Angelina Jolie hat sich zwei Jahre nach der Entfernung beider Brüste jetzt auch die Eierstöcke entfernen lassen. Ihr Arzt hatte sie auf erhöhte Entzündungswerte hingewiesen, die ein Zeichen für ein frühes Krebsstadium sein könnten. Das sagt Krebs-Expertin Susanne Weg-Remers vom Deutschen Krebsforschungszentrum zu der neuerlichen Operation.

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Mit einem Bluttest wurde bei Angelina Jolie eine Mutation des BRCA1-Gens festgestellt. "Das bedeutete für mich ein 87-prozentiges Risiko für Brustkrebs und ein 50-prozentiges Risiko für Eierstock-Krebs", schreibt die Schauspielerin, die ihren Eingriff mit einem Gastbeitrag in der "New York Times" öffentlich machte. Sie habe ihre Mutter, ihre Großmutter und ihre Tante durch Krebs verloren. Also entschloss sie sich per Operation, die Eierstöcke entfernen zu lassen.

War es wirklich notwendig, dass sich Angelina Jolie die Eierstöcke hat entfernen lassen?

Susanne Weg-Remers: Angelina Jolie hat ein erhöhtes Risiko an Eierstock-Krebs zu erkranken, weil sie Trägerin einer Mutation im BRCA1-Gen ist. Für betroffene Frauen empfehlen Ärzte die vorsorgliche Entfernung der Eierstöcke ab dem 40. Lebensjahr oder fünf Jahre vor dem Erkrankungszeitpunkt der jüngsten betroffenen Familienangehörigen.

Was hat es mit der "jüngsten Betroffenen" auf sich?

Wenn etwa eine Nichte oder Schwester mit 30 Jahren an Eierstock-Krebs erkrankt und danach bei einer Verwandten der Test für die Mutation positiv ausfällt, also die Betroffene Trägerin der Mutation ist, so würden Ärzte ihr möglicherweise empfehlen, schon ab dem Alter von 25 Jahren über eine Entfernung der Eierstöcke nachzudenken. Das ist eine sehr persönliche und auch schwierige Entscheidung.

Bei Angelina Jolie waren kürzlich die Entzündungswerte im Blut deutlich erhöht. Ist das ein Hinweis, um die Operation vorzuziehen?

Das sehen wir kritisch. Entzündungswerte im Blut sind sehr unzuverlässig. Es gibt Studien zu spezifischeren Untersuchungen, etwa Tumormarkern wie CA 125, aber auch Ultraschall-Untersuchungen. Demnach existieren keine zuverlässigen Tests, um Eierstockkrebs frühzeitig zu erkennen.

Angelina Jolie hat sich die Brüste und die Eierstöcke entfernen lassen. Existiert zwischen diesen Krebsarten eine direkte Verbindung?

Ja.

Gibt es auch einen Zusammenhang zu Gebärmutterkrebs?

Bei BRCA-Mutationen sind vor allem Brust- und Eierstock-Krebs sehr viel häufiger als bei nicht betroffenen Frauen. Zwischen Gebärmutterkrebs und BRCA-Defekten gibt es keinen so eindeutigen Zusammenhang.

Ist dieser Gentest etwas ganz Spezielles?

Ja, er wird auch nur nach einer Beratung an einer der 15 deutschen Zentren für Brust- und Eierstock-Krebs durchgeführt. Wenn die Mutation nachgewiesen wird und die betroffene Frau Töchter hat, dann besteht bei ihnen ein 50-prozentiges Risiko. In den Zentren werden die Frauen darüber aufgeklärt, dass der Test auch Auswirkung auf Verwandte ersten Grades (Schwestern, Kinder) haben kann. Darüber müssen die behandelnden Ärzte gut aufklären.

In den USA soll der Gentest 3.000 US-Dollar kosten, den offenbar Patientinnen häufig selbst bezahlen müssen. Zahlen in Deutschland die Krankenkassen den Test?

Der Test wird in der Regel bei genau definierter familiärer Risikokonstellation von den Krankenkassen gezahlt. Weil wir aber rund 300 Krankenkassen haben, empfiehlt es sich, im Einzelfall wegen der Kosten nachzufragen.

Zur Orientierung und für weitergehende Informationen können Frauen, die befürchten, ein familiär erhöhtes Risiko zu haben, sich auch an den Telefondienst wenden (Telefon: 0800 420 30 40, kostenfrei, täglich von 8.00 bis 20.00) oder sich unter http://www.krebsinformationsdienst.de informieren.

Dr. med. Susanne Weg-Remers ist Leiterin des Informationsdienstes des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg.
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