Kopfschmerzen sind eine Volkskrankheit. Alleine in Deutschland sind 70 Prozent der Bevölkerung betroffen, ein Drittel sogar mehrfach im Monat. 200 verschiedene Kopfschmerzarten lassen sich unterscheiden. doch zwei Formen äußern sich besonders hartnäckig: Neun von zehn Patienten leiden an Migräne oder an Spannungskopfschmerzen. Anlässlich des Deutschen Kopfschmerztages am 5. September nehmen wir die beiden Übeltäter unter die Lupe.
Migräne
Pulsierende Schmerzen in der Kopfregion, begleitet von Licht- und Lärmempfindlichkeit, nicht selten auch von Übelkeit und Erbrechen. Da überrascht es nicht, dass die Weltgesundheitsorganisation die Migräne zu jenen Erkrankungen zählt, die den Menschen in seinem Alltag am meisten behindern. Eine Migräne-Attacke gleicht einem Knock-out. Und doch kämpfen viele Betroffene gegen Vorurteile, denn noch immer wird Migräne häufig nicht als Erkrankung ernst genommen. Zu Unrecht: Die chronische Form der Migräne ist in Deutschland sogar als Schwerbehinderung anerkannt.
Schuld an den quälenden Schmerzen sind unkontrolliert freigesetzte Botenstoffe, die zu einer Funktionsstörung der Nervenzellen und einer Entzündung in den Gefäßwänden führen können. Bei einer akuten Migräne-Attacke ist deshalb schnelles und effektives Handeln gefragt. Viele Betroffene schwören dann auf Schmerzmittel wie Aspirin oder Ibuprofen. Auch spezielle Migränearzneien, sogenannte Triptane, versprechen Linderung. Sie sind allerdings nicht rezeptfrei in der Apotheke erhältlich, sondern müssen vom Arzt verschrieben werden.
Gefahr der Medikamentensucht
Auch wenn in der Apotheke durchaus probate Mittel gegen den Schmerz rezeptfrei erhältlich sind, ist Vorsicht geboten. Schmerzmittel sind keine Dauerlösung und führen im schlimmsten Fall zur Medikamentensucht. Wer meint, "viel hilft viel", der irrt langfristig immer. Auf Dauer entsteht so nicht die gewünschte Ruhe im Kopf, sondern der Druck und das Pochen können sich sogar verschlimmern.
Wer bei Migräne spezielle Schmerzmittel wie Triptane an mehr als zehn Tagen pro Monat einnimmt, dem droht - unabhängig von den Attacken - ein dauerhafter Grundkopfschmerz. Auslöser dieser chronischen Schmerzen ist dann, so paradox es klingen mag, die übermäßige Einnahme des Schmerzmittels selbst.
Vorbeugen ist besser
Langfristig sollte die Kopfschmerztherapie auf Vorbeugung ausgerichtet sein, die oft jenseits der klassischen Medizin stattfindet. Gerade Unregelmäßigkeiten und Stress fördern das "Gewitter im Kopf", schon ein möglichst strukturierter Tagesablauf kann daher helfen. Wichtig sind insbesondere ausreichend Schlaf und eine gesunde Ernährung. Auch eine stimmige Balance zwischen Arbeitsalltag und Freizeit wirkt sich positiv aus. Es muss nicht immer der mehrwöchige Strandurlaub sein, regelmäßige Pausen im Alltag bewirken schon kleine Wunder.
Yoga gegen Spannungskopfschmerz
Auch mit dem Spannungskopfschmerz muss man sich nicht abfinden. Zwar ist dessen Ursache bis heute nicht abschließend geklärt, doch ist eine gute Behandlung trotzdem möglich. Die International Headache Society, eine Organisation zur Erforschung von Kopfschmerzen mit Sitz in Großbritannien, geht davon aus, dass die Schmerzen in 90 Prozent der Fälle keine organische Ursache haben. Sie sehen die Auslöser eher in anderen Bereichen, zum Beispiel der falschen Stellung beim Liegen oder einer muskulären Überbelastung durch zu viel Training. Daneben kann das Problem auch psychisch bedingt sein, etwa wenn der Proband zu hohem negativem Stress ausgesetzt ist.
Als probates Mittel gegen den Spannungskopfschmerz hat sich insbesondere Yoga etabliert. Psychologen sprechen in diesem Zusammenhang von einer psychosomatischen Funktionsaktualisierung: Die beim Yoga erreichte Konzentration auf das Hier und Jetzt, sowie das bewusste Erleben sonst automatisierter Prozesse wie der Atmung, führen zu einer verminderten Anfälligkeit für Kopfschmerzen.
Meditation gegen den Stress
Die Antistresswirkung von Meditation ist heute kaum noch umstritten. Wer jedoch glaubt, beim Meditieren nur in Ruhe zu dösen, irrt: EEG-Studien belegen, dass das Gehirn bei tiefer Meditation einen so hohen Grad an Wachheit und Aufmerksamkeit aufzeigt wie bei keiner anderen Aktivität. Ursache ist der Botenstoff Dopamin, den das Gehirn bei regelmäßiger Meditation gehäuft produziert. Die Stressresistenz nimmt dadurch zu. Meist reicht es, sich 15 Minuten täglich aufrecht hinzusetzen und die Konzentration auf die Atmung zu lenken. Störende Gedanken, die zu psychosomatisch bedingten Kopfschmerzen führen können, werden so mit einer gewissen Distanz betrachtet. Der "schlechte" Gedanke wird von der eigenen Person entkoppelt. Die Gefahr, in eine negative "Gedankenmühle" zu geraten, sinkt.
Verspannungen lösen
Gegen Verspannung im Nackenbereich helfen herkömmliche Schmerzmittel, insbesondere sogenannte Muskelrelaxanzien, oder Wärmepflaster. Auch Sport, Massagen und die Akupunktur sind zu empfehlen. Bei länger anhaltenden Verspannungen wird allerdings dringend geraten, mit ärztlicher Hilfe nach den tieferen Ursachen zu suchen. Diese reichen von der ungeeigneten Matratze bis hin zu Tumoren.
Behandlung
In spezialisierten Instituten wie dem Oberbayerischen Kopfschmerzzentrum in München besteht das Team nicht nur aus Ärzten, sondern auch aus Psychologen und Physiotherapeuten. Im Vordergrund steht hier zunächst die umfassende Analyse des Ist-Zustands, um so eine Basis für die individuelle Behandlung zu schaffen. Die Patienten müssen unter anderem über Art und Ausmaß ihrer Schmerzen Auskunft geben: Wann und in welcher Situation pocht der Kopf? Entstehen die Attacken beispielsweise während Stresssituationen, nach dem Genuss bestimmter Lebensmittel, unter besonderen Klimaeinflüssen oder während der Menstruation? Das Führen eines Kopfschmerztagebuchs kann verborgene Muster aufdecken und die Behandlung folglich erheblich effektiver machen. Ein erstes Ergebnis kann sein: Der Patient wird nicht mehr willkürlich von den Schmerzen überrascht und stellt sich bis zu einem gewissen Grad darauf ein. Denn allein das Wissen, was den Schmerz auslöst, kann das Leid dauerhaft lindern.
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