Google Street View hat nach mehr als zehn Jahren neues Bildmaterial hochgeladen. Damit ist Deutschland erstmals fast flächendeckend erfasst. Spielen Datenschutzbedenken nun keine Rolle mehr? Und was hat eigentlich Apple mit der Aktualisierung zu tun?

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Lange war Deutschland ein buchstäblich weißer Fleck auf der Karte von Google Street View. In nahezu allen europäischen Ländern konnte man Städte und Landschaften virtuell erkunden. Nicht jedoch in Deutschland. Lediglich ausgewählte Großstädte waren erfasst. Neben Berlin, Hamburg oder Köln zählten dazu auch Bochum, Mannheim oder Wuppertal.

Doch dies hat sich geändert. Fast unbemerkt von der Öffentlichkeit schickte Google 2022 seine Kamera-Autos wieder los. Seit Sommer 2023 ist das Material online. Es ist die erste Aktualisierung seit dreizehn Jahren.

Doch war da nicht was? Als Google das damals neue Feature 2010 ausrollte, waren die Bedenken groß. Viele Bürger wollten ihre Häuser nicht online sehen. Deshalb stoppte Google schließlich seine Aktivitäten.

Google Street View – darum bleibt die Debatte über Datenschutz aus

"Eine erneute gesellschaftliche Debatte über die Zulässigkeit des Dienstes ist in 2023, als Google den Dienst erneuert und auf ganz Deutschland ausgeweitet hat, nicht aufgeflammt." So ein Statement des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) gegenüber unserer Redaktion. Die Hamburger Datenschutzbehörde war bereits 2010 für die Verhandlungen mit Google zuständig.

Dass das Thema Datenschutz nicht mehr ganz so im Fokus stehe, hänge vermutlich damit zusammen, dass viele den Nutzen derartiger Dienste sehen, so der HmbBfDI. "Neben dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung besteht gleichzeitig ein hohes öffentliches Interesse am Zugang zu geografischen Informationen, die in grafischen Darstellungen bei der Orientierung in der räumlichen Umwelt helfen können."

Google selbst verweist lediglich auf verschiedene Unternehmenswebsites. Laut einer repräsentativen Umfrage unter 1.500 teilnehmenden Deutschen, bewerteten 91 Prozent der Befragten, die Street View kennen, den Dienst als (sehr) positiv.

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Haben viele Bürger die Aktualisierung bei Street View einfach verpasst?

Natürlich kann weiterhin jeder sein Recht aktiv wahrnehmen und bestimmten Abbildungen widersprechen. Die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gibt vor, Gesichter und Kfz-Kennzeichen vor der Veröffentlichung zu verpixeln. Häuserfronten von Privathäusern sind auf den Widerspruch der betroffenen Person hin unkenntlich zu machen.

Und tatsächlich hätten viele auf diese Möglichkeit zurückgegriffen, wie der HmbBfDI bestätigt. "Sehr viel mehr als in jedem anderen europäischen Land", so die Auskunft der Behörde.

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Doch könnte es nicht sein, dass das Thema trotzdem an vielen schlicht vorbeigegangen ist? Ganz einfach, weil es 2023 nicht so präsent in den Medien war wie noch 2010? Der These widersprechen die Hamburger Datenschützer: "Google ist im März 2023 an den HmbBfDI herangetreten und hat seine Pläne erläutert, den Dienst Street View vollständig zu aktualisieren und zu erweitern", heißt es unter anderem.

Google machte bereits 2022 Aufnahmen für Street View

Tatsächlich fanden viele der Kamerafahrten jedoch bereits 2022 statt. Laut Google waren die Bilder nur für interne Verwendung gedacht. Daher hatte der HmbBfDI Google aufgefordert, die Öffentlichkeit über die geänderte Verwendungsabsicht zu informieren. "Der HmbBfDI hat die Zweckänderung am Maßstab der DSGVO geprüft und für zulässig erachtet", so die Behörde.

Dass es nun zu einem umfassenden Update bei Street View kommt, hat auch mit einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu tun. 2019 regelte dieser, dass Häuserfotos kein Persönlichkeitsrecht verletzen.

Welche Rolle spielt die Konkurrenz beim Street-View-Update?

Und auch die Konkurrenz könnte eine Rolle spielen. Denn Google Street View ist beileibe nicht der einzige Kartendienst, der Aufnahmen aus der Straßenperspektive anbietet. So machte etwas das schwedische Start-up Mapillary mit ähnlichen Funktionen auf sich aufmerksam. So sehr, dass sich die Facebook-Mutter Meta die App einverleibte. Mit dem Apple-Dienst "Look Around" ist ein weiterer potenziell großer Player aufs Parkett getreten. Seit Juli 2022 ist dort fast ganz Deutschland zu sehen.

Kommt daher die plötzliche Eile bei der Aktualisierung? Google will sich dazu nicht äußern. "Aber das Unternehmen hat sicher beobachtet", so der HmbBfDI, "dass Apple Look Around relativ problemlos gelauncht wurde."

Verwendete Quellen

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