Im SWR spricht Klaus Kienle erstmals öffentlich über die Ermittlungen gegen ihn. Wir haben mit dem Autor des Films gesprochen. Thorsten Link kennt spannende Fakten rund um gefälschte Flügeltürer.

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Thorsten Link, Moderator diverser Automagazine im Fernsehen und selbst Oldtimerbesitzer, hat die Ermittlungen rund um den weltbekannten 300-SL-Spezialisten Klaus Kienle erst einmal aus der Distanz betrachtet. Im Oktober 2023, einige Monate nach den Durchsuchungen der Geschäfts- und Wohnräume Kienles durch die Staatsanwaltschaft Stuttgart und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg, beginnt Link mit seinen Recherchen – und damit mit der Arbeit an einer Dokumentation, die der SWR Mitte Oktober 2024 erstmals ausgestrahlt hat.

Fakt 1: offene Ohren

Eine Dokumentation, die für Aufsehen in der Oldtimerszene sorgt, denn erstmals spricht Klaus Kienle über den Verdacht, Oldtimer mit gefälschten Fahrgestellnummern verkauft zu haben. Doch zunächst macht sich Link wenig Hoffnungen: "Ich hatte am Anfang gesagt, dass das Projekt wohl in die Hose geht", erzählt er im Podcast. Er war überrascht, auf offene Ohren zu stoßen, "und nicht auf geschlossene Münder."

Fakt 2: Stand der Ermittlungen

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt laut Link in etwa 40 Verfahren. Voraussichtlich wird im Frühjahr 2025 das erste Strafverfahren eröffnet werden.

Fakt 3: geheime Deals

Dass es in einem Strafverfahren um gefälschte Oldtimer geht, ist relativ neu. Bisher wurden solche Fälle oft unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Zivilverfahren geklärt – ein Vergleich wahrt das Gesicht der Beteiligten. Liegt der Marktpreis zum Zeitpunkt des Vergleichs höher als beim Kauf, kann der Käufer sogar einen finanziellen Gewinn machen. Und: Ein Auto, das Gegenstand eines Strafverfahrens war, ist für den Weiterverkauf erstmal verbrannt.

Fakt 4: Kienles Aufstieg

Der Gründer und ehemalige Geschäftsführer des Restaurierungsbetriebes in Ditzingen, Klaus Kienle, ist die Hauptfigur in einem Ermittlungsverfahren rund um gefälschte Fahrgestellnummern teurer Oldtimer. Kienle hat als Mechaniker bei Mercedes an 300 SL und 600 gearbeitet.

Diese Autos, damals noch keine teuren Sammlerstücke, werden sein Spezialgebiet, als er sich in einer Garage selbstständig macht. Die Firma wächst schnell, gilt Jahrzehnte als Spezialist für die Restaurierungen von 300 SL, 600 und der Vorkriegs-Baureihen von Mercedes.

Link bewundert diese Leistung Kienles: "Das muss man erst einmal hinkriegen, praktisch aus dem Nichts heraus so eine Firma aufzubauen." Prominente, Könige und Industriebosse sind Kienles Kunden. Den Verdacht, Fahrgestellnummern manipuliert zu haben, weist er von sich. Doch die Beweise sind erdrückend.

Fakt 5: Kienles Wahrheit

Link konfrontiert Kienle mit den Vorwürfen: "Da habe ich auch schon gemerkt, dass es da Dinge gab, die nicht ganz stimmig waren ... Er hat Schwierigkeiten mit der Wahrheit."

Fakt 6: Die Flex

Thorsten Link ist dabei, als das Landeskriminalamt die Fahrgestellnummer eines schwarzen Mercedes 300 SL Roadster untersucht. Das Auto gehört der Stiftung eines Unternehmers, er hat es bei Kienle gekauft – weil der ihm als gute Adresse empfohlen wurde. Ein Gutachter stellt fest: Die Fahrgestellnummer war abgeschliffen und überzinnt worden. Letzte Chance: Das Heraustrennen des betreffenden Stücks aus dem Rohrrahmen. Doch die Fahrgestellnummer ist weg.

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Fakt 7: Chancen

Thorsten Link hat als Oldtimerbesitzer einen guten Draht in die Szene und eine klare Meinung zum Fall Kienle. Er sieht Chancen in dem Thema, das für manche auch unangenehm ist: "Wenn es zu einem Strafverfahren kommt, gibt es die Chance, Begriffe zu definieren: Was ist eine Fälschung?" Ob oder wie lange Kienle ins Gefängnis gehe, sei gar nicht entscheidend. Wichtig sei, eine Rechtsauffassung herzustellen.

Doch man werde sich auch die Rolle der Gutachter und der Auktionshäuser ansehen müssen, findet Link. "Je länger das Thema dauert, desto höher sind die Chancen, Transparenz in dieses Thema zu bringen."  © auto motor und sport

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