Der erste Elektro-Pick-up der Marke Ram verzögert sich weiter. Die Version mit über 800 Kilometern Reichweite soll von Konzernmutter Stellantis Medienberichten zufolge sogar komplett geopfert werden.

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Ram Trucks, die Nutzfahrzeugsparte von Dodge, hatte als letzter der drei großen US-Hersteller von Pick-ups ein künftiges Modell mit Elektroantrieb vorgestellt. Damit fährt Ram der Konkurrenz ein bisschen hinterher. Ford hat den F-150 als Lightning schon lange als Serienmodell im Programm. Chevrolet präsentierte den Elektro-Silverado bereits auf der letzten CES 2022 und begann 2024 mit den Auslieferungen. Sogar der Tesla Cybertruck ist inzwischen erhältlich.

Video: Im Video

Concept Car Ram 1500 Revolution BEV

Auf der Consumer Electronic Show (CES) in Las Vegas im Januar 2023 hatte Ram Trucks unter der Bezeichnung Ram 1500 Revolution BEV ein Concept Car vorgestellt (siehe Video oben) und damit einen angeblichen Ausblick auf den kommenden Elektro-Truck abgeliefert. Das Konzeptauto unterschied sich optisch stark vom Standard-Ram-Pick-up, kam allerdings nicht so extrem futuristisch daher wie etwa der Tesla Cybertruck. Am 12. Februar 2023 wurde die Serienversion vorgestellt, zumindest optisch und namentlich. Sie heißt Ram 1500 REV und ist im Vergleich zum ursprünglichen Konzept eher lahm, weil letztlich nur ein ganz normaler Ram 1500 mit anderen Lichtern.

Serien-Design

Zwar sind Konzeptautos generell gerne etwas überzeichnet, aber als Fingerzeig auf ein bald folgendes Serienmodell oft mit Details versehen, die auch später beim Endprodukt zu bestaunen sind. In diesem Fall ist das der Elektroantrieb, ansonsten nichts. Von den coolen Features des Concept Cars wie den gegenläufigen Türen, der verstellbaren Kabinenrückwand, dem Cockpit mit Riesen-Display und dem lässigen Glasdach ist beim Ram 1500 REV nichts zu entdecken. Wer angesichts der fetzigen Form des Konzeptautos mit langgestreckter Silhouette und hoher Gürtellinie auf ein frisches, eigenständiges Design hoffte, hat sich zu früh gefreut. Stark – zumindest für Pick-up-Verhältnisse – ist dagegen der Luftwiderstandsbeiwert von cW = 0,34.

Ram Trucks will "die besten elektrischen Pick-ups auf dem Markt anbieten", sagt Mike Koval Jr., CEO der Marke Ram. Mit dem dem Modelljahr 2025 angehörenden Serienmodell Ram 1500 REV will die Marke laut Koval "das Pick-up-Segment neu definieren". Der Elektro-Ram werde in mehreren Bereichen die Wettbewerber übertreffen: bei Reichweite, Anhängelast, Nutzlast und Ladezeit. Was die Lasten angeht, steht der Ram mit 1.225 (Zuladung) und 6.350 Kilogramm (für Anhänger) tatsächlich nicht schlecht da. Geländegängig ist er obendrein: Die Wattiefe beträgt bis zu 61 Zentimeter.

Leistungsdaten

Ram hatte den 1500er REV im April 2023 auf der New York International Auto Show dem breiten Publikum vorgestellt und bei dieser Gelegenheit auch dessen technische Daten veröffentlicht. Der in die größte Stellantis-Plattform "STLA Frame" integrierte zweimotorige Allrad-Antriebsstrang leistet 663 PS und liefert ein maximales Drehmoment von 841 Newtonmetern. Damit beschleunigt der Elektro-Pick-up bei Bedarf in 4,4 Sekunden von null auf 60 mph (96,6 km/h). Für eine bessere Energieeffizienz lässt sich die Vorderachse unter bestimmten Fahrbedingungen von der Antriebsarbeit abschneiden. Die Hinterachse verfügt über ein elektronisch sperrbares Differenzial, die Stärke der Rekuperation lässt sich an die eigenen Vorlieben anpassen.

Akkus, Reichweiten, Ladetempo

Apropos: Ram bietet den 1500 REV mit zwei Batterie-Optionen an. Bereits die kleinere verfügt über eine Kapazität von 168 Kilowattstunden (kWh), was eine Reichweite von 563 Kilometern ermöglichen soll. Sogar 805 Kilometer sollte der elektrische Pritschenwagen mit dem größeren Akku kommen. Kein Wunder: Für den Energiespeicher waren rekordverdächtige 229 kWh geplant. Damit hätte er die Konkurrenz teils um Längen übertroffen: Am nächsten kommt diesem Wert der GMC Hummer EV mit 212 kWh. Auch der Chevrolet Silverado EV, der Tesla Cybertruck (jeweils etwa 200 kWh; beim Tesla prognostiziert) und der Rivian R1T (180 kWh) sind nicht weit weg. Der Ford F-150 Lightning kommt in seiner Extended-Range-Version dagegen mit "nur" 131 kWh aus.

Darüber hinaus seien "künftige Hochleistungsanwendungen bereits konstruktiv berücksichtigt". Statt auf pure Höchstleistung schielt der Hersteller beim angekündigten Ram 1500 REV XR jedoch auf eine "seine Klasse erschütternde Reichweite".

