Tesla wollte mit einem Weiterverkaufs-Verbot verhindern, dass die ersten Cybertruck-Kunden hohe Gewinne aus schnellen Weiterverkäufen einfahren. Nach einer öffentlichen Debatte um dieses Verbot und die damit angedrohte Strafe in Höhe von 50.000 Dollar (45.666 Euro) haben die Tesla-Verantwortlichen die Klausel wieder aus den Verträgen gestrichen. Möglicherweise haben die Tesla-Juristen erkannt, dass so eine Klausel mit hoher Wahrscheinlichkeit unwirksam ist.

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Tesla hatte Cybertruck-Käufern zuvor eine neue Klausel in den Vertrag geschrieben, nach der sie den Elektro-Pick-up ein Jahr lang nach Kaufdatum nicht weiterverkaufen dürfen. Wer doch verkauft, dem drohten 50.000 Dollar Strafe. Wer unbedingt verkaufen muss, sollte seinen Cybertruck wieder an Tesla zurückverkaufen. Damit wollte der Elektroauto-Hersteller sogenannten Flippern das Handwerk legen. Flipper werden in den USA Personen genannt, die beispielsweise begehrte Autos sofort und oft mit einem satten Gewinn weiterverkaufen. GM hatte beispielsweise dieses Problem mit dem seinerzeit neuen GMC Hummer EV Pick-up und Chevrolet mit der damals neuen Mittelmotor-Corvette C8 Stingray. Da der Cybertruck zuerst nur in einer geringen Stückzahl vom Band läuft, besteht diese Gefahr auch bei ihm.

Echte Mittel gegen einen schnellen Fahrzeug-Weiterverkauf durch Privatpersonen gibt es in Deutschland kaum. Wer ein Auto gekauft und bezahlt hat, dem gehört es auch. Und in dem Moment, wo dem Käufer das Auto gehört, sind die Meinungen des Herstellers oder Verkäufers zu einem Weiterverkauf egal. Ein Weiterverkaufs-Verbot ist im Autohandel nichts Neues: Ferrari und Mercedes-Maybach hatten bereits solche Klauseln in ihren Verträgen.

Kauf und Rückkauf-Option

Bei den ab Werk schwer gepanzerten Limousinen von Mercedes steht eine Rückkauf-Option häufig im Vertrag. Mithilfe von Rückkauf-Optionen funktioniert übrigens auch das sogenannte Flaschenpfand: Der Käufer der Flasche kann diese an den Verkäufer zurückverkaufen – der Begriff "Pfand" ist hier im rechtlichen Sinne falsch. Kann, heißt: Er muss es nicht. Deshalb finden Interessenten ein breites Angebot an gepanzerten Fahrzeugen in Online-Automobilbörsen – die ursprünglichen Käufer müssen nicht an den Hersteller zurückverkaufen.

Auch andere mit Weiterverkaufs-Verboten belegte Fahrzeuge landen zuverlässig und regelmäßig in Online-Börsen. Nach deutscher Rechtsprechung ist dies unproblematisch. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte im September 2008 entschieden, dass beispielsweise private Käufer von Konzertkarten diese mit hohem Gewinn weiterverkaufen dürfen – trotz im Kaufvertrag vermerkten Verbots und angedrohter Strafzahlungen (Aktenzeichen: 1 ZR 74/06).

Das Zivilrecht in den USA ist etwas anders gestaltet als in Deutschland. Das Abstraktionsprinzip, nachdem bei einem Kaufvertrag das Verpflichtungsgeschäft und das Verfügungsgeschäft unabhängig voneinander wirksam sein können, gilt dort nicht. In den USA wird der Käufer grundsätzlich mit Abschluss des Kaufvertrags Eigentümer. Allerdings dürfte die Rechtslage nach dem vollständig abgewickelten Kauf ähnlich sein wie bei uns – schließlich gehören Kauf und Weiterverkauf zu den Grundpfeilern eines kapitalistischen Wirtschaftssystems.

Bekannter Fall aus den USA

Bei einem auf spezielle Wünsche stark individualisiertem Auto könnte die Rechtslage in den USA allerdings anders sein. 2017 verklagte Ford den US-Profi-Wrestler John Cena wegen des zu schnellen Weiterverkaufs eines maßgefertigten Ford GT. Cena hatte die 24-monatige Weiterverkaufssperre missachtet und den Sportwagen mit hohem Gewinn weiterverkauft. Im Rahmen eines Vergleichs zahlte der Wrestler an Ford eine unbekannte Summe, die der Autohersteller dann für einen guten Zweck spendete.

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Die Tesla-Verantwortlichen haben anscheinend erkannt, dass ein Weiterverkaufs-Verbot mit Strafandrohung rechtlich problematisch ist – erst verschwand die Strafzahlung aus der Klausel, inzwischen ist die komplette Klausel weg. Allerdings hat Tesla natürlich die Möglichkeit, die umstrittene Verbotsklausel jederzeit wieder einzuführen.  © auto motor und sport

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