"Wir haben einige Kunden verloren": AMG-Chef Michael Schiebe weiß genau, dass viele AMG-Kunden kleine Motoren ablehnen. So will er sie trotzdem davon überzeugen.

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Seit Mercedes-AMG 2022 begonnen hatte, in einigen Baureihen bei den 63er-Modellen den V8-Motor zugunsten eines Plug-in-Hybridantriebs samt Vierzylinder-Benziner auszutauschen, wird dieses Thema bei den Fans sowie Kundinnen und Kunden der Marke kontrovers diskutiert. Zwar schlagen die neuen PHEV-Boliden ihre V8-Vorgänger in Sachen Power auf dem Papier um Längen, doch für viele scheint der Funke auf emotionaler Ebene nicht so recht überzuspringen. Und auch die bisherigen Tests der Vierzylinder-AMGs ließen durchblicken, dass die Gleichung "Mini-Verbrenner + Maxi-E-Support = grenzenloser Fahrspaß" in der Realität nicht so recht aufgeht.

Die Kundenakzeptanz fehlt

Die Folge ist ganz offensichtlich eine arge Kaufzurückhaltung seitens der Kundschaft, wenn es um AMG-Modelle mit kleinen Motoren samt ausgeklügelter E-Technologie geht. Zwar veröffentlicht Mercedes keine Zulassungszahlen, aus denen konkret hervorgeht, wie viele AMGs tatsächlich abgesetzt wurden. Doch die argen Verluste im – nach Mercedes-Sprech – "Top-End-Segment", zu dem auch AMG gehört, lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Akzeptanz der Vierzylinder-Motoren weiterhin nicht wie gewünscht vorhanden ist.

Video: AMG CEO stell klar

Global betrachtet hat das Mercedes-Top-End-Segment 2024 im Vergleich zum Vorjahr einen Einbruch um 14 Prozent erlebt. Die Aufgabe, dem Konzernvorstand die Gründe für diese Zahlen zu erklären und die richtigen Schlüsse zu ziehen, um den Trend umzukehren, hat Michael Schiebe. Er ist seit März 2023 Chef der Mercedes-Performance-Marke und sich der Schwierigkeiten durchaus bewusst: "Wir sehen, dass einige unserer sehr treuen Kunden mit dem Konzept ein wenig zu kämpfen haben", sagt Schiebe im Interview mit dem britischen Automagazin "Car". Und er ergänzt: "Natürlich haben wir zweifellos auch einige Kunden verloren, die nur auf V8-Autos stehen."

AMG will ersten Eindruck revidieren

Schiebe ist der Ansicht, dass seine Marke den Verkäufern und Kunden die Technologie besser hätte erklären müssen. In diesem Punkt will sich AMG verbessern. "Es gibt ein deutsches Sprichwort: 'Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance'", so Schiebe weiter. "Vielleicht haben wir den ersten Eindruck verpasst, aber wenn Sie die Gelegenheit haben, bin ich sicher, dass Sie von der Technologie überzeugt sein werden."

Das klingt, als halte Mercedes-AMG bei jenen Baureihen, die bisher mit dem Vierzylinder-PHEV-Antrieb ausgerüstet sind, an der umstrittenen Antriebstechnik fest. Wahrscheinlich bleibt dem Hersteller gar nichts anderes übrig, denn ein Schwenk von einem aufgeladenen Zweiliter-Turbo samt E-Motor und elektrischem Zusatzverdichter hin zu einem klassischen Vierliter-V8-Biturbo wäre technisch sehr aufwändig umzusetzen und würde damit kostentechnisch aus dem Ruder laufen. Von den negativen Effekten auf die CO₂-Flottenbilanz samt drohenden Strafzahlungen bei deren Nichteinhaltung ganz zu schweigen. Somit ist es kaum vorstellbar, dass AMG diesen Aufwand beim C 63 (siehe Fotoshow über dem Artikel) und GLC 63 S E-Performance tatsächlich betreiben würde.

Kommt der AMG CLE 63 mit V8?

Bei der neuen Coupé- und Cabrio-Baureihe CLE könnte AMG dagegen inzwischen umgedacht haben. Auch für sie war beim CLE 63 ursprünglich der Vierzylinder-Antrieb vorgesehen, doch hier könnte eine Chance bestehen, dass die Affalterbacher den möglichen Fehler korrigieren. Im Mai 2024 kamen erste Gerüchte auf, dass hier der Biturbo-V8 ein Comeback feiern könnte. Zudem sollen bereits Erlkönige gesichtet worden sein, bei denen keine Ladeklappe erkennbar war und die stark nach V8 klangen. Klar ist: Obwohl der CLE bereits seit November 2023 auf dem Markt ist, wurde die 63er-AMG-Version noch nicht offiziell vorgestellt. Vorerst spielt der CLE 53 mit Sechszylindermotor die Rolle des sportlichen Topmodells. Gleiches gilt aktuell übrigens für die E-Klasse, doch einem AMG E 63 mit V8-Motor hatte Schiebe bereits im Sommer 2024 eine Absage erteilt.

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Obwohl AMG mit einem viertürigen GT-Modell und einem 1.000-PS-Power-SUV seine ersten rein elektrischen Modelle plant, vermeidet Schiebe zum jetzigen Zeitpunkt, alles auf die Stromkarte zu setzen. "Wir werden zwar weiterhin in Verbrennungsmotoren investieren, ohne dass es ein Enddatum gibt, aber wir werden das Tempo bei der Elektrifizierung nicht verlangsamen." Generell setze die Marke auf "alle Arten von Antriebstechnologien, vom Verbrennungsmotor über Hybrid bis hin zum Elektroantrieb", so der AMG-Chef. Das scheint für die Schwaben jedoch eine Momentaufnahme zu sein; langfristig setzt AMG voll auf Elektro: "Wir gehen komplett in eine vollelektrische Zukunft. Das ist unschlagbar", so Schiebe.  © auto motor und sport

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