Frühstück gilt als die wichtigste Mahlzeit des Tages. Ein britischer Biochemiker behauptet jetzt allerdings das Gegenteil. Er sagt, dass es dem Körper schade und empfiehlt deshalb, morgens zu fasten. Von uns befragte Ernährungsexperten sehen diesen Ratschlag allerdings kritisch.

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Der Biochemiker Terence Kealey leidet seit Jahren an Diabetes. Seinen Körper beobachtet der 64 Jahre alte Wissenschaftler daher ganz genau und ist dabei für sich zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: Frühstücken sei ungesund und schade dem Körper.

Biochemiker behauptet: "Frühstück ist gefährlich"

Seine Beobachtungen hat er nun in seinem Buch "Breakfast is a dangerous meal" (auf Deutsch: "Frühstück ist eine gefährliche Mahlzeit") veröffentlicht. Kealey widerspricht damit der gängigen Ansicht, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages ist und man daher ruhig reichhaltig frühstücken sollte.

Er berichtet, dass sich sein Frühstück ungünstig auf seine Krankheit ausgewirkt habe: Danach sei sein Blutzuckerspiegel stark angestiegen. Nach dem Mittagessen habe er einen solchen Effekt aber nicht beobachten können. Um seine Erkenntnisse zu unterstreichen, lehnt er sich mit folgenden Worten sehr weit aus dem Fenster: "In zehn Jahren wird, dank meines Buches, Frühstücken sozial genauso geächtet sein wie rauchen – und jeder wird wissen, dass es genauso gefährlich ist."

Wackeln damit bisherige Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft? Silke Restemeyer tut sich schwer mit solchen pauschalen Aussagen. Sie ist Ernährungswissenschaftlerin und Pressereferentin bei der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aus Bonn.

Es sei zumindest schwierig, aus den Beobachtungen einer Einzelperson generelle Aussagen und Empfehlungen abzuleiten. Es könne sich durchaus positiv auf den Stoffwechsel auswirken, mehrere Stunden lang nichts zu essen. Dafür müsse man aber nicht unbedingt das Frühstück streichen.

"Niemand soll sich zu einem Frühstück zwingen, wenn er morgens keinen Appetit hat", sagt Restemeyer. "Grundsätzlich empfehlen wir aber eine Mahlzeit am Vormittag."

Kealey schreibt, dass er sich morgens vor allem von Toast, Muffins und gezuckertem Müsli ernährt habe. "Das treibt natürlich den Blutzucker in die Höhe", sagt Restemeyer. Sie rät zu einem ausgewogenen Frühstück – das möglichst zuckerfrei sein soll.

Kassen übernehmen oft Kosten für Beratung

Die Energiespeicher des Körpers seien am Morgen leer. "Jeder muss selbst probieren, was ihm morgens guttut", sagt sie. "Ungezuckertes Müsli, etwas Joghurt und Obst sind zum Beispiel eine gute Alternative zu fertig gemischten und gezuckerten Produkten." Wer sich unsicher sei, könne auch eine Ernährungsberatung in Anspruch nehmen.

Dieser Rat gelte ganz besonders bei einer Vorerkrankung wie zum Beispiel Diabetes oder Übergewicht: "Dann übernehmen meistens sogar die Krankenkassen die Kosten." Die DGE führt auf ihrer Internetseite zertifizierte Ernährungsberater auf.

Eine von ihnen ist Jola Jaromin-Bowe von Food Coaching aus Dortmund. Auch sie sieht die Studie von Kealey kritisch. "Jeder Mensch ist anders", sagt sie. "Beim Frühstück reagiert jeder Körper individuell." Die Studie des britischen Forschers wirke nicht repräsentativ. Auch sie sagt: "Man kann kaum von einem einzelnen Körper auf Millionen andere Körper schließen."

Sie versucht in ihrer Ernährungsberatung, sich an den jeweiligen Lebensrhythmus anzupassen. "Wenn jemand sagt, dass er nie frühstückt und gut damit zurechtkommt, sehe ich keinen Anlass, das zu ändern. Das gleiche gilt aber auch umgekehrt."

Jeder Körper reagiert anders

Wenn jemand aber gerne frühstücke, gehe es darum, die Zusammensetzung zu optimieren. "Wir unterscheiden beim menschlichen Biorhythmus zwischen Lerchen und Eulen. Lerchen sind Frühaufsteher und die meisten von ihnen wollen direkt nach dem Aufstehen etwas essen."

In diesem Fall verlange der Körper oft nach Kohlenhydraten, die man beispielsweise über zwei Scheiben Vollkornbrot mit Käse und etwas Obst zuführen könne.

Die Eulen, die am liebsten lange wach bleiben und spät aufstehen, funktionierten dagegen anders. Manchmal möchten sie morgens gar nichts essen. "Eulen und Lerchen unterscheiden sich hormonell", sagt die Ernährungsberaterin. Deshalb seien auch die Bedürfnisse andere.

"Eulen empfehle ich eher ein Frühstück, bei dem sie Eiweiße und Fette aufnehmen, zum Beispiel durch Quark, Joghurt, Ei und Kokosöl." Aber auch dabei gebe es Ausnahmen: "Manche Lerchen brauchen Eiweiße, manche Eulen kommen mit Kohlenhydraten gut zurecht."

Experten raten zu Verzicht auf Zucker

Grundsätzlich rät auch Jola Jaromin-Bowe dazu, auf Zucker zu verzichten: "Wir brauchen keine Lebensmittel, denen Zucker zugesetzt ist." Deshalb ist sie auch dagegen, Kindern morgens Kakao zum Frühstück zu geben. "Das ist nichts anderes als eine Süßigkeit."

Auch Kinder solle man im Übrigen nicht zu einem Frühstück zwingen. "Besser ist es, einige gesunde Dinge in eine Dose zu packen und die mit zur Schule oder in den Kindergarten zu geben. Der Hunger kommt von selbst."

Wenn man morgens allerdings gar nichts zu sich nehmen möchte, solle man dennoch etwas trinken, sagt die Ernährungsberaterin. "Das bringt den Stoffwechsel in Gang." Der Körper dürfe ruhig einmal Hunger empfinden. "Auf Durst zu warten, ist dagegen gar nicht gut – in dem Moment fehlt dem Körper bereits Wasser und die Leistung lässt nach."

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