Die Elektrokomponenten des Ram 1500 REV sind als 800-Volt-System ausgelegt, was ihn befähigt, mit maximal 350 kW nachzuladen. Damit sollen sich innerhalb von zehn Minuten bis zu 177 Reichweiten-Kilometer hinzugewinnen lassen. Er ist aber auch zu bidirektionalem Laden fähig, kann also ebenso Elektrizität an andere Fahrzeuge sowie an Häuser und ans Stromnetz abgeben. Zudem lässt er sich als Energiequelle für andere Geräte nutzen, etwa beim Handwerken oder auf dem Campingplatz. Der Ladeanschluss sitzt fahrerseitig im vorderen Kotflügel.

Fahrwerk und -assistenz

Die Hinterräder sind über eine Mehrlenker-Anbindung einzeln an der Achse aufgehängt. Die serienmäßige Luftfederung wirkt aber auf alle Räder und erlaubt die Wahl zwischen fünf Modi. Die Aluminiumfelgen messen serienmäßig 20 Zoll; gegen Aufpreis sind rundum 9 x 22 Zoll große und mit Ganzjahresreifen des Typs Pirelli Scorpion in der Dimension 275/50 R22 ummantelte Pendants erhältlich. Der Ram 1500 REV soll viele Fahrsituationen und Parkmanöver weitgehend selbstständig bewältigen können.

Interieur und Infotainment

Innen zeigt sich ein konventionelles Cockpit, das mit Ausnahme einiger Schalter große Ähnlichkeiten mit den aktuellen Ram-Pick-ups hat; es dürfte einer kommenden Modellpflege entsprechen. Ram Trucks verteilt hier drei Monitore: Ein 12,3-Zoll-Fahrer-Informations-Display sitzt hinter dem Lenkrad, ein serienmäßiger Zwölf- oder optionaler 14,5-Zoll-Hochkant-Touchscreen in der Mitte als Schnittstelle zum Uconnect-5-Infotainment-System und ein 10,25 Zoll großer Bildschirm auf der Beifahrerseite. Hinzu kommen ein Head-up-Display und ein digitaler Rückspiegel, während sich das Smartphone als Autoschlüssel nutzen lässt. Materialseitig will sich der Hersteller beim 1500 REV vor allem in den Regalen mit Carbon, Metall und Leder bedienen.

Der Ram 1500 REV verfügt über einen separaten "Frunk", einen 424 Liter großen Laderaum unter der vorderen Haube. Die Heckklappe der Ladefläche ist im Gegensatz zum Konzeptauto nicht vertikal geteilt. Eventuell kommt dieses Feature aber später als Aufpreisoption. Wie erwartet gestrichen wurden die Digitalkameras statt regulärer Rückspiegel; der Ram 1500 REV hat die in dieser Klasse üblichen Segelohren-Rückspiegel.

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Preise und Ausstattungen

Zwar nennt Ram noch keine Preise für den 1500 REV, doch es ist bereits klar, welche Ausstattungslinien angeboten werden. Die Varianten Tradesman, Big Horn/Lone Star, Laramie und Limited spiegeln jene der Verbrenner-Pick-ups der Marke. Ganz neu ist das mit allem Verfügbaren bestückte Top-Niveau Tungsten; der Begriff beschreibt im Englischen das chemische Element Wolfram oder bezeichnet in der Geologie Erzverbindungen. Wie die weiteren Ausstattungspakete genau geschürt sein werden, verrät Ram noch nicht.

Die ersten Auslieferungen des Ram 1500 REV waren eigentlich für Ende 2024 angepeilt, doch nach wie vor lässt sich der Elektro-Pick-up nicht konfigurieren. Wann genau der offizielle Verkaufsstart erfolgt, ist aktuell nicht bekannt. Nach der ersten Präsentation des neuen Elektro-Trucks Mitte Februar 2023 hatte der Hersteller bereits eine Reservierungsseite freigeschaltet. Dort konnte man für eine Gebühr von 100 US-Dollar einen Platz auf der Warteliste reservieren. Das haben offenbar sehr viele Interessenten getan, denn bereits fünf Tage später wurde diese Reservierungsmöglichkeit wieder geschlossen, weil die "maximale Mitgliederzahl erreicht" sei. Wie viele Vorbestellungen in dieser kurzen Zeit eingegangen waren, hatte Ram Trucks damals nicht mitgeteilt.

Version mit XL-Akku kommt vorerst nicht

Die Formulierungen in Bezug auf die Modellversion mit besonders dickem Akku stehen weiter oben im Text nicht umsonst im Konjunktiv. Wie US-Fachmedien berichten, hat Konzernmutter Stellantis die reichweitenstarke Variante inzwischen einkassiert. Dies habe der Hersteller seinen Zulieferern in einem Schreiben angekündigt. Konkrete Gründe nennt Ram in einer von der Website "Mopar-Insiders" veröffentlichten E-Mail nicht. Unklar ist auch, ob die Marke das Projekt nur pausiert oder ganz eingestampft hat. Allerdings ist bekannt, dass Stellantis nach dem Abgang des langjährigen Konzernchefs Carlos Tavares die Elektro-Aktivitäten – speziell in den USA – neu ordnet. Zudem scheint der Autobauer die enormen Batteriekosten speziell bei dieser Variante zu scheuen. Hinzu kommt, dass parallel die Ramcharger-Ableitung mit Verbrennungsmotor als Range-Extender aufgelegt wird. Hier fürchtet Ram wohl Kannibalisierungseffekte durch die beiden reichweitenstarken Elektro-Pick-ups.  © auto motor und sport

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