Der designierte Verkehrsminister Andreas Scheuer erbt von seinem Vorgänger ein kontroverses Projekt: die Pkw-Maut. Der Widerstand der EU-Kommission hatte lange die Einführung verhindert. Wegen anhaltender Unklarheiten bei Themen wie Datenschutz und Finanzierung wird das Vorhaben offenbar weiterhin verschoben.
Im Wahlkampf 2013 war die Pkw-Maut das große Thema von Horst Seehofer (CSU), und in der Regierung sollte Parteifreund und Verkehrsminister Alexander Dobrindt das Vorhaben zügig umsetzen.
Doch Widerstand der EU-Kommission und zuletzt eine Klage Österreichs verzögerten es. Formal wurde die Maut zwar zum 1. Januar 2016 eingeführt, doch eingezogen wird sie immer noch nicht. Daran ändert sich laut einem Bericht der Zeitung "Handelsblatt" auch so bald nichts.
Zwei Betreiber für Maut erforderlich
Das Konzept für die Maut sieht vor, dass alle Autofahrer bei Benutzung der Autobahn eine Mautplakette erwerben müssen, wobei inländischen Fahrern die Kosten zumindest teilweise über die Kfz-Steuer erstattet werden.
Zum Unterhalt des Systems sind zwei Betreiber erforderlich: einer für die Erhebung der Maut und ein weiterer für die Kontrolle. Eigentlich sollten die Bewerber bis zum 19. März 2018 ihre Angebote abgeben und bis Mai (Kontrolle) beziehungsweise Juni (Erhebung) die Vergabe der Aufträge erfolgen. Derzeit gibt es aber offenbar noch keine endgültigen Fassungen der Verträge.
Dem Vernehmen nach sind weitere Verhandlungen notwendig, um Details der Verträge zu klären. Zudem wird schon jetzt mit Klagen gegen das Mautverfahren gerechnet, sodass mit einer Einführung frühestens 2020 zu rechnen ist.
Was wird aus den Bildern der Fahrer?
Im Rahmen der Verhandlungen haben sich verschiedene Probleme offenbart, die bisher noch nicht gelöst wurden. So soll etwa die Kontrolle der Vignetten mithilfe einer Bilderkennung erfolgen.
Die Kameras erfassen zwangsläufig auch die Fahrer. Dadurch fallen personenbezogene Daten an, die für das Verfahren nicht erforderlich sind. Bisher ist noch unklar, wie die Mautkontrolleure mit diesen Aufnahmen verfahren sollen - und ob die zuständige Datenschutzbeauftragte des Bundes, Andrea Voßhoff, dem überhaupt zustimmt.
Zahlterminals brauchen tägliche Wartung
Problematisch sind zudem die geplanten Zahlstellen an den Grenzen. Dort sollen die Autofahrer ihre Vignetten an automatischen Terminals kaufen, und zwar auch in ihrer Landeswährung. Dadurch müssen die Betreiber die Geräte täglich leeren und mit Wechselgeld bestücken.
Das vielleicht größte Problem ist die Frage der Finanzierung. Der Bund will die Betreiber bezahlen - mit einem Anteil der Mauteinnahmen. Es kann aber wohl niemand voraussagen, wie viele Autos zukünftig über mautpflichtige deutsche Autobahnen fahren werden.
Die Bundesregierung will daher das Risiko von Mindereinnahmen an die Betreiber weiterreichen. Die aber sträuben sich. Wegen solcher offenen Fragen ist mit schneller Einführung der Pkw-Maut nicht zu rechnen. Dabei soll schon die Vorbereitung den Bund bis jetzt über 23 Millionen Euro gekostet haben. © 1&1 Mail & Media/ContentFleet
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