- Die langen Lockdowns haben für außerordentlichen Stress gesorgt – Erholung war monatelang beschränkt.
- Verreisen, selbstbestimmte Freizeit und Menschen treffen hilft dabei, sich zu erholen.
- Ein Experte rät: Mindestens eine Woche Urlaub ist ratsam. Und Strandurlaub ist erholsamer als Städte- oder Abenteuertrip.
"Ich kann nicht mehr! Ich muss mal raus, ich brauche Urlaub von Corona!" Fast jeder von uns kennt das – dieses andauernde Gefühl der Erschöpfung in der Pandemie. Vieles ist komplizierter geworden, ständig ändert sich, was zuvor noch galt. Der lange Lockdown hat allen von uns viel Kraft abverlangt.
Die Folge: Wir sind erschöpft, denn an Erholung war kaum zu denken. Und niemand weiß, worauf wir uns im Herbst einstellen müssen. Wie können wir jetzt für maximale Erholung sorgen und Kraft für den kommenden Corona-Herbst tanken? Wir stellen ein paar hilfreiche Tipps vor.
Selten war unser Bedürfnis nach Entspannung ausgeprägter als jetzt: Die Pandemie ist purer Stress und außerordentlich belastend. Monatelang war unsere Erholung beschränkt. Wir konnten nicht genießen, keine Freizeitaktivitäten unternehmen und unsere freie Zeit nicht selbstbestimmt gestalten. Kultur, Reisen, Ausflüge – alles Fehlanzeige. Auch geistig zur Ruhe zu kommen, war nicht möglich. Geschlafen haben wir vor lauter Sorgen auch schlechter.
Hinzu kam die Doppelbelastung für Familien. Viele Eltern arbeiteten von zu Hause, Kinderbetreuung gab es nicht und Schule fand ebenfalls in den eigenen vier Wänden statt. Eine klare Trennung von Arbeit und Freizeit war praktisch nicht möglich. Die Folgen: Laut einer Studie aus dem Frühjahr dieses Jahres fühlen sich 44 Prozent der Angestellten durch die Arbeit im andauernden Homeoffice ausgebrannt oder zeigen Anzeichen davon.
Einfach mal raus: Verreisen für die Regeneration
Wie sich diese Überlastungen in Zeiten der Pandemie auf Körper und Geist auswirken, untersucht der Erholungsforscher und Buchautor Gerhard Blasche. Sein Tipp: Wer sich maximal erholen will, sollte - wenn möglich - in irgendeiner Form verreisen.
"Schaffen Sie am besten eine räumliche Trennung vom stressigen Alltag durch Urlaub. Das Abschalten fällt so leichter. Wenn man verreist, erlebt man schon nach kurzer Zeit einen Erholungseffekt, weil neue, andere Reize auf einen einwirken und man so vom Alltag abschalten kann", erklärt der Psychologe, der an der Medizinischen Universität Wien lehrt.
Wer das Gefühl habe, eingesperrt zu sein und etwas Neues sehen möchte, solle diesem Bedürfnis nach Abwechslung nachgeben, um sich zu erholen, so der Forscher. Dabei müsse es sich allerdings nicht zwangsläufig um einen richtigen Urlaub hunderte Kilometer entfernt handeln. Abwechslung könnten auch schon längere Ausflüge in die nähere Umgebung bringen – auf den Ortwechsel käme es am Ende an.
Erst im April veröffentlichte die Universität Wien eine Studie zu Auswirkungen der Corona-Zeit auf die Erholung. Sie wies nach, dass Personen, die den Lockdown als einschränkend erlebten, sich schlechter erholen konnten und deshalb häufiger erschöpft und gestresst waren. Coronabedingte Einschränkungen unserer Freizeit schaffen demnach Stress. Ebenso das Gefühl, anderen geliebten Menschen nicht nahe sein zu dürfen.
Wer also diesen Sommer darauf achtet, seine Freizeit selbstbestimmt zu gestalten – sprich seinen Wünschen und Bedürfnissen nachgeht – und wieder mehr nahestehende Personen zu treffen, der kann seinen Erholungslevel kurzfristig deutlich anheben.
Für Erholung mindestens eine Woche einplanen
Wer vorhat, mehrere Tage zu verreisen, sollte auf die optimale Länge des Urlaubs achten. Um sich maximal zu erholen, empfiehlt es sich, für die Reise mindestens sieben Tage einzuplanen. So lange braucht unser Körper nämlich, um sich vom Alltagsstress zu erholen. Drei Wochen am Stück müssen es dafür aber nicht sein. Studien zeigen, dass eine Urlaubsdauer von mehr als zehn Tagen keinen wesentlichen Einfluss auf den Erholungseffekt hat.
