Stellen Sie sich vor, Sie fahren in einem Lotus Emira einen US-Highway entlang. Nicht irgendeinen beliebigen, sondern den Highway 1 in Kalifornien, der von San Franciso hinunter nach Los Angeles führt. Im Heck schieben 405 PS aus einem 3,5-Liter-Kompressor-V6 an, die haftstarken Reifen fressen das kurvenreiche Asphaltband und auf der rechten Seite rauschen die Wellen des Pazifischen Ozeans. Es gibt wahrlich schlimmere Szenarien, oder? Das Problem: Bisher blieb das reine Fantasie, in der Realität war eine solche Fahrt nicht unmöglich.
Video: So fährt sich der Lotus Emira auf der Rennstrecke
Das lag nicht am berühmten Highway und schon gar nicht an Ihnen. Schon eher an Kalifornien, aber in erster Linie an einer unheilvollen Kombination aus dem Hersteller, seinem Produkt und den US-Abgasvorschriften. Diese Gemengelage war der Grund, warum Lotus seinen letzten Sportwagen mit Verbrennungsmotor bisher nicht ausliefern konnte – oder besser: ausliefern wollte. Und das, obwohl der Sportwagen bereits seit knapp zwei Jahren zum regulären Lotus-Portfolio gehört.
Abgasregel-Flickenteppich in den USA
Der Hersteller wollte damit warten, bis die Situation vollständig geklärt ist. Und die war verzwickt. In 36 US-Bundesstaaten hätte der Lotus Emira problemlos zugelassen werden können. Hier gelten die nicht ganz so strengen Abgasvorschriften der landesweiten Umweltbehörde "Environmental Protection Agency" (EPA), die der Sportwagen folgerichtig erfüllt. Es gibt aber auch noch das "California Air Resources Board" (CARB), das EPA-Pendant des Bundesstaates Kalifornien. Das CARB gestaltet die Abgasregularien traditionell um einiges schärfer als die EPA, was übrigens nicht nur im Golden State tief im Westen der USA zu deutlich höheren Zulassungshürden für Autohersteller führt. 13 weitere US-Bundesstaaten halten sich nämlich ebenfalls an die CARB-Regeln.
Weil in den Vereinigten Staaten dieser Flickenteppich in Sachen Abgasvorschriften existiert, hatte sich Lotus zähneknirschend dazu entschlossen, den Emira in den USA vorerst gar nicht auszuliefern. Damit wollten die Briten, die inzwischen zum chinesischen Geely-Konzern gehören, verhindern, dass ein in einem EPA-Bundesstaat erstzugelassener Emira in einen CARB-Staat geraten konnte und dort nach einem Weiterverkauf nicht zugelassen werden durfte. Das führte zur absurden Situation, dass sich auf den Händlerhöfen Dutzende (US-Medien zufolge sogar Hunderte) Neuwagen die Reifen platt stehen, obwohl in ihren Scheiben gut lesbar ein "Sold"-Schild prangt.
Software-Update als Lösung
Doch die Händler dürften bald wieder deutlich mehr Platz auf ihren Grundstücken haben als zuvor. Wie Lotus der US-Website "Motor1.com" bestätigte, hat der Emira inzwischen die ersehnte CARB-Zulassung erhalten. Demnach wurde am 29. Februar eine neu kalibrierte Motorsteuerung genehmigt, die den Emira endlich dazu befähigt, die strengen Abgasvorschriften einzuhalten. Jetzt können die Kundinnen und Kunden also endlich ihre längst gekauften, ungefähr 100.000 Dollar teuren Autos in Empfang nehmen. Und sorgenfrei eine Fahrt auf dem Highway 1 in Kalifornien genießen. © auto motor und sport
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