"Braco kommt nach Deutschland". Vom Werbeplakat an der U-Bahnhaltestelle lächelt mich ein blonder Mann mit langen Haaren und braunen Rehaugen zaghaft an. Ich habe schon von Braco gehört. Oft wird er als Wunderheiler bezeichnet, weil er seelische und körperliche Leiden lindern könne – allein durch seinen Blick. Selbst mag er sich zwar nicht Heiler nennen, ist aber von seiner unsichtbaren Kraft überzeugt, die er auf andere Menschen übertragen kann. Jetzt kommt er nach München und mir ist sofort klar: DAS probiere ich aus.

Autorenporträt Silke Stadler
In ihrer Kolumne "Ausprobiert" testet unsere Gesundheitsredakteurin Silke Stadler am eigenen Leib, worüber sie schreibt. © 1&1 Mail & Media GmbH
Silke Stadler, Redakteurin für Gesundheit
Eine Kolumne
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Um mir eine Zweitmeinung zu sichern und eventuell aufkommende Langeweile zu bekämpfen, schleppe ich meine Mutter mit. Sie leidet seit Jahren an Migräne, nichts konnte ihr bisher helfen. Ob der Besuch bei Braco etwas bewirkt? Wir sind gespannt.

Ich habe keine körperlichen Leiden und würde mich schon damit zufrieden geben, die "Liebe und Wärme" zu spüren, die der 43-jährige Braco in seinen Betrachtern auslösen soll. Auf seiner Internetseite heißt es, dass der Kroate seinen "gebenden Blick" im Alter von 26 Jahren entdeckte. Seither hat er offenbar Hunderttausende von sich überzeugt, die ihn in seinem Zentrum in Zagreb sogar kostenlos aufsuchen können. Die Tourneetickets schlagen mit fünf Euro auch kein Loch in den Geldbeutel, was mein Vorurteil schwächt, dass es sich bei Braco um einen geldhungrigen Betrüger handeln müsse.

Als wir am Veranstaltungsort ankommen, treffen wir auf eine riesige Menschentraube, die sich vor dem Eingang drängt. Gut, dass ich meine Tickets schon im Internet gekauft habe, so ersparen wir uns das Anstehen.

Braco ist einen Tag lang in München. Pro Stunde hält er eine "Begegnung", so wird das Treffen mit ihm bezeichnet, ab. Um 13 Uhr sind wir dran. Meine Mutter und ich werden mit etwa 300 weiteren Besuchern in einen großen Saal geschleust. Auf der Bühne prankt ein mit weißen Tüchern umhülltes Podest, auf dem Braco gleich stehen wird. Mir bleibt Zeit, das Publikum unter die Lupe zu nehmen. Ich hätte erwartet, dass es fast nur aus "Esoterik-Spinnern" und Alt-Hippies besteht. Doch da liege ich falsch: Männer wie Frauen, viele Ältere und ein paar Jugendliche, schicke Mittdreißigerinnen und sandalentragende Öko-Fans lockt Braco gleichermaßen an.

Bevor wir Braco zu Gesicht bekommen, betritt Professor Alex Schneider die Bühne. Ich bin gespannt: Kommt jetzt etwa eine wissenschaftliche Erklärung für Bracos Wirkung? Leider nein. Braco sei fähig, seine Harmonie auf die Menschen zu übertragen, die ihm begegnen, so der Professor. Dieses Phänomen sei jedoch nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden messbar. Dennoch behaupteten viele seiner Besucher, dass sie sich nach der Begegnung mit Braco besser fühlten und sogar von Krankheiten genesen seien.

Eine Garantie dafür gibt Braco aber nicht. Laut seinem Pressesprecher Jürgen Block möchte er lediglich die positiven Gefühle, die er in sich trägt, mit anderen Menschen teilen: "Braco gibt ein Geschenk. Man muss es nur annehmen", so Block.

Die heutigen Besucher sind offenbar ganz wild darauf, dieses Geschenk anzunehmen: Der Saal ist proppenvoll. Mich erstaunt, dass trotz der esoterischen Grundstimmung ganz unharmonisch gedrängelt und geschubst wird - jeder will möglichst nah an die Bühne heran. Langsam kehrt Ruhe im Saal ein, eine andachtsvolle und meditative Stimmung macht sich breit. Manche halten Heilsteine, andere Fotos von ihren Freunden oder Verwandten in den Händen. Meine Mutter und ich warten neugierig.

Dann ist es soweit: Sanfte Musik setzt ein, Braco schreitet würdevoll auf die Bühne. Langsam lässt er seinen Blick durch den Raum schweifen. Dabei wirkt er sehr mitfühlend und friedlich. In seinen Augen schimmert es ein wenig, fast so, als ob wir ihn zu Tränen rühren würden. Manche der Anwesenden fangen selbst an zu weinen.

Nach sieben Minuten verklingt die Musik, Braco verneigt sich leicht und verlässt dann die Bühne. Während die Menschenmasse nach draußen strömt, komme ich mit Sybille W. aus Dresden ins Gespräch. Sie ist nicht das erste Mal bei Braco. Von seiner Wirkung ist sie überzeugt: Sie habe es am eigenen Leib erlebt, sei von einer Krankheit genesen.

Sascha B. aus Heiligenstedten ist ebenfalls nicht zum ersten Mal hier. Bei ihm hätten die Begegnungen vor allem einen seelischen Effekt gehabt: Nach dem ersten Treffen habe er viel weinen müssen, mittlerweile spüre er vor allem Liebe und Freude in sich.

Während wir uns von den überwiegend strahlenden und wenigen weinenden Personen entfernen, flüstere ich meiner Mutter zu: "Sag mal, fühlst du dich jetzt anders?". Ihre Antwort ist nüchtern: "Nein." Auch ich habe während und nach der Begegnung keine Veränderung gespürt. Und zugegebenermaßen sind wir skeptisch, dass sich die Migräneattacken meiner Mutter künftig bessern werden. Ich vermute, in ein paar Wochen wissen wir mehr.

Mein Fazit: Mich hat Braco nicht erreicht. Aber ich finde es faszinierend, dass er an diesem Tag offenbar viele andere Menschen berührt hat. Und wie heißt es doch so schön: Der Glaube versetzt Berge. Wenn die Besucher also an die Heilung durch Braco glauben, funktioniert es vielleicht tatsächlich.

Lesen Sie auch den vorangegangenen Beitrag der "Ausprobiert"-Kolumne: Schluss mit der "Droge" Kaffee?

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