske-Gewinde-Dämpfern an allen Rädern. Die vorn 9,5x19 und hinten 12x20 Zoll großen Schmiedefelgen sind mit Michelin-Pilot-Sport-Cup-2-Reifen in den Dimensionen 265/35 ZR19 vorn und 345/30 ZR20 hinten ummantelt. Hinter den Rädern sitzt eine Bremsanlage, die mit 390 Millimeter großen Carbon-Keramik-Scheiben von Brembo sowie mit Sechs- und Vierkolben-Sätteln aus dem Hause AP Racing arbeitet.
Die vier Endrohre des Edelstahl-Auspuffs münden zentral und recht weit oben angeordnet zwischen den Heckleuchten. Den Kraftfluss an die Hinterräder regelt ein halbautomatisches Siebengang-Getriebe mit Lenkradwippen. Neben einer Traktionskontrolle inklusive ESP ist auch eine Launch Control installiert. In den Fahrmodi sind fünf Abstimmungen hinterlegt: Sport, Track, Drag, Wet und F5 – nur in Letzterem entfesselt sich die volle Power.
Innenraum
Das eckige, oben offene Volant, das mit seinen zahlreichen Einstellmöglichkeiten gut in ein Formel-1-Auto passen würde, befindet sich in einem "von der Raumfahrt inspirierten Interieur". Dieses ist in weiten Teilen aus Carbon gefertigt. Hinter dem Lenkrad findet sich ein sieben Zoll großes Fahrer-Informations-Display. Die Mittelkonsole beherbergt neben den "N"-,"D"- und "R"-Tasten auch jene für Fensterheber, Warnblinker, Feststellbremse, Frontlift und Türverriegelung sowie die Klimaregelung.
Zentral im Armaturenbrett sitzt ein Neun-Zoll-Touchscreen aus dem Hause Alpine. Dieser bietet Apple Carplay- und Android Auto-Konnektivität, navigiert die Venom-Besatzung durch die Lande und lässt sich per Bloutooth mit Smartphones koppeln. Leder an den Türen, am Armaturenbrett und an den Sitzen sowie Alcantara an Dachhimmel und Ablagefächern zaubern etwas Wohlfühl-Atmosphäre in das Cockpit.
Preise und Verfügbarkeit
Das Hypercar kostete 2,1 Millionen US-Dollar netto. Rechnet man die deutsche Mehrwertsteuer hinzu (19 Prozent), machte das umgerechnet einen Bruttopreis von über 2,5 Millionen Euro. Warum die Vergangenheitsform? Weil alle 24 Exemplare des Hennessey Venom F5 in der Standardausführung längst vergriffen sind. Wer den texanischen Highspeed-Rekordjäger in der heimischen Garage stehen haben möchte, muss bei John Hennessey wegen eines Roadsters oder eines Vertreters der Revolution-Sonderserie vorstellig werden. Beide Varianten sind natürlich noch etwas teurer. © auto motor und sport
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