Wer im Krankenhaus liegt, der möchte vor allem schnell wieder gesund werden. Manchmal passiert aber das Gegenteil: Patienten fangen sich zusätzlich zu ihren Beschwerden noch eine Infektion ein. Immer wieder kommt es dabei auch zu Todesfällen. Wie häufig geschieht das in Deutschland? Und welche Rolle spielt die Hygiene in Krankenhäusern dabei? Die wichtigsten Fakten.
Was ist überhaupt eine Krankenhausinfektion?
Entwickelt ein Patient, der seit mindestens zwei Tagen im Krankenhaus liegt, eine Infektion, dann spricht man von einer Krankenhausinfektion.
"Wir gehen davon aus, dass rund fünf Prozent der stationären Patienten in Deutschland eine solche Infektion bekommen", sagt Dr. Peter Walger, Sprecher des Vorstands der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH). "Das sind bei rund 20 Millionen Patienten pro Jahr etwa eine Million Infektionen."
Wie viele Menschen sterben jährlich an einer solchen Infektion?
Die DGKH rechnet mit 15.000 bis 30.000 Todesfällen im Jahr. Exakte Zahlen gibt es nicht. "Das liegt daran, dass es bei einem Todesfall oft schwierig zu entscheiden ist, ob ein Patient an seiner Grunderkrankung oder an einer Infektion gestorben ist", sagt Dr. Walger.
Um welche Arten von Infektionen handelt es sich?
Zu den häufigsten Infektionen im Krankenhaus gehören Lungenentzündungen, Wundinfektionen nach Operationen, Blasenentzündungen und Magen-Darm-Infekte. Ein Teil dieser Infektionen verläuft schwer. Dann spricht man von einer Blutvergiftung.
Was hat es mit multiresistenten Erregern auf sich?
Gegen viele Erreger wirken herkömmliche Antibiotika gut. Allerdings gibt es immer wieder Fälle, bei denen Keime resistent geworden sind: Sie haben Mechanismen entwickelt, die sie vor Antibiotika schützen. Infektionen lassen sich dann nur schwer behandeln.
Sind Keime gegen mehrere Gruppen von Antibiotika unempfindlich, spricht man von multiresistenten Erregern.
"Wir gehen davon aus, dass maximal zehn Prozent der Infektionen in Krankenhäusern auf multiresistente Erreger zurückgehen", ergänzt Walger.
Welche multiresistenten Erreger spielen dabei eine Rolle?
Bis vor einigen Jahren war vor allem ein Erreger namens MRSA für einen Großteil der Infektionen verantwortlich. Er ist inzwischen deutlich rückläufig. "Dafür spielen aber Darmkeime eine immer größere Rolle", sagt Walger.
Besonders zu nennen sind dabei Bakterien vom Stamm Escherichia coli, die Resistenzen gegen Antibiotika entwickeln. Sie können zum Beispiel Harnblasenentzündungen, Lungenentzündungen oder auch eine Blutvergiftung verursachen.
Wie gelangen die Keime überhaupt ins Krankenhaus?
Die meisten Erreger – egal, ob nun multiresistent oder nicht – sind nicht spezifisch an die Krankenhausumgebung angepasst. Aber dort finden sie oft gute Bedingungen vor, um sich zu vermehren.
Sie gelangen zunächst einmal von außen in die Kliniken. Viele Patienten und auch Besucher tragen solche Keime auf der Haut oder im Darm, ohne an ihnen zu erkranken.
Gefährlich wird es aber, wenn solche Keime in offene Wunden, in die Lunge, die Harnblase oder direkt in die Blutbahn gelangen. Betroffen sind dann vor allem Patienten mit einem schwachen Immunsystem, also Frühchen, sehr alte Menschen oder Menschen mit schweren Krankheiten.
"Rund ein Viertel der Infektionen tritt nach Operationen auf", sagt Walger. Auch Katheter, Ernährungssonden oder Schläuche bei einer künstlichen Beatmung öffnen Wege, auf denen solche Keime in den Körper gelangen können.
Welche Rolle spielt die Hygiene bei der Verbreitung?
Viele Infektionen lassen sich durch eine bessere Hygiene in den Krankenhäusern verhindern. "Wir gehen davon aus, dass man mehr als 50 Prozent der Erkrankungen durch eine bessere Hygiene und weitere Maßnahmen vermeiden könnte", sagt Walger. "Infektionen durch Katheter lassen sich sogar fast vollständig verhindern."
Was könnte man optimieren?
Verbesserungsbedarf sieht Walger vor allem bei der Desinfektion der Hände. Medizinisches Personal sollte sich vor und nach jedem Kontakt mit Patienten gründlich die Hände desinfizieren. In den eng getakteten Arbeitsabläufen in vielen Kliniken kommt das aber manchmal zu kurz. "Insgesamt ist in vielen Krankenhäusern noch Luft nach oben", sagt Walger. "Das betrifft allerdings nicht nur die Hygiene der Hände."
Die DGKH fordert beispielsweise seit Jahren, mehr Pflegepersonal einzustellen. Dies gilt speziell in besonders sensiblen Bereichen wie auf Intensiv- oder Frühchen-Stationen, aber grundsätzlich für alle Abteilungen im Krankenhaus.
"In vielen Kliniken gibt es darüber hinaus bauliche Defizite", sagt Walger. Oft teilen sich mehrere Patienten eine Toilette oder eine Dusche. "Dort können sich Keime verbreiten."
Außerdem können sich Keime durch menschliche Fehler verteilen: "Eine Desinfektion der Hände reicht nicht immer aus", sagt Walger: "Wenn jemand seine Uhr nicht ablegt, einen Ring trägt, künstliche Nägel hat oder ein Piercing hat, dann können sich auch darüber Keime verbreiten."
Was können Patienten tun?
"Wenn jemandem auffällt, dass ein Arzt oder Pfleger seine Hände nicht desinfiziert, dann ist es gut, wenn er das offen anspricht", sagt Walger. Nicht jeder traut sich das aber. Vor allem ältere Menschen scheuen häufig davor zurück, Ärzte zu kritisieren.
"Es gibt in vielen Krankenhäusern auch Patientenfürsprecher, an die man sich in einem solchen Fall wenden kann", rät Walger. Möglich ist auch, seine Beobachtungen auf einem Zettel notieren zu und ihn in einen der Beschwerde- oder Kummerkästen zu werfen, die die meisten Krankenhäuser eingerichtet haben.
Wie sollten Besucher sich verhalten?
Besucher sollten darauf achten, eigene Keime nicht im Krankenhaus zu verbreiten. "Wer Durchfall und Fieber hat, sollte auf einen Besuch im Krankenhaus verzichten", sagt Walger. Nach einem Gang zur Toilette sollten Besucher ihre Hände nicht nur waschen, sondern auch desinfizieren.
Aber auch die normalen Keime auf der Haut können zum Problem werden. Besucher sollten keine sensiblen Stellen anfassen, also zum Beispiel Schläuche, Verbände oder Katheder nicht berühren. "Letztlich kann jeder etwas zur Hygiene im Krankenhaus beitragen", sagt Walger. "Die Hauptverantwortung liegt aber nicht bei den Besuchern, sondern bei den Kliniken."
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.