New York (dpa) - Apple hat im vergangenen Weihnachtsgeschäft mehr verdient als die Google-Mutter Alphabet im gesamten Jahr.
Auch die Geldreserven sind bei Apple mit 216 Milliarden Dollar fast drei Mal so hoch wie bei dem Internet-Konzern. Doch an der Börse sieht das Bild ganz anders aus: Die Aktie von Apple ist auf Dauer-Talfahrt - und Alphabet ist nach einem Kurssprung nun die teuerste börsennotierte Firma der Welt. Die Börsianer sind fasziniert von den Zukunftsprojekten wie selbstfahrende Autos und denkende Maschinen.
Alphabet agiert seit Sommer als Dachgesellschaft über dem Geschäft der Internet-Firma Google. Nun legte die Gesellschaft erstmals offen, wie viel sie diese Visionen kosten. 2015 fuhren die "anderen Wetten" einen operativen Verlust von knapp 3,6 Milliarden Dollar ein - nach rund 1,9 Milliarden im Jahr zuvor.
Das ist zwar eine Menge Geld, und unklar bleibt auch, welches Projekt wie viel verschlingt: Es hieß nur, dass das Verlegen von Glasfaser-Leitungen das teuerste Unterfangen sei.
Dass Alphabet einige Milliarden Dollar für große Wetten auf die Zukunft ausgibt, kommt jedoch an der Börse gut an. Der Internet-Riese kann sich das locker leisten - solange das Geschäft mit Online-Werbung in seiner Suchmaschine genug Geld dafür liefert.
Alphabet verdiente im vergangenen Jahr insgesamt knapp 16 Milliarden Dollar bei Umsätzen von 75 Milliarden Dollar. Die Sparten neben Google - also auch bereits erhältliche Produkte wie die vernetzten Thermostate und Rauchmelder von Nest - trugen dazu gerade einmal 448 Millionen Dollar Umsatz bei. Apple machte in den vergangenen zwölf Monaten 53,8 Milliarden Dollar Gewinn bei Umsätzen von 235 Milliarden Dollar. Allein im Weihnachtsquartal blieben 18,4 Milliarden Dollar in den Kassen hängen.
Doch den Börsianern geht es weniger um die aktuellen Zahlen, sondern um die Aussichten für künftiges Wachstum. Apple enttäuschte die Investoren im vergangenen Quartal mit nur minimalen Zuwächsen. Zugleich sehen sie den steten Fluss der Milliarden für Alphabets Zukunftswetten weiterhin gesichert: Google zeigt in seinem Kerngeschäft keine Schwächen. Und zuletzt zog auch das Geschäft in zwei Bereichen an, die Analysten Sorgen bereiteten: Werbung bei Suche auf Smartphones und der Videoplattform YouTube. Bei Google landeten im vergangenen Jahr gut ein Drittel aller Werbeeinnahmen, die auf Mobilgeräten weltweit erzielt wurden.
Zugleich sehen die Investoren auch Risiken: "Alphabet steht in nahezu jedem Aspekt des Geschäfts erheblicher Konkurrenz gegenüber", schrieb die Citibank nach Analyse der Quartalszahlen. Und die Werbeeinnahmen, die nach wie vor das Rückgrat des Geschäfts ausmachten, hätten sich in der Vergangenheit schon verwundbar für Konjunkturprobleme gezeigt.
Immerhin hat Alphabet in China nichts zu verlieren. Während Google schon vor Jahren aus der Volksrepublik gedrängt wurde, macht Apple inzwischen knapp ein Viertel seines Umsatzes im Reich der Mitte. Die Abhängigkeit vom Boom im Reich der Mitte treibt so manchem Apple-Investor die Schweißperlen auf die Stirn, obwohl das China-Geschäft des iPhone-Konzerns bislang nicht wackelt.
Im Fall von Apple ist es aber ohnehin nicht ungewöhnlich, dass Börsianer zwischen Euphorie und Untergangsstimmung schwanken. Schon das Jahr 2013 verbrachte die Aktie im Kurskeller, weil die Anleger an der Zukunft des iPhone-Geschäfts zweifelten. Die erstmals größeren Modelle des iPhone 6 im Herbst lösten dann wieder ein Kursfeuerwerk aus.
Zur Verunsicherung der Apple-Investoren trägt auch die notorische Geheimniskrämerei des iPhone-Konzerns bei. Was will Apple-Chef Tim Cook eigentlich mit dem gigantischen Vermögen anfangen, dass sich im Ausland angesammelt hat? In welchem Maßstab wird Apple tatsächlich ins Auto-Geschäft einsteigen? Ist die neue Apple Watch nun ein riesiger Flopp, weil bestimmte überzogene Erwartungen nicht aus dem Stand erfüllt wurden? Oder handelt es sich um einen enormen Erfolg, weil es Apple innerhalb von wenigen Monaten gelungen ist, mehr als drei Viertel des noch jungen Smartwatch-Marktes zu erobern? Die Antworten auf diese Frage will Apple-Chef Tim Cook nicht mit der Öffentlichkeit teilen.
"Cook ist ein hervorragender Geschäftsmann, aber kein guter Geschichtenerzähler", sagte Scott Galloway, Professor für Marketing und Marken-Strategie an der NYU Stern School of Business, auf dem Digital-Kongress DLD 2016 in München, als bereits abzusehen war, dass Alphabet seinen Konkurrenten an der Börse überholen wird. "Die Botschaft, dass Google die Informationen auf dem ganzen Planeten organisieren wird, ist eine unwiderstehliche Story." Apple habe dagegen keine einfach zu verstehende Vision. "Facebook kann mit dem Smartphone Fire scheitern, Google mit der Datenbrille Glass." Trotz dieser Rückschläge würden diese Firmen an der Börse nicht abgestraft. Apple bezahle dagegen eine Steuer für eine fehlende Vision, die zumindest nach außen hin nicht sichtbar sei. © dpa
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