In Italien sind die Einnahmen durch Tempokontrollen erneut gestiegen. Ein Bergdorf in den Dolomiten erzielt dabei Rekord-Erlöse.

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In einer sehr speziellen Disziplin ist Italien ungeschlagener Europameister. Über 11.000 fest installierte Radarkameras hat das Land zu bieten, dazu gesellen sich noch unzählige mobile Blitzer der lokalen Behörden. Zum Vergleich: Deutschland kommt nach Schätzungen auf rund 4.500 fest installierte Blitzer. Das lässt die Kassen der italienischen Kommunen klingeln – und die eines kleinen Dolomiten-Dorfs ganz besonders.

Hunderte Millionen Euro durch Bußgelder

Wie die Verbraucherschutzorganisation Codacons jetzt berichtet hat, beliefen sich 2023 die Bußgeld-Einnahmen alleine der 20 größten italienischen Städte auf die Rekordsumme von 585 Millionen Euro, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent. Satte 29,7 Prozent mehr kassierte die Hauptstadt Rom, die ihre Bußgeldeinnahmen auf 172 Millionen steigern konnte. Bei den Einnahmen durch Radarfallen steht das permanent verstopfte Rom allerdings nur an dritter Stelle (7,5 Millionen Euro), während die Blitzer in Mailand (8,5 Millionen Euro) und vor allem Florenz mit stolzen 18,7 Millionen Euro am meisten verdienten.

Einen besonderen Rekord erzielte allerdings keine italienische Millionen-Metropole, sondern ein winziges Bergdorf in den Dolomiten. Das Dorf Colle Santa Lucia in der Provinz Belluno hat in den drei Jahren von 2021 bis 2023 mit einem einzigen Blitzer satte 1.265.822 Euro eingenommen, wie die Verbraucherorganisation Assoutenti ermittelt hat. Besonders spektakulär wird das angesichts der lediglich 353 Einwohner der Gemeinde, was rund 3.600 Euro Blitzer-Einnahmen pro Kopf ausmacht.

Wer sich das wie aus einem Postkarten-Idyll wirkende Bergdorf genauer ansieht, gerät in Zweifel, wo sich hier eine derartige Gelddruckmaschine installieren ließe – enge Straßen mit vielen Kurven, dichte Bebauung. Und der autofahrende Teil der 353 Bewohner müsste für solche Summen wohl im Dreischicht-Betrieb durch den Ort rasen.

Wir sind deshalb auf die Suche gegangen und wurden etwas außerhalb des Dörfchens fündig: Der bei Touristen sehr beliebte Passo Giau, ein Hochgebirgspass zwischen Cortina d’Ampezzo und Selva di Cadore, verläuft ein Stück über das Gemeindegebiet. Auf dem Passo Giau sind maximal 50 km/h erlaubt, was besonders ortsunkundige Motorrad-Touristen regelmäßig mit unangenehmen Souvenirs durch die dort fest installierte Speed-Kamera versorgt.

Unbeliebte Souvenirs

Möglicherweise wird der Geldsegen in den Dolomiten in Zukunft etwas geringer ausfallen. Der italienische Verkehrsminister Matteo Salvini hatte im Frühjahr eine neue gesetzliche Regelung angekündigt, um den Blitzer-Wildwuchs in Italien einzudämmen. Demnach sollen unter anderem versteckte Blitzer, die zum Beispiel hinter Bäumen aufgestellt werden, ebenso verboten werden wie die gern genommene Variante von zwei kurz hintereinander aufgestellten Blitzern. Außerdem sollen die lokalen Behörden künftig anhand von Verkehrs- und Unfalldaten begründen müssen, warum einzelne Messstationen aufgebaut werden.

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Für viele Italiener dienen zahlreiche der fest installierten "Autovelox"-Radarfallen eher als Geldautomat der Gemeinden denn der Verkehrssicherheit. Ende Mai hatte die italienische Polizei einen 42-jährigen Norditaliener ermittelt, dem Anschläge auf die stationären Blitzer zur Last gelegt werden. In der Bevölkerung als "Fleximan" gefeiert, soll der Mann zahlreiche Autovelox-Geräte umgesägt haben.  © auto motor und sport

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