Aggressionen im Straßenverkehr sind keine Seltenheit und besonders bei schlechten Witterungsbedingungen oder stockendem Verkehr steigt das Stressniveau vieler Verkehrsteilnehmer.

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"Das Wutbarometer steigt bei sinkenden Temperaturen und schlechten Wetter- und Straßenverhältnissen noch weiter an", erklärt Rechtsanwalt Arndt Kempgens gegenüber www.auto-motor-und-sport.de. Wer seinen Ärger unkontrolliert äußert, kann schnell rechtliche Konsequenzen riskieren. Beleidigungen im Straßenverkehr werden nach § 185 StGB als Straftat geahndet und können hohe Geldstrafen oder sogar Fahrverbote nach sich ziehen. Dennoch gibt es Möglichkeiten, den eigenen Frust auf sichere Weise abzubauen.

Die Experten-Tipps bei Beleidigung im Straßenverkehr:

  1. In eine andere Richtung schimpfen: Die adressierte Person nicht direkt anschauen oder ansprechen. "Wenn der Adressat unklar ist, wird auch der Tatnachweis einer Beleidigung gemäß § 185 StGB schwer", erklärt Kempgens. Wer seinen Ärger zwar verbal äußert, aber ohne erkennbaren Adressaten, entzieht sich einer strafrechtlichen Verfolgbarkeit.
  2. Kreativität nutzen: Statt klassischer Beleidigungen lassen sich kreative, absurde oder humorvolle Begriffe nutzen, die keine eindeutige Abwertung enthalten. Beispielsweise: "Sie Grünkernfrikadelle!". Zudem sollte man in der höflichen Sie-Form bleiben, um eine Beleidigung rechtlich abzuschwächen. Kempgens rät: "Eigene – als negativ empfundene – individuelle Schimpfwörter ohne objektive Beleidigungstendenz nutzen, nicht 'duzen'."
  3. Wechselseitige Beleidigungen beachten: Laut § 199 StGB können gegenseitige Beleidigungen straffrei sein, wenn sie unmittelbar aufeinander folgen. "Wechselseitige Beleidigungen, also die sofortige Erwiderung auf der Stelle, kann straffrei sein", betont Kempgens. Dennoch ist Vorsicht geboten, da es auf die genaue Situation ankommt.
  4. Gesten mit Bedacht einsetzen: Manche Gesten, wie das Zeigen des Mittelfingers, gelten als eindeutige Beleidigungen. Sicherer ist eine allgemeinere Geste, die nicht so leicht als Herabwürdigung interpretiert werden kann. "Bei Handzeichen nie einzelne Finger zeigen, besser die ganze Hand!", rät Kempgens.
  5. Autofenster geschlossen halten: Eine Beleidigung ist in der Regel nur dann strafbar, wenn sie von der betroffenen Person eindeutig wahrgenommen wird. "Wenn die/der Kontrahent*in Beleidigungen deutlich hört, drohen Ermittlungsverfahren wegen Beleidigung gemäß § 185 StGB und Geldstrafen von rund einem Monatsnettogehalt", warnt der Verkehrsrechtsexperte. Daher ist es ratsam, das Autofenster geschlossen zu halten, um Missverständnisse zu vermeiden.
  6. Im Fahrzeug bleiben: Das Verlassen des Fahrzeugs erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Eskalation erheblich. In extremen Fällen kann es zur Annahme einer Nötigung oder gar eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr führen. "So gut wie immer eskaliert die Situation, wenn einer der Beteiligten aussteigt", warnt der Anwalt eindringlich. In schwerwiegenden Fällen kann dies sogar zur Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß § 69 StGB führen.

Mögliche rechtliche Konsequenzen

Wer sich im Straßenverkehr zu einer eindeutigen Beleidigung hinreißen lässt, muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Neben Geldstrafen von bis zu drei Nettomonatsgehältern sind auch Fahrverbote möglich. In besonders schweren Fällen droht der Entzug der Fahrerlaubnis mit einer Sperrfrist von bis zu einem Jahr. Zudem können Verfahren wegen Nötigung oder eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr eingeleitet werden.

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Ein besonders drastisches Beispiel für eine Beleidigung im Straßenverkehr ist das Zeigen des Mittelfingers. Gerichte haben bereits Strafen in Höhe von mehreren tausend Euro verhängt. Eine vorschnelle Geste kann also erhebliche finanzielle Konsequenzen haben. Aber auch kleinere Gesten können eine Strafe nach sich ziehen, die Zunge heraus zu strecken kostet 150 Euro, einen Polizisten zu duzen kann 600 Euro kosten. Den Mittelfinger zu zeigen und gleichzeitig noch den anderen nötigen, kosten 1.000 Euro und ein Fahrverbot. Da es keinen Strafenkatalog im klassischen Sinne gibt, sind diese Angaben auf Urteilen abgeleitet. Übrigens, ohne Strafe gingen aus: "Sie können mich mal", "Das ist doch Korinthenkackerei" und "Parkschwein".  © auto motor und sport

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