Stuttgart (dpa) - Weniger Autos, zumindest aber weniger Verbrenner auf den Straßen - Deutschlands Städte sind sich einig, dass dies die einfachste Lösung zur Verbesserung der Luft wäre.
Fahrverbote für des Deutschen liebstes Kind scheuen sie allerdings. Durchfahrtsverbote, Tempolimit, mehr Öffis, mehr E-Mobilität, mehr Carsharing, mehr Radwege. Sowas kündigen fast alle betroffenen Städte an.
Hamburg oder Köln etwa setzen auf emissionsfreie Busse, München sieht sich als Stadt mit dem größten kommunalen Förderprogramm für E-Mobilität, Stuttgart steckt Millionen in eine neue Bus-Express-Linie. Daneben gibt es aber auch etlich Ideen, wie man entstandene Schadstoffe wieder aus der Luft holen kann. Etliche stammen von schwäbischen Tüftlern.
NASSSTAUBSAUGER: Um Deutschlands schmutzigste Straßenkreuzung, das innenstadtnahe Neckartor in Stuttgart, kurvt seit geraumer Zeit eine spezielle Kehrmaschine. Im Kampf gegen gesundheitsschädlichen Feinstaub werden mit ihr Gehwege und Fahrspuren gespült und abgesaugt. Ein erster Test hatte ergeben, dass diese Art der Straßenreinigung positive Effekte auf die Feinstaubbelastung haben kann, hieß es bei der Stadt. Grobstaub wird weggeschafft, bevor er klein gemahlen als Feinstaub durch die Luft wirbelt. Im Sommer soll feststehen, was das Ganze wirklich bringt.
KLEBER: Eine Lösung aus Calcium- und Magnesiumacetat (CMA) ging 2010 als Feinstaubkleber in die Stuttgarter Geschichte ein. Eine Weile lang war man sich sicher, dass diese Lösung, die eigentlich als Taumittel eingesetzt wird, auch in der Lage ist, die feinsten Partikelchen zu binden und zu Boden zu bringen. "Das hat nichts gebracht", sagte der ehemalige Stadtklimatologe Ulrich Reuter heute. Man habe diese Idee nicht weiter verfolgt.
MOOS: Versuche mit großen moosbewachsenen Ständern, so genannten City-Trees, etwa gibt es in etlichen deutschen Städten. In Stuttgart wird die Filterwirkung der feingliedrigen Landpflanze wissenschaftlich untersucht. Ergebnisse wurden für das Frühjahr versprochen. Moose sollen in der Lage sein Teile des Feinstaubs festzuhalten, andere sogar in Pflanzenmasse umzuwandeln. An einer vielbefahrenen vierspurigen Straße unweit des Neckartors steht eine 300 Quadratmeter mit Moosen aus Freiburg behangene Metallwand. Fast 560 000 Euro lassen sich Stadt und Land die Erforschung kosten. Einmal musste ein Drittel des Mooses bereits ausgetauscht werden, weil es abgestorben war. Ende April wird es abgehängt. Dann sollen auch Ergebnisse vorliegen. Der Test sei "ergebnisoffen" geführt worden, hieß es.
FEINSTAUBFRESSER: Jede Menge schwäbische Tüftelei steckt auch im "Feinstaubfresser", der seit einiger Zeit durch Stuttgart kurvt. Ein Filterspezialist aus dem nahen Ludwigsburg hat seine Ideen gegen die Kleinstpartikel auf die Straße gebracht. Auf dem Dach sitzt ein dicker Feinstaubfilter, auch die Luft im Innenraum wird besonders gefiltert. Zum Einsatz kommt auch ein Bremsstaubfilter zum Einsatz. Feinstaub stammt zu einem großem Teil nicht aus dem Auspuff, sondern auch von Bremsen- oder Reifenabrieb.
FILTERASPHALT: Auch Steinplatten sollen in der Lage sein, die Luft zu reinigen. Auf dem Kronprinzplatz nahe der Einkaufsmeile Königstraße wurden beschichtete Platten verlegt, die angeblich Stickoxide binden, wie die Stadt mitteilte. Die Platten halten die Luftschadstoffe so lange fest, bis der nächste Regen sie in die Kanalisation schwemmt. Wissenschaftlich geklärt sei die Wirkungsweise von Titanoxid. Ob das aber vor Ort funktioniert, steht in den Sternen. Bottrop zumindest ist nach einem Modellversuch überzeugt, dass es geht. Beschichtete Platten sind laut Stadt Stuttgart acht Euro teurer als normale Platten. Auch Fassadenfarben sollen gesundheitsschädliche Stickoxide durch Sonneneinstrahlung in unschädliche Nitrate verwandeln können.
FEINSTAUBALARM: Auch eine Erfindung aus Stuttgart. Als einzige Stadt in Deutschland weist die Schwabenmetropole die Bevölkerung auf allen Kanälen auf drohende Überschreitungen von Luftschadstoffen hin. Auch in dieser Woche sind die Autofahrer zum freiwilligen Umstieg auf Busse und Bahnen aufgerufen. Und Komfortkamine, die allein der Gemütlichkeit dienen, müssen aus bleiben. Die Wirkung für die Schadstoffreduzierung ist umstritten, das Bewusstsein schärft es aber vielleicht. Die Stadt meint zumindest, langsam besser zu werden. © dpa
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