Die von der Bundesnetzagentur vorgelegten Vergaberegeln zur Versteigerung der 5G-Lizenzen sind vom Beirat der Behörde in unveränderter Form beschlossen worden. Die Regeln waren im Vorfeld teils heftig kritisiert worden – aus Politik und Wirtschaft. Die Politik warnt vor einem Mobilfunk-"Flickenteppich" in Deutschland, die Wirtschaft fürchtet um ihre Zukunftsfähigkeit.

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Der Beirat der Bundesnetzagentur hat die umstrittenen Vergaberegeln zur Versteigerung der 5G-Lizenzen beschlossen. Damit ist der Weg für ein Bieterverfahren Anfang 2019 frei. Der Beirat der Behörde votierte am Montag in Berlin für die 5G-Vergaberegeln (PDF) der Bonner Netzagentur, es gab 23 Ja- und 7 Nein-Stimmen.

Die Bedingungen, unter welchen die Frequenzen für den neuen, ultraschnellen Mobilfunkstandard versteigert werden sollen, waren im Vorfeld teils heftig aus Politik und Wirtschaft kritisiert worden.

Keine Pflicht zu "National Roaming"

Vor allem um die Regelung des sogenannten "National Roaming" wurde heftig gestritten. Dabei müssten die bisherigen Netzbetreiber gegen eine Miete Wettbewerber ohne eigene Infrastruktur auf ihre Antennen lassen, bis diese ein eigenes Netz aufgebaut hätten. "National Roaming" wäre damit eine zentrale Voraussetzung dafür, dass der Markt offen ist für neue Wettbewerber.

Verbraucherschützer hätten einen vierten großen Anbieter - neben Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica/O2 - auf dem deutschen Mobilfunkmarkt begrüßt. Doch die nun beschlossenen Regeln schreiben das "National Roaming" nicht verpflichtend vor.

Der Beschluss der Bundesnetzagentur sieht allerdings ein "Verhandlungsgebot" vor - die Netzbetreiber werden verpflichtet, über eine technische und vertragliche Kooperation mit ihren Wettbewerbern zu verhandeln. Tun sie es nicht oder nicht ausreichend, könnte die Bundesnetzagentur als Schiedsrichter eingreifen und Zwangs- und Bußgelder verhängen.

Der Beirat forderte die Bundesnetzagentur zudem dazu auf, "ihre Möglichkeiten auszuschöpfen, die Marktteilnehmer zu maximaler Kooperation zu bewegen, damit allen Endkunden möglichst durchgängige Netze zugänglich sind".

Wie diese Verhandlungen dann allerdings genau ablaufen sollen, ist offen. Ein klares Regelwerk, das Chancengleichheit für Wettbewerber garantiert, oder eine Richtlinie, wann die Bundesnetzagentur in welcher Form aktiv wird, gibt es bislang nicht.

Es droht ein Mobilfunk-"Flickenteppich"

Bereits im Vorfeld der Festlegung der Vergaberichtlinien zeigten sich führende Politiker der Unions- und der SPD-Fraktion im Bundestag alarmiert: Die Regeln der Bundesnetzagentur führten zu einem Mobilfunk-"Flickenteppich" - und nicht zu flächendeckender Versorgung. Laut Teilen der Union drohe eine "schwerwiegende Benachteiligung des ländlichen Raums".

Konkret verlangen die Vergaberegeln nämlich nicht, dass jeder Netzbetreiber sämtliche Anforderungen erfüllen und selbst in jedem Gebiet ein eigenes Netz aufbauen muss. Es reiche auch aus, wenn bestimmte Gebiete bereits von einem anderen Anbieter versorgt würden.

In einem Schreiben, das dem Magazin "Spiegel" vorliegt, befürchten die sechs unterzeichnenden Abgeordneten, darunter die Unions-Fraktionsvizes Ulrich Lange und Nadine Schön, sowie Sören Bartol und Matthias Miersch für die SPD, dass Mobilfunkkunden – die in der Regel nur einen Vertrag mit einem Anbieter haben – aufgrund des aus ihrer Sicht bislang nicht durchsetzbaren Roamings weiter mit Funklöchern zu kämpfen hätten.

Deswegen forderten die Unterzeichner eine neue gesetzliche Vorschrift: Wo keine freiwilligen Kooperationen zwischen den Mobilfunkanbietern zu erwarten seien, müsse die Bundesnetzagentur die Möglichkeit haben, "verpflichtend ein lokales Roaming anzuordnen".

Wirtschaft fürchtet um Zukunftsfähigkeit

Auch die Wirtschaft ist ob der nun beschlossenen Vergaberichtlinien besorgt, denn vor allem in der deutschen Industrie erhofft man sich durch eine flächendeckende Verfügbarkeit von schnellem, mobilem Internet einen Quantensprung in der Digitalisierung. Die Technologie wird zum Beispiel für das autonome Fahren und andere Zukunftstechnologien dringend benötigt.

Vor allem der Mittelstand fürchtet um seine Zukunftsfähigkeit, denn ohne flächendeckende 5G-Versorgung bestünde die Gefahr, wirtschaftlich abgehängt zu werden. So würden neue, auf 5G basierende digitale Geschäftsmodelle ohne eine flächendeckende Abdeckung im ländlichen Raum schlichtweg nicht entstehen. Ein zweitklassiges Netz oder gar weiterhin Funklöcher hätten dramatische Folgen für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft. (mgb/dpa)

Verwendete Quellen:

  • Deutsche Presse Agentur
  • Pressemitteilung der Bundesnetzagentur
  • Spiegel Online: GroKo-Fraktionschefs warnen vor Funklöchern
Transparenzhinweis: WEB.DE und GMX sind Teil der United Internet AG, die sich möglicherweise an der Auktion zur Vergabe der Frequenzen für den neuen Mobilfunkstandard 5G beteiligen wird.
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