Ein Bär soll einen Rolls-Royce und mehrere Mercedes-Luxusmodelle verwüstet haben. Doch die Wahrheit ist eine andere: Videos dokumentieren einen mutmaßlichen Versicherungsbetrug.
Wer erinnert sich nicht an den Bären namens Bruno, der im Frühsommer 2006 nicht nur die Menschen im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet in Atem hielt, sondern auch die gesamte deutsche Medienlandschaft? Zumindest so lange, bis der "absolute Problembär" (Bayerns damaliger Ministerpräsident
Video: Im Video: Versicherungsbetrug per Bärenkostüm
In Kalifornien wären sie froh, wenn sie nur einen Problembären hätten. Stattdessen haben sie im sonnigen Westküsten-Staat der USA sehr viele davon. Und zwar nicht nur in abgelegenen Gebieten oder den Nationalparks. Nein, die Bären machen es sich immer öfter in urbanen Gegenden gemütlich; Sichtungen in Städten sind keine Seltenheit mehr. Es gibt sogar Berichte, dass die schlauen Raubtiere in der Lage sind, Haustüren zu öffnen, um sich an den dort gelagerten Speisevorräten zu bedienen. Da stellt sich für manchen fast folgerichtig die Frage: Wenn die Bären mit Haustüren umgehen können, kriegen sie doch sicher auch Autotüren auf, oder?
"Bär" wütet im Rolls-Royce und Mercedes
Und dann scheint es tatsächlich passiert zu sein: Einer amerikanischen Versicherung werden Kratzschäden in einem Rolls-Royce Ghost gemeldet, die ein neugieriger Bär hinterlassen haben soll, der sich zuvor Zutritt zu dieser Luxuslimousine verschafft hatte. Ganz ähnlich soll es sich auch bei einem Mercedes-AMG G63 abgespielt haben. Und noch bei einem fast neuen Mercedes E350. Bären verwüsten im großen Stil Premium- und Luxusautos: Wäre Stoiber heute Gouverneur in Kalifornien, hätte er die Tiere wohl zum Abschuss freigegeben. Doch glücklicherweise hat dann doch jemand genauer hingeschaut – und die vermeintlichen Raubtierattacken als Fake entlarvt.
Besonders gut verschleiert haben die vier inzwischen des Versicherungsbetrugs und der Verschwörung verdächtigen und vorläufig festgenommenen Kalifornier und Kalifornierinnen ihre falschen Bärenangriffe allerdings nicht. Im Gegenteil, sie gingen sogar ziemlich dämlich vor. Einer aus dem Ganoven-Quartett meldete seiner Versicherung den Schaden am Rolls-Royce und versuchte, die Legende vom wüsten Bären auszubauen. Passiert sein soll das Ganze östlich von Los Angeles am Lake Arrowhead, der bezeichnenderweise nicht weit vom Big Bear Lake entfernt ist – aber das nur nebenbei. Als Beweis legte er der Versicherung ein Video einer Überwachungskamera vor, die den Vorgang filmte (zu sehen nach dem ersten Absatz).
"Operation Bear Claw" entlarvt Versicherungsbetrug
Derweil ging ein Kompagnon mit derselben Geschichte auf eine andere Versicherungsgesellschaft zu, nur wurde diesmal der G63 verwüstet. Und eine weitere Assekuranz wurde gebeten, den Schaden am E350 zu begleichen. Doch längst war das "California Department of Insurance" eingeschaltet, das einerseits als Verbraucherschutzorganisation agiert und die Bürgerinnen und Bürger vor unfairen Machenschaften der Versicherungen schützen soll. Den entgegengesetzten Auftrag nimmt das CDI aber ebenfalls an: Wenn eine Gesellschaft Betrug von Kundenseite wittert, kann sie beim CDI Ermittlungen veranlassen.
Diese wurden auch umgehend unter dem Decknamen "Operation Bear Claw" (Operation Bärenklaue) eingeleitet. Und zwar mit großem Eifer, schließlich ging es um eine Gesamtschadensumme von 141.839 Dollar (aktuell umgerechnet etwa 134.500 Euro). Doch man muss kein Experte für Pelztiere sein, um beim Betrachten der Videoaufnahmen Zweifel am geschilderten Vergehen anzumelden und den Eindruck zu bekommen, dass sich diese "Bären" keineswegs wie Artgenossen verhalten, sondern ziemlich menschliche Bewegungsmuster zeigen. Also ging bereits die erste Versicherung, die den Schaden am Rolls-Royce begleichen sollte, auf das CDI zu.
Biologe liefert eindeutiges Gutachten
Das konnte den Eindruck der Versicherung nur bestätigen: Nicht ein Bär, sondern ein kostümierter Mensch trieb hier im Rolls-Royce-Interieur sein Unwesen. Genau wie in den beiden Mercedes-Modellen. Zudem zeigen die Videobilder, dass alle drei Autos an derselben Stelle "attackiert" und von derselben Kamera gefilmt wurden. Weitere Ermittlungen ergaben zudem, dass bei den Versicherungsgesellschaften derselbe Tag (28. Januar 2024) gemeldet wurde, an dem das Ganze passiert sein soll. Tatsächlich zeigen die Videoaufnahmen, dass zwischen den Verwüstungen des Ghost und des G63 nur wenige Minuten lagen.
Um komplett auf Nummer sicher zu gehen, dass es sich in dem Video nicht wirklich um einen Bären handelte, ließ das "California Department of Insurance" die drei angeblichen Bärenvideos von einem Biologen des "California Department of Fish and Wildlife" begutachten. Es dürfte eines der einfacheren Gutachten im bisherigen Arbeitsleben des Experten gewesen sein. Wenig überraschend kam er ebenfalls zu dem Schluss, dass es sich eindeutig um einen Menschen im Bärenkostüm handelte. Um dem Dilettantismus der Möchtegern-Versicherungsbetrüger die Krone aufzusetzen, wurde das Bärenkostüm später bei der Durchsuchung der Wohnung eines Verdächtigen gefunden. Inklusive jener Gerätschaften, welche die sehr akkuraten Kratzspuren in den Autos hinterlassen haben.
Hinweis: Um beim Bärenthema zu bleiben, zeigen wir Ihnen in der Fotoshow den nach einer Bärenart benannten Skoda Kodiaq in seiner neuesten Generation. © auto motor und sport
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