Achten Sie in dieser Zeit unbedingt darauf, dass Sie das tun, was Ihnen Freude macht und sorgen Sie für viele schöne, entspannende Erlebnisse. Denn in der Ruhe liegt die Kraft: Je weniger Verpflichtungen und Zeitdruck, desto entspannter werden Sie am Ende sein.
Noch ein Tipp: Für den Fall, dass Sie nach der Rückkehr noch Urlaub zu Hause verbringen wollen, rät Gerhard Blasche, die freie Zeit "nicht an der Waschmaschine oder am Computer zu verbringen, sondern sich etwas vorzunehmen und kleine Aktivitäten zu planen". Wichtig sei, die größere Reise auf jeden Fall an den Anfang des Urlaubs zu stellen, die Urlaubstage zu Hause ans Ende. Diese Kombination sorge, so der Forscher, für noch mehr Entspannung.
Also Laptop zu und ab ins Auto, in die Bahn oder den Flieger? Damit wir möglichst entspannt in den Urlaub starten, empfiehlt Blasche auch, nicht direkt vom Büro in den Urlaub zu starten. "Starten Sie nie direkt am Ende der Arbeitswoche in den Urlaub. Gehen Sie alles sachte an: Nehmen Sie sich Zeit, noch zu packen und Dinge zu regeln. Besser für die Abreise geeignet sind Samstag oder Sonntag."
Urlaub in der Natur erholsamer als Abenteuer- und Städtetrips
Sie planen zum Erholen einen Städtetrip? Bedenken Sie, dass Urlaube in der Natur zu den erholsamsten überhaupt zählen. Der Grund liegt auf der Hand: Die Natur entspricht der natürlichen Umgebung des Menschen, sie ist unser Ursprung. Die von ihr ausgehenden Reize, seien es die Wellen des Meeres, beeindruckende Berge oder blühende Wiesen, drängen sich uns nicht auf und lenken uns erholsam ab – ganz anders als die Stadt. So kann unser Kopf am leichtesten und schnellsten abschalten.
Laut einer Studie von Randstad beschäftigen sich 33 Prozent der Urlauber in ihrer Auszeit freiwillig mit Inhalten ihrer Arbeit - aus Angst, Wichtiges zu verpassen. Wer sich maximal erholen will, dem rät Gerhard Blasche im Urlaub von einem solchen Verhalten ab. "Erholung ist wichtig, um die Leistungsfähigkeit nach einer anstrengenden Phase wieder herzustellen. Dafür muss man die Arbeit körperlich und mental beenden. Die Erholung kommt dann von ganz allein, wir müssen sie nur ermöglichen."
Kleine Urlaubsrituale in den Alltag einbauen
Speichern lässt sich die Erholung leider nicht. Der Urlaubseffekt hält laut Untersuchungen maximal drei Wochen an. Um möglichst lange davon zu zehren, empfiehlt es sich, den Alltag nach der Rückkehr behutsam anzugehen. Wichtig ist, sich in den ersten Arbeitstagen nach der Rückkehr weniger Aufgaben und Termine als sonst vorzunehmen und sich langsam wieder zu steigern. So ist der Kontrast zwischen Urlaubsfeeling und Wiedereinstieg nicht so stark.
Im Gegensatz zum Erholungseffekt lässt sich das Urlaubsfeeling allerdings auch noch Monate danach erhalten. "Schöne Dinge, an die man gerne zurückdenkt, bleiben uns länger in Erinnerung. Versuchen Sie deshalb im Urlaub möglichst viele positive Erlebnisse zu sammeln", rät Gerhard Blasche. Er empfiehlt auch, kleine Rituale des Urlaubs im Alltag beizubehalten, etwa bewusst einen Cappuccino zu trinken oder in Ruhe Zeitung zu lesen.
Außerdem sollte man nach der Rückkehr darauf achten, dass sich Belastung und Erholung die Waage halten und sich täglich mindestens drei Stunden Zeit nimmt, um selbstbestimmte, echte Freizeit zu erleben.
Verwendete Quellen:
- Capterra.com: Work-Life-Blending: Wie die Grenzen zwischen Arbeitsplatz und Privatleben verschwimmen
- Uni Wien: Zwischenauswertung Lockdownstudie April 2021
- Springer.com: Vacation (after-) effects on employee health and well-being, and the role of vacation activities, experiences and sleep
- Randstad.de: Viele Arbeitnehmer finden im Urlaub keine Erholung
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